Der Handel mit Russland ist trotz Sanktionen mit gewissen Einschränkungen möglich. Doch die Anforderungen an Firmen für eine rechtskonforme Verzollung im Warenverkehr mit Russland sind hoch. Denn es gibt vielfältige tarifäre und nichttarifäre ­Handelshemmnisse. In Anbetracht hoher Strafen bei Gesetzesverstößen in Deutschland und Russland ist es ratsam, einen sorg-­fältigen IT-gestützten Export- und Importprozess zusammen mit dem russischen Handelspartner aufzusetzen.

Von Arne Mielken, Senior Trade Specialist ,Content (European Union), Amber Road

Beitrag als PDF (Download)

Es gibt zahlreiche Stolpersteine beim Export aus Deutschland nach Russland wie auch beim Import in die Russische Föderation. Einer ist die stark entwickelte Bürokratie in Russland, die sich auch auf Verzollungsprozesse auswirkt. Oft kommt es ganz banal auf die handelnden Personen und ihre Vernetzung an, ob und wie schnell die Einfuhr gelingt. Darüber hinaus spielen Zolleinnahmen eine wesentlich größere Rolle für das russische als für das deutsche Budget. Russland erhebt zum Teil sehr hohe Abgaben auf bestimmte Produkte, u.a. auch, um die einheimische Produktion zu schützen. Zwar ist Russland seit 2012 WTO-Mitglied, verstößt aber immer wieder mit tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen gegen WTO-Regeln.

Zölle, Steuern und andere Gebühren

In Russland – als Teil des regionalen Wirtschaftsbündnisses EAWU (Eurasische Wirtschaftsunion: Russische Föderation, Weißrussland, Kasachstan, Kirgistan, Armenien) – gilt ein einheitlicher Zolltarif, der in Anlehnung an die Warennomenklatur des Harmonisierten Systems (HS) aufgebaut wurde. Seit dem 1. Januar 2014 müssen alle Waren beim russischen Zoll in elektronischer Form angemeldet werden. Ebenso müssen alle Begleitdokumente elektronisch übermittelt werden. Die Verzollung der Ware kann unmittelbar an der Grenze oder an einem entsprechenden Binnenzollamt erfolgen. Bei Landtransporten beginnt der Verzollungsprozess an der Grenze zur Russischen Föderation.

Einfuhrumsatzsteuer (EUSt)

Beim Import von Waren in das Gebiet der Russischen Föderation wird neben dem Zoll eine Mehrwertsteuer erhoben. Derzeit beträgt der Regelsatz 18%. Ein ermäßigter Steuersatz von 10% gilt für viele Nahrungsmittel, Druckerzeugnisse (außer Werbematerial und Erotik) und Erzeugnisse für Kinder. Bemessungsgrundlage ist die Summe aus Zollbetrag, Warenzollwert und eventueller Verbrauchsteuer. Bei einem Verbringen der Waren in ein Frei- oder Zolllager, eine Freihandelszone, beim Transit, zollfreien Handel, bei einer Wiederausfuhr oder Vernichtung und Aufgabe zugunsten des Staates entfällt die Mehrwertsteuer.

Verbrauchsteuer (Akzisen)

Auf bestimmte Waren (u.a. Tabakwaren, alkoholische Getränke, Beförderungsmittel, Erdölprodukte) wird beim Import eine Verbrauchsteuer erhoben. Diese Waren können nur über bestimmte Zollämter importiert und mit einer „Akzisemarke“ verkauft werden.

Einfuhrlizenz

Ferner unterliegen bestimmte Waren (z. B. Industrieabfälle, Edelmetalle, pharma­zeutische Produkte, medizinische Apparate und Geräte, Sprengstoffe, Waffen und Munition, textile Bodenbeläge, Pflanzenschutzmittel, Tabak, alkoholische Ge-tränke) einer Einfuhrlizenz.

Gebühren

Für die Zollabfertigung erhebt die russische Zollverwaltung eine Dienstleistungsgebühr auf Basis des Warenzollwerts. Falls die Ware innerhalb von Russland (z. B. von einem Grenzzollamt zu einem Binnenzollamt) zollamtlich begleitet werden muss, ist eine weitere Gebühr fällig. Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer zollamtlichen Begleitung liegt im Ermessen der jeweiligen Zolldienststelle.

Begleitpapiere

Für die Verzollung braucht es zwei Handelsrechnungen mit geschäftsüblichen Angaben, Unterschrift und Firmenstempel sowie eine russische Übersetzung der Rechnung. Ebenso sind Ursprungszeugnisse in einfacher Ausfertigung erforderlich. Falls die Handelsrechnung keine genaue Übersicht über die Waren in den einzelnen Packstücken aufweist, ist eine detaillierte Packliste in fünffacher (!) Ausführung auf Englisch beizulegen.

