Subsahara-Afrika gehörte in den vergangenen zehn Jahren zu den Regionen mit dem größten wirtschaftlichen Wachstum weltweit. Hohe Rohstoffpreise und zahlreiche Reformen führten zu besseren Marktbedingungen in der Region. Aktuell steht Subsahara-Afrika vor großen Herausforderungen. Der starke US-Dollar und die weltweit fallenden Rohstoffpreise stören den wirtschaftlichen Aufschwung. Ulf-Peter Noetzel und Andreas Voss erklären, warum deutsche Unternehmen dennoch einen Markteintritt wagen sollten.

von Ulf-Peter Noetzel, Regional Head Africa & Western Europe, Trade Finance – Financial Institutions, Deutsche Bank, und Andreas Voss, Chief Country Representative, Head of Global Transaction Banking West Africa, Deutsche Bank

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Das wirtschaftliche Wachstum hat sich in zahlreichen Ländern Subsahara-Afrikas in den vergangenen zwölf Monaten spürbar verlangsamt, was mit entsprechenden Auswirkungen auf das Exportgeschäft verbunden ist. Wie beurteilen Sie die Situation?

Ulf-Peter Noetzel: Es stimmt, angesichts niedriger Rohstoffpreise und gefallener Wechselkurse gegenüber dem US-Dollar ist das Wirtschaftswachstum in dieser Region spürbar zurückgegangen. Viele Volkswirtschaften in Subsahara-Afrika sind übermäßig stark von Rohstoffen abhängig und haben es in Zeiten hoher Rohstoffpreise versäumt, die notwendigen strukturellen Anpassungen vorzunehmen. Das Jahr 2015 war für die Handelswirtschaft in dieser Region ein eher schwieriges Jahr.

Andreas Voss: Die Geschäftsentwicklung in großen Ölförderländern, wie beispielsweise Nigeria oder Angola, hat insbesondere im vergangenen Jahr gelitten. Positiv ist jedoch, dass wir Anzeichen einer Aufhellung sehen. So arbeiten Präsident Buhari und sein Kabinett in Nigeria intensiv daran, die nigerianische Wirtschaft unabhängiger von externen Entwicklungen zu machen, indem im Land eine höhere Wertschöpfung erzielt wird. Erste Resultate sind bereits sichtbar.

Können Sie uns ein konkretes Reformbeispiel geben und die Auswirkungen auf die Exportaktivität von deutschen Unternehmen beschreiben?

Voss: Die Einfuhrbedingungen für bestimmte Güter wie beispielsweise Reis, Zement, Margarine oder Fliesen wurden seitens der Central Bank of Nigeria Anfang Juli 2015 drastisch erschwert. So können diese Güter nicht mehr mit Devisen aus staatlichen Quellen refinanziert werden. Dies kann zu erheblichen Zahlungsverzögerungen seitens des Importeurs führen, wenn dieser nicht in der Lage ist, alternative US-Dollar-Quellen zu nutzen. In den Reformbestrebungen werden insbesondere Sektoren wie Landwirtschaft, das verarbeitende Gewerbe und infrastrukturelle Maßnahmen gefördert. Hier sehe ich für deutsche Unternehmen unverändert große Geschäftsmöglichkeiten.

Herr Voss, das Büro der Deutschen Bank in Lagos existiert seit über 40 Jahren. Wie unterstützen Sie und Ihre Kollegen deutsche Unternehmen, die in Nigeria Marktchancen suchen?

Voss: Die Deutsche Bank unterhält in Nigeria – und darüber hinaus in ganz Subsahara-Afrika –Geschäftsbeziehungen zu allen relevanten Geschäftsbanken und ist insbesondere im Bereich Handelsfinanzierungen aktiv. Aufgrund unserer langjährigen Präsenz im Markt verfügen wir über ein umfangreiches Korrespondenzbanknetzwerk in der Region und können somit unsere deutschen Kunden in dieses neue Terrain begleiten sowie in gewissem Umfang bei der Risikoeinschätzung unterstützen.

Welche Länder in Subsahara-Afrika stufen Sie momentan und mittelfristig als besonders attraktiv für deutsche Unternehmen ein?

Noetzel: Neben Nigeria und Südafrika als den beiden größten Märkten in Subsahara-Afrika sind sicherlich Kenia und Mosambik attraktiv für deutsche Exportaktivitäten. Nigeria ist angesichts der Dominanz hinsichtlich der Bevölkerungsanzahl und -entwicklung sowie dem nach wie vor hohen Bedarf an Sicherung der Grundbedürfnisse interessant. Kenia nimmt in Ostafrika eine herausragende Stellung ein und ist innerhalb der EAC (East African Community) die leistungsstärkste Volkswirtschaft. In Mosambik liegen die Importe und Exporte nach wie vor auf einem niedrigen Niveau. Die signifikanten Erdgasfunde sowie die erfolgreiche Förderung dieses Brennstoffes könnten dies jedoch dramatisch ändern. Der Investitionsbedarf im Bergbaubereich (Kohle und Erdgas) sowie im Infrastruktursektor wird für die nächsten zehn Jahre auf 50 bis 100 Mrd USD geschätzt (Quellen: Worldbank, Economist Intelligence Unit).

Was empfehlen Sie Unternehmen, die sich mit einem Markteintritt in Afrika beschäftigen? Ist der Zeitpunkt momentan richtig gewählt angesichts der schwierigen Marktumgebung in der sich einige Volkswirtschaften befinden?

Noetzel: Wir empfehlen in jedem Fall, sich weiterhin mit dem Kontinent zu beschäftigen. Auch wenn es kurzfristig Turbulenzen gibt, sind die Marktchancen in dieser Region unverändert groß. Nach unserer Meinung ist es wichtig, zwei Faktoren für nachhaltigen Erfolg immer zu berücksichtigen: Zum einen sollte man sich geographisch auf einzelne Regionen konzentrieren, da die Geschäftsgepflogenheiten auf dem Kontinent sehr stark variieren. Zum anderen bedarf es einer ausgiebigen Marktanalyse sowie ausreichend Zeit, um ein zuverlässiges Netzwerk aufzubauen. Dies ist notwendig, da die Marktkomplexität in vielen Teilen Subsahara-Afrikas hinsichtlich Informationsverfügbarkeit, Regulierung und Risikoabsicherung nach wie vor unverändert hoch ist.

Stichwort Risikoabsicherung: Bei einem Markteintritt in eine neue Region spielt die Sicherheit von Zahlungsströmen eine wichtige Rolle. Wie lassen sich Exporte nach Subsahara-Afrika am besten absichern?

Voss: Bei Exporten in die Region sind Zahlungsziele von 120 Tagen und mehr nicht unüblich. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen empfehlen wir Unternehmen, sich in jedem Fall gegen potentielle Risiken abzusichern. Häufig werden dazu Exportakkreditive genutzt, bei denen Banken eine Zahlung gegen Vorlage vereinbarter Dokumente garantieren. Zusätzlich hat die Bundesregierung die staatliche Deckungspolitik in der Region gelockert. Exportkreditgarantien gewinnen damit, insbesondere bei staatlichen Projekten, stark an Bedeutung. In jedem Fall sollten deutsche Unternehmen frühzeitig Kontakt mit ihrer Bank in Deutschland aufnehmen, um gemeinsam das geeignetste Sicherungsinstrument zu wählen.

Wir danken für das Interview!

Kontakt: ulf-peter.noetzel@db.com, andreas-a.voss@db.com

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