Seit 2004 arbeiten China und die EU in Zollangelegenheiten zusammen. Nun werden seit November 2015 die jeweiligen AEO-Programme gegenseitig anerkannt. Nachdem bereits 2012 ein entsprechendes Abkommen mit den USA geschlossen wurde, wird der AEO-Status für Unternehmen auch international immer attraktiver. Wie weit die Anerkennung in der Praxis reichen wird, muss sich aber noch erweisen.
Von Adrian Loets, LL.M., Rechtsanwalt, Graf von Westphalen
Seit dem 3. November 2015 gilt zwischen der Volksrepublik China und der Europäischen Union (EU) ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung ihrer jeweiligen Programme für zugelassene Wirtschaftsbeteiligte, d.h. in der EU des Authorized Economic Operators (AEOs) und in China des Programms „Measures on Classified Management of Enterprises“ (MCME) bzw. seit Dezember 2014 des Programms „Interim Measures of Customs Administration“ (IMCA). Das im Mai 2014 abgeschlossene Abkommen soll die Warenströme zugleich sicherer und reibungsloser gestalten. Europäische Unternehmen in China und chinesische Unternehmen in der EU genießen künftig Vorzüge bei den Ein- und Ausfuhrformalitäten. Insbesondere bei den Sicherheitsbewertungen, bei Inspektionen bzw. Kontrollen sowie bei der Beantragung des AEO-Status in dem jeweils anderen Zollgebiet sollen bereits zugelassene Wirtschaftsbeteiligte Vorteile haben. Auf EU-Seite sind die Vorteile für alle Inhaber einer AEO-S- und AEO-F-Bewilligung verfügbar. Sie müssen sich ferner mit dem Datenaustausch mit den chinesischen Zollbehörden einverstanden erklärt haben. Der AEO-C-Status ist hingegen ausdrücklich ausgenommen, muss also durch die chinesischen Behörden nicht berücksichtigt werden.
Weltweiter Trend zu AEO-Programmen
Die gegenseitige Anerkennung von Zuverlässigkeitsstandards hat in den vergangenen Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen, weil zahlreiche Staaten ihre Sicherheitsvorkehrungen beim Ein- und Ausgang von Waren deutlich verschärft haben. Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (sogenannte „Mutual Recognition Agreements“, kurz MRAs) dienen dazu, trotz strengerer Sicherheit durchgängige internationale Lieferketten sowie einen reibungslosen internationalen Warenverkehr sicherzustellen. Die Weltzollorganisation (WZO) fördert die Verbreitung solcher Abkommen und hat hierfür bereits im Juni 2011 die sogenannten SAFE-Standards aufgestellt, auch auf Ebene der Welthandelsorganisation (WTO) wird das Thema diskutiert. Weltweit haben bislang 31 Mitgliedstaaten der WZO entsprechende Abkommen abgeschlossen. Außer mit China hat die EU Abkommen mit Japan, Norwegen, Andorra, der Schweiz und zuletzt 2012 mit den Vereinigten Staaten (USA) abgeschlossen.
Für die europäische Wirtschaft ist die gegenseitige Anerkennung zwischen China und der EU eine gute Neuigkeit. Die Zollverwaltungen arbeiten bereits seit 2004 aufgrund eines in Den Haag abgeschlossenen „Abkommens über Zusammenarbeit und gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich“ (CCMAAA) zusammen. Schwerpunkte der Zusammenarbeit sind u.a. der Schutz geistigen Eigentums, die Sicherheit der Lieferketten, Handelserleichterungen sowie die Vorbeugung der Abzweigung von Drogenausgangsstoffen – in diesem Zusammenhang tauschen die Zollbehörden bereits seit einigen Jahren Daten über Warenbewegungen aus. Die AEO-Anerkennung ist ein wichtiger Ausgleich zu den zunehmenden Sicherheitsstandards und sorgt dafür, dass die Warenströme flüssig bleiben.
Umfang der Anerkennung bleibt abzuwarten
In welchem Umfang der AEO-Status anerkannt werden muss, formuliert das Abkommen vom 16. Mai 2014 allerdings nur vage. So verpflichten sich die Parteien keineswegs zu einer ungeprüften Anerkennung. Die Programme werden zwar einerseits als „kompatibel und gleichwertig“ anerkannt. Konkret soll der AEO-Status in den genannten Bereichen jedoch bloß „wohlwollend zu berücksichtigen“ („take into account favourably“) sein. Die bislang durch die EU abgeschlossenen Abkommen unterscheiden sich insoweit deutlich von diesem. In einigen Fällen (Norwegen und Schweiz) wird letztlich eine Angleichung der Zollsicherheitsstandards verfolgt. Bei dem vorliegenden Abkommen mit China scheint der AEO als einer von verschiedenen Risikobewertungsfaktoren einbezogen zu werden. Obschon also damit zu rechnen ist, dass das Abkommen die Risikoanalyse der Zollbehörden und die Sicherheitsmaßnahmen zumindest abkürzen wird, bleibt abzuwarten, wie sich die tatsächliche Umsetzung des Anerkennungsabkommens in der Praxis gestalten wird. Das Abkommen sieht allerdings ausdrücklich vor, dass weitere Vereinfachungen für AEOs vereinbart werden sollen.
Fazit
Festzuhalten bleibt, dass der AEO für Unternehmen zunehmend unverzichtbar wird. Im EU-Zollrecht erfährt der AEO-Status mit dem ab Mai 2016 anwendbaren Unionszollkodex (UZK) eine deutliche Aufwertung und bietet viele neue Vorteile. Durch die Abkommen mit China, Japan, den USA und den EWR-Staaten erhalten AEO-Unternehmen nunmehr bei den wichtigsten EU-Handelspartnern Vergünstigungen. Weitere Abkommen dürften folgen.
Kontakt: a.loets@gvw.com