Wenn auch der Boom zunächst vorüber ist und sich die Konjunktur abgekühlt hat, steht Israels Wirtschaft immer noch recht gut da. 3% BIP-Wachstum sagt der Exportkreditversicherer Coface für 2013 voraus. Die gute Bewertung des Länderrisikos (A3) und das hervor­ragende Geschäftsumfeld (A2) versprechen gute Geschäfte mit geringen Zahlungsrisiken. Doch die innenpolitische Stabilität gilt auch nach den jüngsten Wahlen nicht als gesichert, und die geopolitischen Risiken (Iran, Syrien) sind zunehmend unkalkulierbar.

Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, F.A.Z.-Institut

Die vorgezogenen Parlamentswahlen am 22. Januar 2013 führten zu einem über­raschenden Ergebnis. Die neu gegründete Zukunftspartei des früheren Fernseh­moderators Jair Lapid wurde mit 19 Sitzen zur zweitstärksten Kraft im Parlament. Dagegen konnte das von Premierminister Benjamin Netanjahu und Avigdor Lieberman gegründete rechte Listenbündnis von Likud und Israel Beitenu nicht den durchschlagenden Wahlerfolg verbuchen, den sich beide Politiker erhofft hatten. Das Bündnis Likud-Beitenu verlor elf Mandate, wird aber trotzdem mit 32 Mandaten als stärkste Fraktion in die Knesset ein­ziehen.

Premierminister Netanjahu, der bis spätestens Mitte März eine neue Regierung zu bilden hat, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Wegen der hauchdünnen Mehrheit im rechten Lager wird er auf eine breite Koalition setzen müssen, die neben den erstarkten ultraorthodoxen und rechtsnationalen Kräften auch Parteien aus dem Mitte-links-Spektrum wie z.B. die erfolgreiche Zukunftspartei einbindet. Positiv daran ist, dass die Integration von Mitte-links-Parteien die Aussichten auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses mit den Palästinensern verbessert. Doch die Differenzen zwischen den möglichen Koalitionspartnern sind groß. Netanjahu wird einen innenpolitischen Spagat leisten müssen. Dieser könnte schnell zur Zerreißprobe werden und die Koalition bereits nach kurzer Zeit wieder zum Scheitern bringen.

Das israelische Haushaltsdefizit ist 2012 auf 4% des BIP gestiegen, und die Staatsverschuldung bewegt sich mit 75% des BIP auf hohem Niveau. Im Oktober 2012 konnte sich die frühere Koalition nicht auf einen Sparhaushalt einigen. Das israelische Parlament löste sich auf und beschloss vorgezogene Neuwahlen. Netanjahu hatte gehofft, nach den Neuwahlen in einer besseren Lage zu sein, um unpopuläre Einschnitte bei sozialen Transferleistungen, Bildungsausgaben und Subventionen durchzusetzen. Sein Kalkül dürfte nun aber nicht aufgehen.

Das Wachstum hat sich 2012 auf 3% (2011: 4,7%) abgeschwächt. 2013 dürfte es sich nach Schätzungen von Coface auf einem ähnlichen Niveau bewegen. Wegen ihrer bedeutenden Exportorientierung be-kommt die israelische Wirtschaft die nachlassende Nachfrage bei den wichtigsten Handelspartnern – vor allem der EU und in geringerem Ausmaß den USA – zu spüren. Dieser Nachfragerückgang wird zum Teil durch die robuste Nachfrage Asiens kompensiert.

Die Binnennachfrage wird vor allem durch Investitionen in die Erschließung von bedeutenden Offshore-Erdgasfeldern gestützt, wo bereits 2014 die Produktion beginnen dürfte. Der private Verbrauch verlangsamt sich dagegen spürbar. Nachdem er bis 2011 durch soziale Maßnahmen für die ärmeren Bevölkerungsschichten angekurbelt wurde, droht er nun durch Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen wieder ausgebremst zu werden. Die verarbeitende Industrie wächst 2013 nach Einschätzungen von Coface nur moderat. Eine höhere Dynamik dürfte sich lediglich im Einzelhandel, im Transportsektor und in der ITK-Branche durchsetzen. Das Gastgewerbe leidet unter sinkenden Touristenzahlen in Verbindung mit den gestiegenen geopolitischen Risiken. Die Aktivität im Bausektor verlangsamt sich voraussichtlich durch Finanzierungsengpässe und administrierte Preise.

Nach einer starken Ausweitung des Handelsbilanzdefizits im Jahr 2012 zeichnet sich für 2013 eine Korrektur ab, was vor allem auf höhere Exporte nach Asien (Anteil: 20%) und nachlassende Importe zurückzuführen sein wird. Die Leistungsbilanz dürfte 2013 mit 0,2% des BIP nahezu ausgeglichen sein. So schätzt Coface auch Israels externe Finanzierungslage als relativ unproblematisch ein. Die Auslandsverschuldung bewegt sich mit 40% des BIP auf niedrigem Niveau. Der Bestand an Währungsreserven ist mit acht Monatsimporten ausreichend.

Der israelische Bankensektor befindet sich nach Ansicht von Coface in solider Verfassung. Er ist gut kapitalisiert, und der Anteil notleidender Kredite ist gering. Allerdings ist die Rentabilität der Banken wegen der sehr vorsichtigen Geschäftspolitik niedrig. Die israelischen Unternehmen haben Rücklagen gebildet und sind gut gerüstet für konjunkturelle Einbrüche und Finanzierungsengpässe. Coface stuft die Zahlungsmoral israelischer Unternehmen im weltweiten Vergleich als leicht überdurchschnittlich ein. Das Länderrisiko ist mit A3 niedrig, und das Geschäftsumfeld wird aufgrund der hohen Wettbewerbsfähigkeit mit A2 gut bewertet.

Angetrieben durch die hohe Investitionsnachfrage, haben die deutschen Exporte nach Israel zwischen 2008 und 2011 kräftig zugelegt, und zwar auf 3,4 Mrd EUR. Allerdings verloren sie im Verlauf von 2012 wieder etwas an Fahrt. Die deutschen Importe aus Israel beliefen sich 2011 auf 1,8 Mrd EUR. Deutschland und Israel möchten ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der Hochtechnologie ausbauen. Im Fokus stehen Informationstechnologie, Elektromobilität und intelligente Stromnetze. Für den Ausbau der Zusammenarbeit im Bereich erneuerbare Energien wurde im Sommer 2012 ein Deutsch-Israelisches Forum für Erneuerbare Energien unter der Ägide der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer ins Leben gerufen. Großes Geschäftspotential besteht zudem bei energiesparenden Technologien sowie im Infrastruktursektor.

Kontakt: s.roehrig[at]faz-institut.de

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