Präsident Yudhoyonos zweite Amtszeit verläuft nicht so erfolgreich wie die erste – seine Wiederwahl bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr 2014 gilt nicht als gesichert. Dennoch dürfte die politische Stabilität gewahrt bleiben. Gute Wirtschaftsdaten und eine starke Inlandsnachfrage machen das Land sehr widerstandsfähig gegen externe Schocks. Der Bankensektor ist gesund, und die Auslandsverschuldung bewegt sich auf einem tragfähigen Niveau. Doch es sind auch Risiken zu beachten.

Von Christoph Witte, Direktor Deutschland, Delcredere N.V.

Präsident Yudhoyono hat Stabilität, demokratische Verhältnisse und einen Rückgang der politischen Gewalt versprochen. Doch er enttäuschte in den vergangenen Jahren insbesondere hinsichtlich der Armutsbekämpfung und des Infrastrukturausbaus. Statt ehrgeizige Reformen umzusetzen, zog er es vor, Kompromisse einzugehen, um die Koalition stabil zu ­halten. So sind auch vor den allgemeinen Wahlen im Jahr 2014 kaum noch Reformen zu erwarten. Die Regierung wird voraussichtlich auch nach den Wahlen 2014 einen pragmatischen Kurs fahren, der sich zwischen der Öffnung für ausländische Investoren und dem Schutz nationaler Interessen bewegt.

Nach einem Rekordwachstum von 6,5% im Jahr 2011 – das höchste seit 15 Jahren – hat sich die Konjunktur wieder verlangsamt, was auf die Krise in der Euro-Zone und das eingetrübte globale Umfeld einschließlich der schwächeren chinesischen und indischen Nachfrage nach indonesischen Rohstoffen zurückzuführen ist. Doch diese globalen Schwierigkeiten schaden den guten wirtschaftlichen Aussichten Indonesiens nur wenig. Denn die ausgewogene Wirtschaftsstruktur des Landes sorgt für eine relativ widerstandsfähige und stabile Konjunktur. Im Unterschied zu vielen anderen asiatischen Ländern stützt sich die Wirtschaft weniger auf Exporte in die seit 2009 krisengeplagten Industrieländer, dafür stärker auf eine robuste Inlandsnachfrage, die mit einem BIP-Anteil von 60% der Hauptwachstums­treiber ist.

Geringere Exportzuwächse, rapide zunehmende Investitionsgüterimporte und der Konsum der wachsenden Mittelschicht bringen die Leistungsbilanz erstmals seit 1997 in die roten Zahlen. Auch wenn die Exporte langfristig durch die chinesische und die stark wachsende indische Nachfrage nach indonesischen Rohstoffen (Gummi, Kohle, Palmöl) gestützt werden dürften, wird die Leistungsbilanz wegen der boomenden Investitionen voraussichtlich defizitär im Bereich von 2% bis 3% des BIP verharren. Diese Entwicklung ist per se nicht besorgniserregend, zumal die auf Investitionen beruhende Importnachfrage der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung Indonesiens dient.

Ein Teil des Defizits ist darauf zurückzuführen, dass Indonesien ein Nettoimporteur von Öl und Gas geworden ist. Die Ölproduktion hat wegen der sinkenden Leistung erschöpfter Ölquellen und unzureichender ausländischer Direktinvestitionen seit dem Jahr 2000 abgenommen. Die Investitionen haben in den Jahren bis 2011 wieder den vorherigen Stand erreicht. Trotzdem wird der Flüssiggassektor mit Reserven, die auf dem aktuellen Produktionsstand ca. 50 Jahre ausreichen, an Bedeutung für den nationalen Verbrauch sowie für den Export gewinnen (ca. 10% der Weltflüssiggasexporte).

Die Inflation war im Verlauf der vergangenen Jahre unter Kontrolle, wenn auch Überhitzungsphasen kurzfristig zu einem Anstieg der Inflationsrate führten. Angesichts des etwas eingetrübten und unsicheren wirtschaftlichen Umfelds dürfte die Geldpolitik darauf ausgerichtet werden, die Inflationsrate mittelfristig im Bereich zwischen 3,5% und 5,5% zu halten. Die Teuerung dürfte vor allem durch steigende Nahrungsmittel- und Benzinpreise angetrieben werden, zumal die Weltmarktpreise für Erdöl nach oben tendieren und der Abbau der Subventionen zu Preiserhöhungen führt.

