Im Sommer meldeten einige überregionale Tageszeitungen , dass der Zahlungsverkehrsdienstleister Paypal Druck auf Onlineshopbetreiber ausübe, damit diese kubanische Waren, insbesondere Spirituosen und Zigarren, aus ihrem Angebot strichen. Paypal begründete seine Haltung offenbar damit, dass es eine Anweisung des US-amerikanischen Mutterkonzerns gebe, die es verbiete, beim Absatz kubanischer Produkte mitzuwirken. Doch Paypal Europe in Luxemburg ist an europäisches Recht gebunden.

Von Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt und Partner, Graf von Westphalen

Es ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass die amerikanischen Exportkontrollvorschriften bei Überschreiten eines bestimmten Anteils amerikanischer Vormaterialien am Fertigungsprozess weltweit Geltung beanspruchen; dass das US-amerikanische Embargo gegen Kuba nunmehr auf Druck privater (europäischer) Unternehmen gegenüber europäischen Firmen angewandt werden soll, verwundert allerdings.

Betroffen von den neuen faktischen Restriktionen, die mittelbar durch Finanzdienstleister bzw. sonstige Internetdienstleister durchgesetzt werden, sind nicht lediglich Onlineshops, sondern letztlich alle Unternehmen, die (auch) mit kubanischen Waren handeln. Eine ähnliche Tendenz lässt sich derzeit im Hinblick auf die nach US-Recht extraterritorial anwendbaren Bestimmungen des CISADA im Hinblick auf das Iran-Embargo beobachten.

Europäische Unternehmen befinden sich dabei in einem besonderen Dilemma:
Die sogenannte „EU Blocking Regulation“, die Verordnung (EG) Nr. 2271/96, die gerade als Reaktion der EU auf die völkerrechtswidrige Ausweitung der US-Sanktionen gegen Kuba auf europäische Unternehmen geschaffen worden ist, verbietet es europäischen Unternehmen ausdrücklich, die US-Sanktionsbestimmungen zu befolgen. Es droht in Deutschland ein Bußgeld bis zur Höhe von 500.000 Euro.

Ferner sieht die EU-Verordnung eine Verpflichtung betroffener europäischer Unternehmen vor, die EU-Kommission über eine Beeinträchtigung ihrer Interessen durch die US-amerikanische Gesetzgebung zu informieren, damit der Streit letztlich auf der übergeordneten Ebene zwischen den USA und der EU ausgetragen werden kann.

Was folgt daraus in der Praxis? Nach Möglichkeit sollten genuin europäische Finanzdienstleister gewählt werden, von denen eine Beeinflussung im Sinne der Durchsetzung des US-Embargos nicht zu erwarten ist. Dass freilich auch europäische Finanzdienstleister faktischem Druck der US-Politik ausgesetzt sind, war wiederum bei der Einstellung der Finanzierung von nach EU-Recht erlaubtem Iran-Geschäft europäischer Firmen zu beobachten; nahezu alle europäischen Großbanken mit Geschäft in den USA haben sich von der Finanzierung von Exporten in den Iran zurückgezogen, selbst wenn für das Geschäft eine gültige Ausfuhrgenehmigung des BAFA vorgelegt werden konnte.

Unternehmen, die sich Forderungen von Vertragspartnern nach Durchsetzung von US-Embargovorschriften ausgesetzt sehen, sollten bei ihrer Reaktion auf solche Forderungen rechtliche und wirtschaft­liche Aspekte gleichermaßen beachten. Im Zweifel empfiehlt es sich bereits im Vorfeld, die Interessenlage des eigenen Unternehmens genau zu eruieren und, darauf aufbauend, eine Strategie für den Umgang mit über das EU-Recht hinaus-gehenden restriktiven US-Embargomaßnahmen zu formulieren.

Erlaubte und im wirtschaftlichen Interesse eines Unternehmens stehende Exportgeschäfte sollten jedenfalls nicht am – rechtswidrigen – Widerstand eines Zahlungsverkehrsdienstleisters scheitern. Angesichts der in der EU eindeutigen Rechtslage dürfte auch eine vertragsmä-ßige Beschränkung der Außenhandelsfreiheit im Sinne der restriktiven US-Embargobestimmungen regelmäßig gegen zwingendes europäisches Recht verstoßen. Klagen zwischen betroffenen Unternehmen und Paypal sind offenbar bereits anhängig. Der faktisch entstandene wirtschaftliche Schaden durch den (auch zukünftigen) Verlust einer attraktiven Bezahlmöglichkeit lässt sich dadurch nicht kompensieren.

Kontakt: l.harings[at]gvw.com

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