Mit der Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen wurde eine Vielzahl von Firmen aufgefordert, die Steuer-IDs einiger ihrer ­Mitarbeiter dem Hauptzollamt (HZA) bekanntzugeben. Ist dies datenschutzrechtlich gerechtfertigt? Und was sind die Alternativen zur Steuer-ID? In Art. 39 lit. a UZK und Art. 24 Abs.1 IA kann durchaus eine Ermächtigungsvorlage für die Übermittlung von Steuer-IDs gefunden werden, wenn hierbei die Vorgaben der Verhältnismäßigkeit beachtet werden.

PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte

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Ausgangsfall

D in Deutschland wird im Rahmen der Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen (u.a. zugelassener Ausführer) vom HZA aufgefordert, auch die Steuer-IDs von folgenden 20 Mitarbeitern dem HZA mitzuteilen, um nicht den Verlust der zollrechtlichen Bewilligungen zu riskieren: Geschäftsführer, Leiter operatives Geschäft, Leiter Entwicklung, Leiter Finanzen, Leiter HR, EKB (Exportkontrollbeauftragter), Datenschutzbeauftragter, Leiter Einkauf, zehn Zollsachbearbeitern, Leiter Versand, stellvertretender Leiter Versand. Ist D dazu verpflichtet? Und wenn er datenschutzrechtliche Bedenken hat, was sollte er dann tun?

Datenschutzrechtliche Prüfung

Es geht hier um eine Datenübermittlung an eine öffentliche Stelle. Dies ist dann zulässig, wenn die Behörde für diese Aufgabe zuständig ist und sie dafür die Voraussetzungen nach § 14 BDSG einhält. Dies ist der Fall, wenn entweder der Betroffene eingewilligt hat oder wenn eine Rechtsvorschrift die Übermittlung verlangt.

Zur vorherigen schriftlichen ­Einwilligung

Da eine freiwillige Einwilligung die zentrale Anforderung für die rechtmäßige Datenübermittlung ist, kann diese ohne weiteres nur vom Geschäftsführer erteilt werden. Denn hier wird davon ausgegangen, dass seine Einwilligung freiwillig geschieht. Bei einer Einwilligung durch Angestellte bestehen erhebliche Bedenken, diese als freiwillig erteilt anzusehen. In der Regel wird angenommen, dass hier eine Einwilligung nur unter dem Druck des Arbeitsverhältnisses erteilt wird. Anders wäre es nur dann, wenn es um die Übermittlung von Daten ginge, die zwingend für das Beschäftigungsverhältnis als solches erforderlich sind.

Zur Erlaubnis durch eine Rechtsvorschrift

Für die o.g. zollrechtliche Vereinfachung gelten z.T. die gleichen Voraussetzungen wie für den AEO: Denn für die „vereinfachte Zollanmeldung“ (Art. 166 UZK, Nachfolger des zugelassenen Ausführers) ist Voraussetzung, dass der Antragsteller Inhaber der AEO-C-Bewilligung ist. Damit ist die zentrale Rechtsvorschrift für die Bewertung Art. 39 lit. a UZK: Hiernach darf der Antragsteller keine „schwerwiegenden oder wiederholten Verstöße gegen die zoll- oder steuerrechtlichen Vorschriften“ oder schwerwiegende Wirtschafts-Straftaten begangen haben. Art. 24 Abs. 1 IA (Durchführungs-VO 2015/2447) konkretisiert dies wie folgt: Bei einer juristischen Person „gilt die Voraussetzung des Art. 39 lit. a UZK als erfüllt, wenn keine der folgenden Personen in den letzten drei Jahren einen schwerwiegenden Verstoß oder wiederholte Verstöße gegen die zoll- und steuerrechtlichen Vorschriften oder eine schwere Straftat im Rahmen ihrer Wirtschaftstätigkeit begangen hat: (1) der Antragsteller, (2) die Person, die für das antragstellende Unternehmen verantwortlich ist oder die Kontrolle über seine Leitung ausübt, (3) der Beschäftigte des Antragstellers, der für dessen Zollangelegenheiten zuständig ist“.

Begrenzung der Personen

Dies kann im Zweifel als Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung an das HZA ausreichen, wenn die Anzahl der betroffenen Personen genügend begrenzt wird, um nur den Personenkreis abzubilden, der zwingend von Art. 24 IA erfordert wird. Und das wäre der Fall, wenn man nur die Übermittlung der Daten der folgenden fünf Personen erlaubt: (1) Geschäftsführer = Ausfuhrverantwortlicher, (2) EKB, (3) Leiter Versand, (4) Leiter Finanzen und (5) Leiter Zoll (oder Zollsachbearbeiter, wenn es keinen Leiter Zoll gibt). Die o.g. Gesetzesformulierung unter (3) meint im Zweifel nur die jeweilige Leitungsperson, wie ein Vergleich mit dem englischen Wortlaut ergibt. EKB, Leiter Versand und Leiter Zoll reichen aus, um Kenntnisse über Zollverstöße zu erlangen, Leiter Finanzen reicht aus, um Kenntnisse über Steuerverstöße zu erhalten. Von weiteren Personen darf keine Steuer-ID übermittelt werden, um keine unbefugte Datenübermittlung zu begehen (Ordnungswidrigkeit nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG).