Für zahlreiche Importwaren (z.B. Möbel, Erzeugnisse für Kinder, Konsumgüter, Lebensmittel, elektrische und elektronische Geräte, Kosmetik- und Parfümerieartikel) muss ein Konformitätsnachweis (dass sie den lokalen Vorschriften entsprechen) erbracht werden. Dieser wird durch das Anbringen eines Konformitätszeichens (EAC-Zeichen) auf der betreffenden Ware selbst, auf der technischen Begleitdokumentation, auf dem Etikett oder auf der Verpackung bestätigt. Die Liste der zertifizierungspflichtigen Produkte ändert sich stetig. Darüber hinaus muss eine Reihe von Waren (Kosmetikprodukte, Trinkwasser, Hygieneartikel, Haushaltschemie) staatlich registriert werden. Ohne Konformitätsnachweis respektive Registrierung ist eine Verzollung nicht möglich.

Für die Einfuhr von lebenden Tieren, Tierfutter, tierischen Erzeugnissen, Pflanzen und pflanzlichen Erzeugnissen müssen Veterinärzeugnisse beziehungsweise Pflanzengesundheitszeugnisse für die Verzollung vorgelegt werden. Um den Zollwert zu ermitteln, verlangt der russische Zoll außerdem oft eine Kopie der EU-Ausfuhranmeldung. Die Markierung und Etikettierung der Importwaren wird im Vertrag mit dem Partner festgelegt. Seit 1998 müssen aber alle Produktbeschreibungen, Gewährleistungsinformationen (bei technischen Geräten) und Gebrauchsanleitungen in Russisch abgefasst sein.

Ausfuhrkontrollen

Firmen, die Geschäfte mit und in Russland tätigen wollen, sind gut beraten, sich vor-ab eingehend über die Embargomaßnahmen zu informieren, die in den EU-Staaten, aber auch in den USA und eventuell anderen Ländern gelten, in denen die Unter­nehmen tätig sind. Andernfalls laufen sie Gefahr, als Sanktionsbrecher zu Geld- und/oder Gefängnisstrafen verurteilt zu werden. Die Sanktionsbestimmungen anderer Länder unterscheiden sich zum Teil erheblich von denen der EU. Darüber hinaus verfolgen die USA Sanktionsverstöße auch außerhalb der USA, falls US-amerikanische Produkte, Teile, Technologie, Veredlungsverkehre, Mustersendungen, Blaupausen etc. involviert sind.

Die sektoralen Sanktionen der EU gegen Russland umfassen ein Waffenembargo (Export- und Importverbot), ein Lieferverbot für Güter mit doppeltem Verwendungszweck (Dual-Use-Waren) für militärische Endnutzer sowie ein Lieferverbot an ausdrücklich benannte „Mischempfänger“ (Unternehmen mit militärischer und ziviler Sparte). Für die Ölindustrie dürfen bestimmte Produkte nicht geliefert und Dienstleistungen (insbesondere Bohrungen) nicht erbracht werden, wenn sie für die Bereiche Erdölexploration und -förderung in der Tiefsee und der Arktis sowie bei Schieferölprojekten in Russland eingesetzt werden sollen. Darüber hinaus besteht ein Exportverbot für die Schwarzmeerhalbinsel Krim.

Die EU-Sanktionslisten erstrecken sich zudem auf Personen und Unternehmen, die mit den Separatisten in der Ostukraine in geschäftlicher Verbindung stehen und mit denen keine Handelsgeschäfte betrieben werden dürfen.

Softwarelösung

In Anbetracht der Komplexität von Handelsgeschäften mit russischen Firmen empfiehlt es sich selbst für KMUs, ihre Aktivitäten auf eine IT-Lösung mit topaktueller Datenbank zu stützen, die die Suche nach der richtigen Zolltarifnummer und Exportkontroll-Güterlistennummer sowie Sanktionslistenprüfungen erleichtert. Innovative, ausgefeilte Systeme informieren Unternehmen außerdem, welche Vorschriften bei der Ausfuhr aus Deutschland und der Einfuhr nach Russland zu beachten, welche Dokumente notwendig und wie hoch die Zollsätze und Mehrwertsteuer sind. Sie managen das Einholen und die Verwaltung von Ursprungszeugnissen. Und sie zeigen dem Nutzer, wo für ihn als Industrie- und Handelsunternehmen oder Logistikdienstleister, insbesondere als AEO, Risiken bestehen. Gerade im Russland-Handel ist es empfehlenswert, das Screening durch verschiedene andere Complianceprogramme (zur Verhinderung von Geldwäsche, Bestechung, zum Datenschutz …) zu ergänzen. Zu guter Letzt dokumentieren solche IT-Systeme firmeninterne Exportkontrollen für Behördennachfragen und Firmenaudits.

ArneMielken@AmberRoad.com

 

Aktuelle Beiträge

Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner