Experten erwarten, dass bis 2020 rund 60% des globalen Handelswachstums auf Asien entfallen. Gewiss hat China an diesem Boom noch immer einen großen Anteil, doch steigen dort die Löhne beispielsweise schon erheblich. Zu den attraktivsten Absatzmärkten für westliche Unternehmer zählen hinsichtlich der Zukunftsaussichten einer jungen, wachsenden Bevölkerung Indonesien und Vietnam. Welche Chancen bieten diese Länder exportorientierten Unternehmen? Und wie finanziert man Exporte in diese Staaten?
Von Philipp Merten, Vice President Structured Export & Trade Finance Singapur,
Commerzbank AG
Indonesien baut Infrastruktur aus
Das Inselarchipel Indonesien mit seinen rund 17.000 Inseln ist das ökonomische Schwergewicht der ASEAN-Staaten. Etwa 250 Millionen Einwohner (davon fast 50% unter 30 Jahren) erwirtschaften gemeinsam ein Bruttoinlandsprodukt von 888,54 Mrd USD. Zahlreiche Vorkommen von Erdöl, Erdgas und weiteren Bodenschätzen haben in den vergangenen zehn Jahren zu einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung mit jährlichen Wachstumsraten von annähernd 6% beigetragen. Zugleich ist das Land der weltweit größte Exporteur von Palmöl, exportiert aber genauso Holz, Reis, Gewürze, Kakao, Kaffee, Tee, Tabak und Naturkautschuk. Sicherlich sind dies interessante Aspekte für deutsche Unternehmen, jedoch soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass sich diese Unternehmen bei einem Handelsgeschäft auch auf die ein oder andere Herausforderung einstellen müssen.
Die Hindernisse für die Geschäftstätigkeit sind zum einen ganz elementar: Denn in Kernbereichen der Wirtschaft halten staatseigene Betriebe noch immer Monopole oder konkurrieren mit dem Privatsektor. Jedoch wurde 2010 damit begonnen, erste Staatsunternehmen schrittweise zu privatisieren und die Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmen zu verbessern.
Zum anderen werden Unternehmen in Bezug auf die Infrastruktur vor eher praktische Herausforderungen gestellt: Beispielsweise ist Indonesiens größter Containerhafen, Jakartas Tanjung Priok, mit einem Umschlag von „lediglich“ 4 Mio TEU (Standardcontainer) im Shipping-Geschäft noch immer ein David. Auch Bürokratie und Logistik stellen sich immer wieder als Hemmnisse dar, es nimmt teilweise erheblich Zeit in Anspruch, bis ein Container im Hafen verzollt ist.
Allerdings ist hier mittlerweile ein Wandel spürbar, seit der neue Präsident Widodo im Amt ist. Eines der erklärten Ziele seiner Politik ist es, ausländische Investoren für das asiatische Land zu gewinnen. Aus diesem Grund wird aktuell kräftig in die Infrastruktur investiert; seit Oktober 2014 sind insgesamt Investitionslizenzen in Höhe von 25 Mrd USD vergeben worden. Auf diese Weise soll bis 2017 ein wirtschaftliches Wachstum von 7% erzielt werden.
Vietnams Mittelschicht wächst
Auch Vietnam kämpft ähnlich wie Indonesien noch mit einigen grundsätzlichen Herausforderungen: beispielsweise mit einem großen wirtschaftlichen Gefälle zwischen Stadt und Land. Doch auch in Bezug auf die Infrastruktur gibt es noch „Luft nach oben“. Gleichzeitig ist der Küstenstaat mit einer jungen Bevölkerung von 93,42 Millionen Menschen einer der interessantesten Absatzmärkte für Konsumgüter weltweit. Mit dem dynamischen wirtschaftlichen Wachstum steigt das verfügbare Einkommen der Bevölkerung kontinuierlich an. Vor allem in den größeren Städten wächst eine konsumfreudige Mittelschicht heran. Die junge Bevölkerung – 65% aller Vietnamesen sind jünger als 40 Jahre – fragt insbesondere nach ausländischen Markenprodukten.
Für weiteren Aufschwung wird sicherlich auch sorgen, dass das vietnamesische Ministerium für Industrie und Handel derzeit parallel diverse Freihandelsabkommen plant: mit der Europäischen Freihandelsassoziation, der Kaukasischen Zollunion, mit Südkorea sowie über die multilaterale Pazifik-Freihandelszone „Trans-Pacific Partnership“.
Nach zweieinhalb Jahren konnte vor Kurzem etwa ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam abgeschlossen werden, durch das fast alle Zölle auf Warengüter zwischen beiden Wirtschaftszonen wegfallen. Nicht umsonst entwickelt sich der vietnamesische Außenhandel weiterhin expansiv und wies 2014 einen Überschuss von 2,14 Mrd USD auf.
