International erfolgreiche Unternehmen machen immer wieder die Erfahrung, dass ihre Produkte in den afrikanischen Zielmärkten gleichsam als Statussymbole angesehen werden, die den Erfolg ihrer Nutzung garantieren. Doch ein deutsches Auto oder eine europäische Maschine sind nur so gut, wie die Rahmenbedingungen ihrer Nutzung es zulassen. Gleichzeitig erfolgt ihr Einsatz in einem sozialen und kulturellen Umfeld, das sich von dem des europäischen Herkunftslandes oft unterscheidet. Die Lösung: Produkte gemeinsam vor Ort entwickeln und produzieren.
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Die Entwicklung in engem Austausch mit dem Kunden ist für viele deutsche Exporteure eine Selbstverständlichkeit und Grund für den anhaltenden Erfolg auf ausländischen Märkten. Auch die Länder, in denen deutsche Exporteure erfolgreich sind, profitieren von der lösungsorientierten Herangehensweise des deutschen Lieferanten. Oft folgt dem Export eine Investition, die Arbeitsplätze schafft und Know-how vermittelt. Doch auch der Transfer in die andere Richtung funktioniert. Afrika hält viele Eindrücke und Erfahrungen bereit.
„Wir müssen wegkommen von dem festgefahrenen Bild: Afrika hat Probleme, wir die Lösung“, zitierte der frühere Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler den früheren Präsidenten des German Institute of Global and Area Studies Robert Kappel auf der Digitalkonferenz „Afrika und Europa – Chance auf einen Neubeginn?“ am 30. September 2020. Die „demographische Dividende“ Afrikas lässt sich nach Ansicht Köhlers nutzen, indem Arbeit und Einkommen vor Ort geschaffen werden.
Politik setzt Fokus auf Afrika
Als der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, Mitte 2019 den Entwicklungsinvestitionsfonds ins Leben rief, rückte das unternehmerische Engagement in Afrika weiter in den Mittelpunkt der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Die neuen Förder- und Finanzierungsangebote, die der Fonds beinhaltet, zielen auf einige entscheidende Elemente der unternehmerischen Praxis.
Das Programm AfricaConnect richtet sich zum Beispiel an deutsche und europäische Unternehmen, die in Afrika investieren und qualifizierte Arbeitsplätze auf dem afrikanischen Kontinent schaffen. Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) stellt Darlehen ab 750.000 EUR bereit, möglich sind Beträge bis 4 Mio EUR und Laufzeiten von drei bis sieben Jahren. Unterstützt werden wirtschaftlich tragfähige Vorhaben. Eine Finanzierung von bis zu 50% des Gesamtfinanzbedarfs kann für Investitionen, Betriebsmittel und den Erwerb von Anteilen an afrikanischen Unternehmen in Anspruch genommen werden.
Als Antwort auf die Liquiditätsengpässe aufgrund der Coronakrise sind im Rahmen von AfricaConnect auch Darlehen für die Liquiditätssicherung von Unternehmen in Afrika möglich. Dafür werden Darlehen nicht nur für neue Investitionen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze vergeben, sondern auch zur Überbrückung von krisenbedingten Liquiditätsengpässen und zum Erhalt bestehender Arbeitsplätze in Afrika. Der „AfricaConnect COVID-19 Response“ lässt sogar eine Finanzierung von bis zu 100% des Liquiditätsbedarfs zu.
AfricaGrow ist ein Dachfonds zur Finanzierung lokaler afrikanischer Fonds, die KMUs in den Ländern des „Compact with Africa“ finanzieren. Die KfW Entwicklungsbank übernimmt im Auftrag des BMZ die Umsetzung gemeinsam mit der Allianz Global Investors als Manager und der DEG Impact GmbH als Berater zu Auswahl und Wirkung der Fonds. Bis 2034 sollen über etwa 20 lokale Fonds 150 innovative kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) sowie Start-ups in reformorientierten Ländern Afrikas finanziert werden.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika deutsche Unternehmen dabei, konkrete Geschäftschancen in Afrika zu identifizieren. Neben den Organisationen und Institutionen der deutschen Außenwirtschaftsförderung bieten auch die Partner der internationalen Entwicklungszusammenarbeit Unterstützung bei der Erschließung neuer Märkte in Afrika an.