Weitere Überlegung wegen Verhältnismäßigkeit

Diese Begrenzung der Angaben nur auf die o.g. fünf Personen ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit erforderlich. Eine weitere Frage der Verhältnismäßigkeit ist, ob die Steuer-ID ein angemessenes Mittel für diese Prüfung ist. Sie ist zwar geeignet, um Erkundigungen über Steuer- und Zollverstöße einziehen zu können. An der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Steuer-ID für diese Zwecke können aber Zweifel geäußert werden. Sie darf ausdrücklich nur im Besteuerungsverfahren genutzt werden und zusätzlich nur für Zwecke, bei denen ihre Verwendung explizit vorgesehen ist (vgl. Nienstedt, Export-Manager 6/2017, S. 21 ff.). Hinzu kommt, dass über die Steuer-ID auch Zugriffe auf Daten von Ehepartnern und Kindern möglich sind. Dies kann nur bedeuten, dass es zulässig sein muss, dem HZA alternative Wege zu nennen, damit dieses Kenntnisse über Steuer- und Zollverstöße erlangen kann.

Alternativen zur Steuer-ID

Als Alternativen zur Angabe der Steuer-ID kommen vor allem die folgenden Möglichkeiten in Betracht: Angaben zu eigener Anschrift und Geburtsdatum (sowie Anschrift des Steuerberaters), um beim Finanzamt nachfragen zu können, ob Steuer- oder Zollverstöße vorliegen, Bescheinigungen des Steuerberaters und/oder Finanzamtes, ob Steuer- oder Zollverstöße vorliegen, oder Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses.

Ergebnis zum Fall: Die Übermittlung der Steuer-IDs an das HZA wäre datenschutz-rechtlich nur dann gerechtfertigt, wenn es auf die Steuer-IDs der folgenden fünf Personen begrenzt würde: (1) Geschäftsführer = Ausfuhrverantwortlicher, (2) EKB, (3) Leiter Versand, (4) Leiter Finanzen und (5) Leiter Zoll (oder Zollsachbearbeiter, wenn es keinen Leiter Zoll gibt); darüber hinaus wäre es datenschutzrechtlich unzulässig. Außerdem müsste den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden, eine der Alternativen zu wählen, die sie weniger belasten, die aber in gleichem Maße geeignet sind, Auskunft über ihre Steuer- und Zollverstöße zu geben.

Neue Entwicklung

Nachdem wir dem zuständigen HZA am Morgen die Stellungnahme zur datenschutzrechtlichen Rechtslage unter Verweis auf das Grundsatzverfahren beim FG Düsseldorf (4 K 1404/17 Z) und beim EuGH (C 496/2017, eingegangen am 17. August 2017) eingereicht hatten, be-schloss es (unter Verweis auf dieses FG-Verfahren) am Mittag des gleichen Tages, auf die Abfrage der Steuer-IDs bis auf weiteres zu verzichten. Kurz darauf erschien eine Mitteilung der Zollverwaltung vom 14. September 2017, dass die Abfrage der Steuer-IDs im Rahmen der Neubewertung und bei Neuanträgen bis auf weiteres ausgesetzt wird und die Fragenkataloge entsprechend angepasst werden sollen. Offenkundig will die Zollverwaltung warten, bis die Vorabentscheidungsfrage durch den EuGH beantwortet wird. Laut dem Ergebnis einer telefonischen Nachfrage in Luxemburg kann davon ausgegangen werden, dass dieses EuGH-Urteil möglicherweise nicht vor Ende 2018 vorliegen wird. Einem BMF-Schreiben vom 18. September 2017 lässt sich entnehmen, dass die Zollverwaltung weiter verpflichtet ist, auch das Kriterium der steuerlichen Zuverlässigkeit zu prüfen. Allerdings soll dieses Kriterium als letztes geprüft werden.

Resümee

Es ist sehr zu begrüßen, dass die Zollverwaltung nun endlich bereit ist, die erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken der Wirtschaft und des DIHK zu berücksichtigen. Die bisherigen Schreiben der Hauptzollämter, dass ohne Einreichen der Steuer-IDs für eine Vielzahl von Angestellten die bisherigen zollrechtlichen Bewilligungen widerrufen würden, waren kaum akzeptabel. Denn keine Behörde kann Interesse daran haben, dass die Antragsteller die Ordnungswidrigkeit einer unbefugten Datenübermittlung begehen, nur um ihre Bewilligungen behalten zu dürfen. Richtig konnte jetzt nur ein Einlenken sein. Möglicherweise wird die Zollverwaltung nun eine der Alternativen zur Steuer-ID verlangen. Klar ist aber auch, wenn die Steuer-ID (nach einer EuGH-Entscheidung) wiederkommt, dass der Personenkreis der Betroffenen sehr klein sein muss und dass es Alternativen zur Steuer-ID geben sollte.

Wegen aktueller Hinweise zum EU-Zollrecht vgl. HIER.

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