Der erste österreichische Außenwirtschaftsrechtstag an der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) beschäftigte sich mit aktuellen Rechtsfragen im Umsatzsteuer- und Zollrecht. Das Generalthema war Missbrauchsabwehr versus Vertrauensschutz. Der österreichische Außenwirtschaftsrechtstag, der auch 2015 wieder in Linz stattfinden wird, soll sich als regelmäßiges Forum für den Erfahrungsaustausch zwischen Forschung, Verwaltung, Rechtsprechung und Wirtschaft etablieren, berichtet Prof. Dr. Walter Summersberger.

Von Univ.-Prof. Dr. Walter Summersberger, Institut für Finanzrecht, ­Steuerrecht und Steuerpolitik, Johannes Kepler Universität Linz

Österreich ist eine internationale Logistik-drehscheibe für Zentral-, Südost- und Osteuropa. Vor allem internationale Großunternehmen aus Asien und den USA nutzen Österreich als wichtigen Logistik-Hub für Ost- und Südosteuropa. Diese zunehmende Globalisierung des Marktes nahm die Johannes Kepler Universität Linz (JKU) zum Anlass, unter der Schirmherrschaft der Europäischen Kommission den ersten österreichischen Außenwirtschaftsrechtstag am 18. und 19. April 2013 auszurichten. Zustande kam eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Zentralverband Spedition & Logistik, dem Bundeministerium für Finanzen (BMF), dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) und der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Insgesamt 14 Experten, Wissenschaftler, Richter, Zoll­beamte, Beamte der Europäischen Kommission, Anwälte, Steuerberater und IT-Experten sowie 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten die aktuellen außenwirtschaftsrechtlichen Trends für Logistikdienstleister.

Der Schwerpunkt des Forschungsgebietes Außenwirtschaftsrecht an der JKU liegt im Zoll-, Umsatzsteuer-, Verbrauchsteuerrecht, bei den Energieabgaben, im Strafrecht und bei Compliance sowie im Exportkontrollrecht. Gerade im Hinblick auf dieses praxisorientierte Forschungsfeld bedarf es einer intensiven Diskussion und eines Erfahrungsaustausches mit Experten aus Forschung, Verwaltung, Rechtsprechung und Wirtschaft.

Dieser erste Außenwirtschaftsrechtstag sollte an der Schnittstelle zwischen Zoll-, Einfuhrumsatzsteuerrecht und der Binnenmarktregelung den ersten größeren Beitrag dazu leisten. Wichtigstes Motiv der intensiven Auseinandersetzung mit den Themen dieser Tagung war, dass die Einfuhrbedingungen in allen Unions­staaten identisch sein sollten: Gleicher Zollsatz, gleiches Verfahren, gleiche ­steuerliche Rechtsfolgen bei Verstößen, wenn auch mit unterschiedlichem Steuersatz.

Prof. Dr. Markus Achatz (JKU) übermittelte die Begrüßungsworte des Generaldirektors für Steuern und Zollunion in der Kommission, Mag. Heinz Zourek, sowie der BM Dr. Maria Fekter. Er betonte, dass sowohl die Europäische Kommission als auch das BMF gebeten hätten, über die Forschungsergebnisse informiert zu werden. Der Präsident des Zentralverbandes Spedition & Logistik, Mag. Wolfram Senger-Weiss, forderte die Stärkung der österreichischen Zulieferindustrie durch eine perfekte Anbindung an den europäischen Wirtschaftsraum. Die Präsidentin des Unabhängigen Finanzsenates als Kooperationspartner, Frau Dr. Daniela Moser, begrüßte die Veranstaltung, da auch das künftige Bundesfinanzgericht von derartigen Veranstaltungen profitiere. Sie wies darauf hin, dass der UFS schon seit dem Jahr 2003 regelmäßig Tagungen für den innerbehördlichen fachlichen Meinungsaustausch, teilweise unter Einbindung von Richtern des BFH, der Finanzgerichte Deutschlands und des VwGH organisiere: vom Zoll über das Umsatzsteuerrecht, Gebühren und Verkehrssteuern bis FB. Sie betonte, dass die geschlossene Kooperationsvereinbarung zwischen dem UFS und der JKU auch für das künftige Bundes­finanzgericht unverzichtbar sei.

Nachdem Univ.-Ass. Dr. Thomas Bieber (JKU) einen allgemeinen Überblick über die Thematik bot, betonte Dr. Christian Haid von der WK den volkswirtschaftlichen Nutzen des Verfahrens 42, da dieses Verfahren zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich beitrage. Dr. Herwig Heller, BMF, wies darauf hin, dass durch Umsatzsteuerbetrug in Österreich jährlich ein hoher Steuerausfall zu verzeichnen sei, aus diesem Grund sei der Betrugsbekämpfung Priorität einzuräumen.

Neben den Fragen der Reihengeschäfte (Prof. Dr. Hans Nieskens, UmsatzsteuerForum e.V., Münster), der Unregelmäßigkeiten (Prof. Dr. Walter Summersberger, JKU) und des Vertrauensschutzes (RA Dr. Ulrich Schrömbges, Hamburg) sowie der rechtlichen Stellung des Logistikdienstleisters in der Union (Stb Dr. Peter Haunold, Wien; Dr. Klaus Reiche, Richter a.D. am Finanzgericht Hamburg) wurde auch die Frage des Vorsteuerabzugs behandelt. Anhand der unionsrechtlichen Grundlagen (Mag. Dr. Bernd-Roland Killmann, M.B.L.-HSG, Europäische Kommission, Brüssel) wurde ein jüngst ergangenes Urteil des Finanzgerichts Hamburg heftig diskutiert; ein Ur-teil, das dem Spediteur erstmals das Recht einräumt, eine entstandene Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen. Werner Kuhr, Präsident a.D. des Finanzgerichts Hamburg, betonte in seinem Vortrag, dass es dem Neutralitätsgrundsatz der Mehrwertsteuer widersprechen würde, einem Unternehmer einen Vorsteuerabzug zu versagen. Eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates über einen ähnlichen österreichischen Fall steht aber noch aus: Der Umsatzsteuerexperte Dr. Thomas Krumenacker, Richter am Unabhängigen Finanzsenat in Linz, sieht die Entwicklung kritisch, rechnet aber damit, dass diese Frage letztendlich das Höchstgericht beantworten wird.

Der letzte Teil der Tagung war Zukunftsfragen des Außenwirtschaftsrechts gewidmet. Michael Lux, ehem. Referatsleiter in der Europäischen Kommission, betonte die umfangreichen Veränderungen in der Union, die durch eine sogenannte zentralisierte Zoll- und Mehrwertsteuerabwicklung dem Prinzip des One-Stop-Shops folge, wonach sämtliche Modalitäten nur mehr am Sitz des Importeurs vorzunehmen sein werden. Auch die Frage, ob die MwStSystRL zu novellieren sei, wurde diskutiert (Univ.- Ass. Mag. Alexander Lehner, JKU). DI Manfred Biermayer, GF des Softwareunternehmens „MIC-Customs Solutions“, Linz, einer der Marktführer weltweit, betonte die Notwendigkeit, intelligente elektronische Netze einzurichten, um den bestehenden Herausforderungen eines globalen Handels gerecht zu werden. Die Gruppenleiterin Ministerialrätin Dr. Bettina Vogl-Lang, BMF, berichtete über den derzeitigen Stand dieses Prozesses, der die weitere Entwicklung der Logistik- und Abfertigungsabläufe maßgeblich beeinflussen wird.

Kontakt: walter.summersberger[at]jku.at

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