Die US-amerikanischen International Traffic in Arms Regulations (ITAR) gehören zu den schwierigsten Regelungen für Rüstungsgüter. In dem folgenden Beitrag geht es um zwei Fragen: Wann müssen deutsche Hersteller von Rüstungsgütern die ITAR (vor allem bei Kooperationen mit US-Unternehmen) beachten? Und wann müssen sie diese beachten, wenn sie US-Amerikaner als Produktentwickler beschäftigen?

Beitrag in der Gesamtausgabe

Ausgangsfall 1

D, eine Gesellschaft in Deutschland, hat eine US-Schwester A; beide sind über­wiegend im Bereich der Rüstungsgüter tätig. Da A zu Produktverbesserungen forschen möchte, schickt ihr D die Produkttechnologie zu, die allein in Deutschland entwickelt wurde. Das BAFA hat eine Genehmigung für diesen Transfer erteilt. A verwendet diese Produkttechnologie in den USA und stellt hieraus gering­fügige Abwandlungen des Produktes her. Fallen die hieraus hergestellten Güter unter die ITAR? Unter welchen Voraus­setzungen dürfen Technologiedaten der abgewandelten Produkte der D in Deutschland wieder zur Verfügung gestellt werden?

Ausgangsfall 2

D ist in Deutschland im Rüstungsbereich tätig. D ist eine 100%ige Tochter eines US-Unternehmens. D stellt aber allein deutsche Rüstungsgüter ohne US-Anteile und ohne US-Technologie her. US-Bürger A ist Vertriebsmitarbeiter von D mit Wohnsitz in Deutschland; A ist für die Produktentwicklung zuständig. Muss D neben deutschem Exportkontrollrecht auch die ITAR der USA beachten?

Lösung Fall 1

Jede in den USA befindliche Waffentechnologie wird von den ITAR erfasst. Relevant ist, dass sie sich in den USA befindet. Die Technologie zu den geänderten ­Waffen fällt somit unter die ITAR, und das Gleiche gilt im Zweifel für die daraus ­hergestellten Waffen. Irrelevant ist, dass die in den USA weiterentwickelte Technologie auf Technologie basiert, die außerhalb der USA geschaffen worden ist. Hier ist auf den aktuellen Aufenthaltsort der Gegenstände bzw. der Technologie abzustellen.

Sollte der Empfänger nicht US-Staats­bürger sein, so läge ein Release vor, das entsprechend § 125 ITAR genehmigungspflichtig ist (für Sonderfälle sind Aus­nahmen möglich). Selbst wenn D einen deutschen Mitarbeiter zu A in die USA schicken sollte, wäre dies ein geneh­migungspflichtiger „deemed export“. Besondere Vorsicht muss man walten ­lassen, wenn es um Staatsangehörige aus US-Embargo-Ländern (wie etwa den Iran) geht, weil dann zusätzlich die US-Embargo-Regelungen zu beachten sind.

Lösung Fall 2

D erbringt im Zweifel „Defense-Services“, weil er Produktentwicklung betreibt. Diese Rüstungsdienstleistungen wären nach § 124.1 ITAR genehmigungspflichtig, falls D eine US-Person wäre. D ist keine US-Person – hierfür reicht eine US-Mutter nicht. Aber A selbst ist US-Person. A ist demnach verpflichtet, die Genehmigung des DDTC (Directorate of Defence Trade Controls, State Department) einzuholen. Eine restriktive Auslegung könnte darauf abstellen, dass wegen des Fehlens von US-Rüstungsgütern und von Tätigkeiten auf US-Territorium keine Genehmigungspflicht besteht.

Aber das DDTC sieht dies anders: Erforderlich ist ein TAA (Technical Assistance Agreement) zwischen D und A. Es muss u.a. eine Genehmigung der zu erbringenden Rüstungsdienstleistungen und des auszutauschenden Know-hows enthalten, wobei alle betroffenen Nationalitäten anzugeben sind. D und A dürften somit einen ITAR-Verstoß begangen haben. Bei fahrlässigem Verhalten drohen Geldbußen bis zu 500.000 USD je Verstoß (oder fünffacher Lieferwert) bzw. bei Vorsatz Geldstrafen bis zu 1 Mio USD je Verstoß und der Entzug der Exportprivilegien (Debarment) bis zu drei Jahren.

Resümee

Die Regelungen der ITAR setzen strikte Grenzen für Kooperationen im Rüstungsbereich. Gerade bei Kooperationen mit US-Unternehmen ist sehr schnell eine Grenze erreicht, die zu einer US-Genehmigungspflicht führt, wenn es z.B. um einen Transfer von in den USA verbesserter Technologie geht.

Auch deutsche Rüstungsunternehmen, die Rüstungsgüter ohne US-Komponenten und ohne US-Technologie herstellen, werden im Zweifel eine US-Genehmigung brauchen, wenn sie US-Amerikaner bei der Herstellung/Entwicklung ihrer Rüstungsgüter einsetzen.

Zahlreiche Fragen werden auch dann auftauchen, wenn sich Mitarbeiter des deutschen Unternehmens, das eng mit einem amerikanischen kooperiert, beim amerikanischen Kooperationspartner zwecks Erfahrungs- oder Know-how-Austausches aufhalten und dann wieder nach Deutschland zu ihrem Unternehmen zurückkehren. Es stellt sich die Frage, ob auch dafür US-Genehmigungspflichten entstehen. Der gesamte Kommunikationsfluss zwischen deutschem und amerikanischem Rüstungsunternehmen bedarf dann der engen anwaltlichen Begleitung, um nicht gegen eine US-Genehmigungspflicht zu verstoßen.

Wegen aktueller Hinweise zum US-Exportrecht vgl. auch HIER.

info@hohmann-rechtsanwaelte.com

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