Die Lücke in der Zahlungsbilanz dürfte in den nächsten Jahren durch die auslän­dischen Direktinvestitionen finanziert werden, die durch die guten Wachstumsaussichten und Investitionsmöglichkeiten in Indonesien angezogen werden. Seit 2010 bewegen sich die ausländischen Direktinvestitionen auf hohem Niveau; der Kapitalzufluss erreichte einen Rekordwert von 20 Mrd USD im Jahr 2011 (etwas mehr als in Indien), und dieser Trend setzte sich 2012 fort. Der Großteil der Investitionen floss in den Rohstoffsektor. Die weitere Entwicklung wird von der ­Haltung der Regierung gegenüber Auslandsinvestoren abhängen, zumal ein Umschwung zu einem stärker nationalistischen Ansatz bereits erkennbar ist (z.B. geringere Beteiligung von ausländischen Investoren im Bergbausektor, Exportverbot von unverarbeitetem Metall, Kupfer und Gold sowie von Kohle minderer Qualität ab 2014).

Das große Potential des Landes beruht auf einer günstigen demographischen Entwicklung (viertgrößte Landesbevölkerung weltweit, die Hälfte davon ist jung), hohen Spar- und Investitionsquoten, einer diversifizierten Wirtschaftsstruktur, einer hohen Verbrauchernachfrage mit weiterem Wachstumspotential und einer reichen Ressourcenausstattung.

Doch vor dem Hintergrund wachsender globaler Unsicherheit ist nun der Zeitpunkt für Indonesien gekommen, seine Entwicklung weiter voranzutreiben; insbesondere die mangelhafte Infrastruktur (Transport- und Energieangebot) und die Verkehrsprobleme in den großen Städten müssen in Angriff genommen werden. Das Land investiert lediglich 2% bis 3% des BIP in den Ausbau der Infrastruktur und liegt mit diesem Indikator weit hinter anderen asiatischen Ländern (einschließlich Indiens). Yudhoyonos umfangreiches Investitionsprogramm (Master Investment Plan 2011–2025) könnte einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit leisten und eine Lähmung der Wirtschaft durch Infrastrukturengpässe verhindern. Für großangelegte Regierungsprogramme, die sich auf andere Bereiche wie Bildung, Gesundheit und Armutsbekämpfung beziehen, werden große Teile der Finanzierung aus privaten Quellen kommen müssen, damit die offiziellen Wachstumsziele erreicht werden können. Dies könnte Indonesien noch vor große Herausforderungen stellen, da es eine Reihe von Hindernissen in einem schwierigen Geschäftsumfeld (Bürokratie, Korruption, Schwierigkeiten beim Bodenerwerb, schwache Rechtsdurchsetzung etc.) zu überwinden gibt.

Das robuste Wirtschaftswachstum, eine hohe Nachfrage nach Rohstoffen sowie hohe Rohstoffpreise und eine im Durchschnitt insgesamt stabile Währung sorgten für einen günstigen Verlauf der Auslandsverschuldung. So verringerten sich die Schuldenquoten im Jahr 2011 auf 26,6% des BIP (Halbierung seit 2004) und 98,7% der Exporterlöse (Rückgang um 20% seit 2009). Wenn sich auch die letztgenannte Quote angesichts schlechterer Exportaussichten etwas erhöhen dürfte, wird der Schuldenstand mittel- bis langfristig voraussichtlich tragfähig bleiben. Das robuste Wirtschaftswachstum und der erwartete Zufluss von schuldenneu­tralem Kapital werden Indonesien dabei helfen, die Auslandsverschuldung in einem überschaubaren Rahmen zu halten, auch wenn es zu neuen externen Schocks kommen sollte.

Die externe Zahlungsfähigkeit Indonesiens hat sich weiter verbessert. Die Devisenreserven erreichten Rekordhöhen: 2010 wurde die Marke von 100 Mrd USD erreicht, und seitdem bewegen sie sich über diesem Niveau und erlauben eine Importdeckung von fünf Monaten. Dieser Deckungszeitraum dürfte sich wegen der voraussichtlich anhaltenden Importzuwächse in der nächsten Zeit schrittweise verringern. Doch die Lage hinsichtlich der internationalen Zahlungsfähigkeit bleibt entspannt, da die Devisenreserven doppelt so hoch sind wie die kurzfristigen Schulden und viermal so hoch wie der insgesamt niedrige Schuldendienst. Auch im Verhältnis zu den Exporterlösen ist der Schuldendienst seit Jahren stabil.

Die Wirtschaft Indonesiens zeigt sich seit 2008 sehr widerstandsfähig gegenüber externen Schocks. Dies bewies das Land insbesondere durch eine konstante Verbesserung der makroökonomischen Daten und die Verfolgung einer stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik. Obwohl das globale Umfeld unsicherer wird, bleibt die Risikoeinschätzung des Landes unverändert gut.

Die gesamte Studie zu Indonesien steht unter www.ducroire-delcredere.de zum Download bereit.

Kontakt: c.witte[at]delcredere.eu

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