Finanzierung im Vorfeld abklären
Es steht außer Frage, dass Indonesien und Vietnam klassische Schwellenländer sind und folglich für an Außenhandel interessierte Unternehmen noch immer die ein oder andere Herausforderung bereithalten. Man darf jedoch nicht vergessen, dass das große Potential für ertragreiches Geschäft und lukrative Renditen auch viele interessante Möglichkeiten für den Exporteur darstellen. Wichtig ist es daher, sich vor einem Geschäft in diesen Ländern umfassend beraten zu lassen – ganz besonders bei allen Fragen rund um die Finanzierung.
Denn Vertragsverhandlungen mit ausländischen Geschäftspartnern drehen sich nicht allein um Preise, Lieferzeiten und Produkteigenschaften. Häufig erwarten diese Geschäftspartner auch, dass der Ex- oder Importeur die Finanzierung gleich mitliefert. Für diesen Fall gibt es selbst bei kleineren Grundgeschäften vielfältige professionelle Lösungen, die einen zeitnahen Liquiditätsfluss sicherstellen. Hinzu kommt, dass eine optimal auf die jeweiligen Handelsaktivitäten (Import und Export) abgestimmte Finanzierung eines Unternehmens einen besonderen Wettbewerbsfaktor im internationalen Geschäft darstellt. Die Folgen aus Risikoabsicherung und Liquiditätsoptimierung schaffen zusätzlichen finanziellen Freiraum. Doch welche Möglichkeiten bestehen bei der Exportfinanzierung eigentlich?
Bestellerkredit, Forderungsankauf, Forfaitierung
Der Bestellerkredit ist die häufigste mittel- bis langfristige Exportfinanzierungsform im Investitionsgüter- und Anlagengeschäft. Dabei handelt es sich um einen liefergebundenen Kredit, der einem Käufer (Importeur) von einem Kreditinstitut gewährt wird, um seine Zahlungsverpflichtung gegenüber seinem Lieferanten (Exporteur) zu begleichen. Das Darlehen wird an den Exporteur ausgezahlt und vom Importeur bedient. Für Exporteure hat der Bestellerkredit den wesentlichen Vorteil der Bilanzentlastung, da die Bezahlung unmittelbar bei Lieferung/Leistung erfolgt.
Bei bereits bestehenden Geschäftsbeziehungen ist der regresslose Forderungsankauf durch die Hausbank eine weitere interessante Refinanzierungsmöglichkeit von Exportforderungen mit kurz-, mittel- oder langfristigen Zahlungszielen (Lieferantenkredite). Voraussetzung: Es besteht eine Ausfuhrdeckung des Bundes oder eine Kreditversicherung der privaten Euler Hermes Kreditversicherungs-AG (Hermesdeckung). Dabei treten Unternehmen die gesamte Forderung aus dem Ausfuhrgeschäft sowie ihre Rechte und Ansprüche aus der Hermesdeckung bzw. -kreditversicherung an die Bank ab. Im Gegenzug erhalten sie bei ordnungsgemäßer Ankaufsdokumentation den Barwert des Kaufpreises. Aus einem Zahlungszielgeschäft wird so ein Cashgeschäft.
Eine weitere Alternative ist die Forfaitierung. Sie bezeichnet den regresslosen Ankauf von abstrakten, vom Grundgeschäft losgelösten, einredefreien, abtretbaren, existenten, aber noch nicht fälligen Exportforderungen gegen sofortige Bezahlung des Kaufpreises. Die Forderung muss in der Regel durch eine Bank im Land des Importeurs oder durch eine andere international anerkannte Bank besichert sein. Als Forderungsinstrumente dienen sowohl Buchforderungen als auch Wechsel; als Sicherungsinstrumente kommen Deferred-Payment-Akkreditive, Avale auf Wechsel, Wechseleinlösungsgarantien oder Zahlungsgarantien in Frage. Der An-kauf von Akkreditivforderungen ist dabei die standardisierte Form dieser Forfaitierung. Hier werden entstandene Exportforderungen aus Warenlieferungen und/oder Dienstleistungen unter Akkreditiven mit einem Deferred-Payment-Zeitraum von maximal 365 Tagen regresslos angekauft. Für den Exporteur kommt es auf diese Weise zu einer erheblichen Liquiditätsverbesserung.
Es bietet sich also eine Vielzahl an Finanzierungsmöglichkeiten für Exportgeschäfte an. Wichtig ist aber, dass Unternehmen sich bereits bei der Verhandlung und Vertragsgestaltung ihres Liefergeschäfts mit ihrer Hausbank abstimmen, wenn sie an eine spätere Refinanzierung denken. Die Commerzbank steht sowohl in Deutschland als auch in den ASEAN-Staaten zur Verfügung.
Kontakt: philipp.merten@commerzbank.com