Spezialisierte Netzwerke
Die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung berät als zentrale Anlaufstelle der Entwicklungszusammenarbeit zu den Förder- und Finanzierungsangeboten für Investitionen und nachhaltige Projekte unter anderem in Afrika. Sie wird getragen von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der DEG.
Die Bundesregierung hat im Zuge der jüngsten Afrika-Initiative weitere Anlaufstellen geschaffen, die Unternehmen mit unterschiedlichen Angeboten bei Vorhaben in Afrika zur Seite stehen. Das IHK-Netzwerkbüro Afrika übernimmt insbesondere die Erstberatung zur Außenwirtschaftsförderung und nutzt hierzu das etablierte Netz der Industrie- und Handelskammern.
Schließlich wurden auch spezialisierte Informationskanäle geschaffen, um die Informationen der Netzwerke zu bündeln. So bringt der African Business Guide die Akteure der Außenwirtschaftsförderung zusammen. Der Investment Guide Africa der GIZ bietet detaillierte Informationen über die Finanzierung und deren Beschaffung sowie vertiefte Kenntnisse über die länderspezifischen Investorenszenen.
Ein wichtiger Technologiepartner des Investment Guide Africa ist die Initiative Make IT in Africa, die junge Digitalunternehmen mit Finanzinstitutionen in Kontakt bringt. Auch bei dieser Initiative der GIZ steht die Vernetzung von Unternehmens- und Finanzierungspartnern, sozialen Unternehmen, Hubs und Netzwerken im Vordergrund.
Investitionen mit Aufholbedarf
Die deutschen Direktinvestitionen in Afrika sind ebenso wie der deutsche Außenhandel mit dem Kontinent weiterhin sehr gering. Nur 1% der deutschen Direktinvestitionen im Ausland werden in Afrika getätigt. Insbesondere im Vergleich zu Frankreich und Großbritannien sowie den USA und China wird Deutschland seiner sonstigen Bedeutung in der Weltwirtschaft nicht gerecht. Woran liegt das?
In einer aktuellen Veröffentlichung des KfW Research zitieren die Autoren eine Studie zur Wirkung der Außenwirtschaftsförderung in Afrika (HIER). Sie kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem die dort festgestellten Investitionsrisiken Unternehmen abschrecken. In Ländern mit niedrigem Risiko können bilaterale Investitionsabkommen die Investitionsbereitschaft erhöhen. In Ländern mit höherem Risiko sind staatliche Investitionsgarantien wirkungsvoller. Dort kann auch Entwicklungszusammenarbeit das Umfeld verbessern.
Die von der KfW zitierte Studie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass die ausländischen Direktinvestitionen „in den Ländern der Risikogruppen 5, 6 und 7 um bis zu 32% höher sind, wenn das betreffende Land im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit Gelder empfängt.“
Entwicklungszusammenarbeit als Schlüssel zum afrikanischen Markt
Aktuell konzentriert sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika auf Märkte, die im Rahmen des „Compact with Africa“ eine Reformpartnerschaft eingegangen sind. Diese Länder verpflichten sich zur Schaffung eines investitionsfreundlichen Rechtsrahmens. Aktuell sind Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Ghana, Guinea, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo und Tunesien Teil dieser Ländergruppe.
Privatunternehmen, die in Afrika investieren wollen, können zahlreiche Förder- und Finanzierungsangebote nutzen, die öffentliche Institutionen zur Verfügung stellen. Dazu zählen nicht allein die genannten Angebote der Bundesregierung, sondern beispielsweise auch Zuschüsse der Bundesländer.
Auf europäischer Ebene werden gerade die EU-Programme für den Zeitraum 2021 bis 2027 entwickelt. Die Umsetzung liegt zumeist in den Händen der europäischen Entwicklungsbanken. Diese engagieren sich zudem in regionalen Angeboten, die z.B. von der Afrikanischen Entwicklungsbank verwaltet werden. Schließlich sind auch multilaterale Organisationen wie die Weltbank und die International Finance Corporation (IFC) als Finanzierer in Afrika aktiv. Zu den Ausschreibungen der Entwicklungsbanken berät auch die AWE.
Veranstaltungshinweis
Um aus der Vielzahl von Förder- und Finanzierungsangeboten die passende Unterstützung für Unternehmen zu finden, hat die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung eine Datenbank erstellt. Sie wird am 22. Oktober 2020 ab 14 Uhr im Rahmen einer Digitalveranstaltung vorgestellt.