Die ersten drei Empfehlungen zum Iran-Geschäft in der Oktober-Ausgabe des ExportManagers sind auf starkes Interesse gestoßen. Offenbar besteht weiterhin großer Informationsbedarf zu diesem hochinteressanten Markt. Im folgenden Beitrag setzen wir die Empfehlungen zum Iran-Geschäft fort. Im Zentrum stehen die Antragsbegründung, die Abgrenzung von US-Personen und -Teilen sowie die juristische wie wirtschaftliche Prüfung der Geschäfte.
Von PD Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt, Hohmann Rechtsanwälte
Empfehlung 4: Begründen Sie besonders sorgfältig Ihre Genehmigungsanträge bei Anhang-I-Gütern
Fall 3 – Fräsmaschinenfall
D in Deutschland will Fräsmaschinen, die unter 2B201 gelistet sind, an I im Iran liefern. I ist nicht gelistet. Welche Dokumente sollte D dem BAFA für den Genehmigungsantrag vorlegen?
Lösung Fall 3
Die Listung unter 2B201 entspricht einer Listung auf Iran-Anhang I (NSG-Liste, Position 1.B.2). Hierbei ist nach dem BAFA-Merkblatt (S. 29) folgende Besonderheit zu beachten: „Anträge in Bezug auf NSG-gelistete Güter des Anhangs I der Iran-Embargo-VO müssen (bis auf ganz wenige Ausnahmen) vor Erteilung der Genehmigung dem Sicherheitsrat der UN vorgelegt werden (sog. Procurement Channel). Damit verbunden ist die Folge, dass alle von Ihnen übermittelten Daten auch an ausländische dritte Stellen weitergegeben werden, die in den Procurement Channel eingebunden sind“. Dies bedeutet zweierlei: Es sind umfassendere Nachweise erforderlich, und die Dauer für die Bearbeitung dieser Anträge erhöht sich.
Für die einzureichenden Unterlagen, die möglichst auch in Englisch sein sollten, gibt es v.a. zwei Besonderheiten:
Ein spezielles EUC (End-Use-Certificate) ist erforderlich für Güter nach Anhang I („Optional EUC for Presentation to the Export Control Authorities of Exporting State and UN Security Council in accordance with JCPOA“ – vgl. hierzu die Ausfüllungsanleitung des BAFA) und für Güter nach Anhang II („EUC for Presentation to the Export Control Authorities of Germany“). Während das EUC für Güter nach Anhang I zwingend mit dem Briefkopf der zuständigen staatlichen Stelle im Iran abgegeben und von dieser und dem Endverwender unterzeichnet werden muss, reicht es für das EUC bzgl. der Güter nach Anhang II, wenn es mit dem Briefkopf des iranischen Kunden abgegeben und von diesem unterschrieben wird.
Umfassende Beschreibungen, die v.a. auf Folgendes eingehen, sind sehr hilfreich: Rolle aller Beteiligten (ausführliche Beschreibung), Güter (präzise Beschreibungen in Englisch), Hinweise auf eine UN-Befassung über nahezu identische Vorgänge.
Wegen dieser Besonderheiten sollten Anträge zu Iran-Geschäften, die Güter in verschiedenen Anhängen betreffen, so aufgeteilt werden, dass ein Antrag für Anhang-I-Güter separat gestellt wird, weil nur dieser der UN-Arbeitsgruppe vorgelegt werden muss.
Empfehlung 5: Machen Sie keine Iran-Geschäfte, wenn Sie US-Person sind oder sein können, oder wenn Sie US-Güter haben!
Fall 4 – Matrixorganisation
Konzern D möchte für die Muttergesellschaft D-GmbH in Deutschland und für seine Tochterfirmen weltweit eine Matrixorganisation einführen, bei der die Führungskräfte nach fachlicher und disziplinarischer Führung unterschieden werden. Hierbei wird vereinbart, dass E, Executive Vice President der US-amerikanischen Tochtergesellschaft A für Marketing & Sales, fachliche Entscheidungen treffen kann, die denen anderer Führungskräfte für diesen Bereich übergeordnet sind. Hingegen hat E keine disziplinarischen Befugnisse bzgl. konkreter Arbeitseinsätze bei der D-GmbH. Hat die fachliche Entscheidungskompetenz von E gegenüber der D-GmbH Auswirkungen auf den Konzern nach US-Exportrecht?
