Die Finanzierung kleiner Auftragswerte ist insbesondere im Maschinenbau ein wichtiger Baustein für den Vertriebserfolg. Daher widmete sich der „Tag der Exportweltmeister“ Lösungen für die sogenannten Small Tickets.
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Die deutschen Exporteure müssen sich angesichts der Nachfrageschwäche auf den etablierten Märkten verstärkt neuen Märkten zuwenden. Am Beispiel der internationalen Expansion der Weber Maschinenbau GmbH erläuterte Carmen Eckardt, Leiterin der dortigen Finanzbuchhaltung, die dabei entstehenden Herausforderungen. Im Themenforum „Small Tickets: Digitalisierung eröffnet neue Absatzchancen“ wurden die Wettbewerbsvorteile eines Finanzierungsangebots für die Abnehmer hervorgehoben. In bekannten Märkten könne Finanzierungsanfragen der Kunden noch mit eigenen Mitteln entsprochen werden, sagte Carmen Eckardt. In weniger transparenten Märkten falle die Beurteilung von Länder- und Debitorenrisiken schwerer. Dann müssten geeignete Absicherungsinstrumente eingesetzt werden.
Finanzierungsbedarf steigt
Die Finanzierungsanfragen erreichen bei Weber Maschinenbau, einem Hersteller von Schnittmaschinen für die Lebensmittelindustrie, inzwischen 5% bis 10% des Umsatzes. Die gewünschten Laufzeiten liegen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren, die benötigten Summen reichen bis zu zweistelligen Millionenbeträgen. Stefan Götzinger, der bei der Deutsche Bank AG für Handels- und Exportfinanzierung zuständig ist, bestätigte die wachsende Bedeutung der Bestellerkredite. Zudem nehme die Nachfrage nach staatlicher Risikoabdeckung gerade in der aktuellen Unsicherheit zu, die die Pandemie in den Markt gebracht habe. Selbst bei langjährigen Kunden setzten viele Unternehmen jetzt auf eine Absicherung der Forderungen. Zudem stehe zunehmend die Liquiditätssicherung im Fokus der Lieferanten wie der Abnehmer.
Bei der Gestaltung der Bestellerkredite stellen sich nach den Erfahrungen von Carmen Eckardt zahlreiche Fragen: Wer wird Kreditgeber, welche Laufzeiten werden gewünscht, wie soll das Rückzahlungsprofil aussehen? Das Spektrum der möglichen Strukturen gehe dabei häufig über das hinaus, was das Unternehmen selbst organisieren könne. Es würden beispielsweise Leasingfinanzierungen, Forfaitierungsstrukturen und Lösungen für Einzelfälle bei Bestellerkrediten benötigt. So habe ein Kunde aus Uruguay darum gebeten, ein Finanzierungsangebot über 2 Mio EUR unterbreitet zu bekommen. Er habe schon gute Erfahrungen mit der Hermesdeckung gemacht. Daher nutzte die Weber Maschinenbau GmbH ein Onlinetool, das ein schnelles Finanzierungsangebot mit Hermesdeckung darstellen konnte.
Angebot wird digitaler
Im Themenforum „Digitale Lösungen für Bestellerkredite bis 10 Mio EUR“ wurden einige Akteure im Bereich der Finanzierung von Small Tickets vorgestellt. Dazu gehören Banken und spezielle Finanzierungsinstitutionen ebenso wie Kreditversicherer und die sogenannten Fintechs. Im deutschsprachigen Raum sind insbesondere die staatlichen Exportkreditversicherer (ECAs) Euler Hermes, Österreichische Kontrollbank und die schweizerische Serv verfügbar. Durch das Zusammenspiel dieser Anbieter sind inzwischen leistungsfähige Lösungen für die Vermittlung und Absicherung von Small Tickets entstanden.
So nutzt Weber Maschinenbau etwa die Plattform Smatix (Small Ticket Express) der AKA, die an das Onlinetool Click & Cover von Euler Hermes angebunden ist. Der Exportfinanzierungsspezialist AKA wird von verschiedenen Banken getragen, die dann für die Finanzierung zur Verfügung stehen. Damit konnte die Finanzierungsanfrage des Kunden aus Uruguay dargestellt werden.
Die Raiffeisenbank International aus Österreich bietet mit eSpeedtrack ein Onlinetool, das den Prozess aus Kundenprüfung (Know your Customer – KYC), Identifikation des Antragstellers (Video-identifikation) und digitaler Unterschrift (E-Signature) beschleunigt und vereinfacht.
Finanzierung des Aufschwungs
„Alle Marktteilnehmer im Finanzierungsgeschäft gehen davon aus, das die Pandemie ein überschaubares Event ist“, fasste Michael Dietz, Head of Trade Finance Flow der Deutsche Bank AG, im Auftaktinterview die Stimmung bei den Exportfinanzierern zusammen. Er konstatierte eine erhöhte Nachfrage nach Krediten und nach Flexibilität bei den Kunden. Aber es bleibe eine Lieferkette bestehen, die auch geschickt genutzt werde. In der Handelsfinanzierung ergäben sich völlig neue Möglichkeiten durch die Digitalisierung und die schnellere Nachvollziehbarkeit der entsprechenden Warenströme.
Die aktuellen Daten aus dem Maschinenbau zeigen für September und für die ersten neun Monate zwar weiterhin zweistellige Rückgänge im Auftragseingang. Doch gegenüber diesem Niveau dürften sich bereits im Frühjahr 2021 deutliche Steigerungsraten ergeben. Nicht alle Märkte werden im gleichen Maß davon profitieren, doch die Auslandsnachfrage für die gesamte deutschen Industrie sollte im kommenden Jahr weit im Plus liegen. Dann bieten einfache und schnelle digitale Finanzierungswege wichtige Unterstützung für die Exporteure.
Die Mitschnitte des Interviews mit Michael Dietz und der Themenforen zu Small Tickets sind im „Rückblick“ auf der Eventseite HIER verfügbar.