Lösung Fall 4
Die US-amerikanische Tochtergesellschaft A ist als US-Person anzusehen, da sie ihren Sitz in den USA hat. Auch E ist US-Person, falls er US-Staatsangehöriger oder Greencard-Inhaber ist. Für die Frage, ob auch die D-GmbH und der ganze D-Konzern faktisch als US-Personen zu betrachten sind, ist entscheidend, ob die US-Person E auf das Tages- und Exportgeschäft der D-GmbH maßgebenden Einfluss nimmt. Dies ist letztlich der Fall (vgl. hierzu Jahrbuch Außenwirtschaft 2017, S. 71 ff.): E ist oberster Entscheidungsträger für Vertriebs- und Exportfragen. Da nicht mehr danach unterschieden werden kann, ob E für A oder für den D-Konzern handelt, sind im Zweifel die D-GmbH und ihre Töchter faktisch als US-Personen anzusehen. Das würde bedeuten, dass sie wie eine US-Person das US-Exportrecht zu beachten haben: Sie müssen v.a. die unilateralen US-Totalembargos gegen den Iran und Kuba beachten. Wenn D gleichwohl Iran-Handel betreibt, riskiert er einen Verstoß gegen das US-Iran-Embargo. Die US-Behörden könnten im Wege der Amtshilfe beantragen, hier in Deutschland Beweise für einen solchen Verstoß zu sichern.
Entsprechendes würde gelten, wenn Sie feststellten, dass Ihre Güter entweder made in USA oder made in Germany sind, aber US-Komponenten mit einem Wertanteil von mindestens 10% beinhalten. Sie müssen daher Ihre Lieferanten mittels eines Lieferantenfragebogens daraufhin überprüfen, ob deren Lieferungen US-Komponenten beinhalten und, falls ja, mit welchem Wertanteil. Sollten diese Lieferantenangaben schlüssig sein, können Sie diese Ihrer Analyse zugrunde legen.
Empfehlung 6: Lassen Sie sich beraten zum Export- und Wirtschaftsrecht, und: Machen Sie nur lohnende Iran-Geschäfte!
Fall 5
D in Deutschland möchte I im Iran als Handelsvertreter für den Iran beauftragen. Was muss D bei der Auswahl beachten? D und I schließen hierfür einen sehr kurzen Vertrag, weil D darauf vertraut, dass die zentralen Punkte in einem iranischen Gesetz für Handelsvertreter geregelt sind. Welche Risiken gibt es hier?
Lösung Fall 5 – Sanktionslisten
D muss I gegen die Sanktionslisten (EU und USA) screenen. Dabei reicht es nicht, wenn nur die Firma gegen die Sanktionslisten geprüft wird, sondern dies muss auch mit deren Geschäftsführern/leitenden Mitarbeitern und Hauptanteilseignern geschehen. In unserer Beratungspraxis hat sich häufig gezeigt, dass bei einigen dieser Personen eine Trefferwahrscheinlichkeit von 80%–95% bestand. Es muss dann erst geklärt werden, ob hier Identität besteht oder nicht, bevor I beauftragt werden kann.
Bei einer Trefferwahrscheinlichkeit von mindestens 80% ist eine manuelle Nachprüfung erforderlich, ob es um eine Person mit ähnlichem Namen oder um eine identische Person geht. Sofern beim Gelisteten die Anschrift bekannt ist, sind die Anschriften der zu prüfenden Person (z.B. des Geschäftsführers der I) mit der des Gelisteten zu vergleichen. Sind hier die Unterschiede deutlich, besteht keine Identität – dies muss kurz schriftlich dokumentiert werden. Beim Iran-Embargo gibt es allerdings viele Gelistete, bei denen lediglich das Geburtsdatum oder die Passnummer bekannt ist. In diesem Fall sollten Sie sich z.B. eine Passkopie geben lassen, um nachzuprüfen, ob Identität besteht oder nicht.
Lösung Fall 5 – Wirtschaftsrecht des Iran
Zusätzlich sind hier die Fallstricke des iranischen Wirtschaftsrechts zu beachten. So unterliegt D hier einem grundlegenden Irrtum, wenn sie davon ausgeht, dass die zentralen Punkte für den Umgang mit Handelsvertretern im Iran gesetzlich geregelt seien. Denn im Iran fehlen hierzu explizite Regelungen (abgesehen von generellen Regelungen im iranischen ZGB). Das führt zu der Notwendigkeit, alle wichtigen Regelungen per Vertrag festzulegen. Außerdem gilt es zu beachten, dass Vertreterverträge beim iranischen Handelsministerium registriert werden müssen. Auch bei der Frage der Anwendbarkeit von ausländischem Recht bzw. des Zugangs zu iranischen/ausländischen Gerichten gibt es viel zu beachten; u.U. dürfte die Wahl von Schiedsgerichten hier vorzugswürdig sein.
Zur Wirtschaftlichkeit: Die Kosten für eine solche Rechtsberatung oder die vergleichbaren Kosten für eigene Recherchen Ihrer Firma sollten von vorneherein in Ihren Angeboten für das Iran-Geschäft eingepreist sein. Bei Geschäften mit relativ geringem Umsatz kann dies sonst zu Frustrationen bei allen Beteiligten führen.
Resümee
Leider haben die Medien mit ihren Berichten, das Iran-Embargo sei seit dem 16. Januar 2016 „ganz aufgehoben“, relativ großen Erfolg gehabt: Kaum eines der Iran-Seminare der letzten Zeit geht noch auf die Frage ein, ob Geschäfte mit dem Iran-Embargo der EU/der USA vereinbar sind. Dies kann sehr fatale Folgen für die Wirtschaft haben. Denn das Iran-Embargo von EU/USA wird bis Oktober 2023/Oktober 2025 fortbestehen, und es sind bisher nur partiell Liberalisierungen zu verzeichnen. Es muss daher zwingend vorab geprüft werden, ob das geplante Geschäft mit dem Exportrecht der EU/der USA kompatibel ist, um hohe Sanktionen zu vermeiden; erst danach kann weiter geprüft werden, welche Anforderungen sich aus dem Wirtschaftsrecht des Iran ergeben.
Die Exportprüfungen für den Iran sind die komplexesten Prüfungen aller Embargoprüfungen. Bei der Güterprüfung geht es v.a. darum,
ob hier gelistete Güter vorliegen (vgl. auch die Bestandteilsregelung; Besonderheiten gibt es bei Anhang-I-Gütern),
ob nicht gelistete Güter sensitiv verwendet werden können,
ob US-Komponenten mit einem Wertanteil von mindestens 10% vorliegen.
Bei der Personenprüfung geht es v.a. darum,
ob eine der ins Iran-Geschäft involvierten Personen (Kunden, Endverwender, Dienstleister wie Banken, Spediteure) – sowie ihre Geschäftsführer und Hauptanteilseigner – auf EU-/US-Sanktionslisten gelistet sind oder
ob bei ihnen Red Flags für sensitive Geschäfte vorliegen.
Zusätzlich muss geprüft werden:
ob das US-Exportrecht aus sonstigen Gründen hier zu Genehmigungspflichten oder einem Verbot kommt,
ob vorherige Genehmigungspflichten beim BAFA für Finanzierungen oder für Verträge bestehen,
ob Meldepflichten nach der AWV für Zahlungstransfers bestehen und
welche Anforderungen sich aus dem iranischen Wirtschaftsrecht ergeben.
Wir sind überzeugt, dass die Berücksichtigung der genannten sechs Empfehlungen für Sie sehr hilfreich sein kann: Das Iran-Geschäft sollte zu einer echten Win-win-Situation bei allen Beteiligten führen. Nicht genügend geprüfte Geschäfte sollten auf jeden Fall unterbleiben, weil hier die rechtlichen Risiken zu hoch sind – hier kann Ihre gute Reputation sehr schnell großen Schaden erleiden!
Aktuelle Hinweise zum Iran-Embargo finden Sie unter: http://hohmann-rechtsanwaelte.de/rechtstexte-iranembargo.html.
Kontakt: info@hohmann-rechtsanwaelte.com