Die standardisierte Zahlungsverpflichtung oder BPO (Bank Payment Obligation) dürfte als Absicherungsinstrument im internationalen Handel an Bedeutung gewinnen. Doch wird sie das seit Jahrhunderten bewährte Dokumentenakkreditiv verdrängen? Wohl kaum, lautete die Einschätzung der Referenten auf der traditionellen Seminarveranstaltung der BHF-BANK und der Internationalen Handelskammer (ICC) Deutschland, die jährlich in Frankfurt am Main stattfindet.
Von Sylvia Röhrig, Redakteurin ExportManager, F.A.Z.-Institut
Die BPO sei eine Antwort der Banken auf die wachsende Bedeutung der offenen Handelsrechnung (Open Account), die 85% des internationalen Warenverkehrs abdecke, erläuterte Urs Kern von der SWIFT Germany GmbH, einem Anbieter von Finanznachrichten und plattformen im Besitz der Banken, den gut 100 Seminarteilnehmern. Auch der fortschreitende Aufbau länderübergreifender Produktionsnetzwerke und Handelsketten insbesondere zwischen Industrie und Schwellenländern spiegle sich in sogenannten Financial Supply Chains wieder und erfordere ein effizientes automatisiertes Zahlungssystem.
Im Unterschied zum Dokumentenakkreditiv baue die BPO auf dem elektronischen Abgleich der Daten von Käufern und Verkäufern auf, die diese ihren Banken zur Verfügung stellten. Der Datenabgleich erfolge auf einer von den Banken eigens dafür eingerichteten Plattform. SWIFT biete dafür Trade Supply Utility (TSU) an. Die standardisierte unwiderrufliche Zahlungsverpflichtung (BPO) durch eine Käuferbank und/oder eine dritte Bank zugunsten der Bank des Verkäufers werde nur fällig, wenn ein erfolgreicher Datenabgleich durch die Banken vorgenommen worden sei.
Einheitliches internationales Regelwerk für die BPO im April 2013 fertig
Banken seien mit der BPO in der Lage, ihren Firmenkunden in einem automatisierten Umfeld flexible Risikominderungs- und Finanzierungsdienstleistungen über die gesamte Lieferkette hinweg anzubieten. Neben der Effizienzsteigerung durch den automatisierten Datenabgleich falle vor allem die Steigerung der Flexibilität (Bank-an-Bank-Zahlungsverpflichtung anstatt Bank-an-Kunde-Zahlungsverpflichtung) in die Waagschale der Vorteile. Die BPO stehe aber nicht in Konkurrenz zum Akkreditiv, sondern sei als Ergänzung der Produktpalette zu betrachten. Bislang gebe es nur wenige Unternehmen und Banken, die die BPO nutzten. Doch die Nutzung werde bald steigen, weil die ICC bereits im April 2013 neue Richtlinien für die BPO verabschieden werde, die ab Mai 2013 in Kraft treten sollen.
Auch Edith Babuscio, Leiterin des Dokumentengeschäfts der BHF-BANK und Hauptreferentin des Akkreditiv-Seminars, erwartet, dass sich die BPO über kurz oder lang am Markt behaupten werde, wenn offene Fragen beantwortet und Zweifel aus dem Weg geräumt seien. Und sie befürchtet keine Konkurrenz zum Akkreditiv. Heute würden 15% des Welthandels über Akkreditive mit konstanter Tendenz abgewickelt. Angesichts der verbleibendenden 85%, die über offene Handelsrechnungen erfolgten, gebe es viel Raum für die BPO.
Babuscio, die im Verlauf des Seminars 27 Fallbeispiele im Umgang mit Akkreditiven mit den Teilnehmern besprach, wies darauf hin, wie wichtig es sei, die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA 600) zu verstehen. Denn auf der Importseite seien ca. 95% der Dokumente und auf Exportseite ca. 90% der Dokumente bei erster Vorlage bei den Banken nicht konform. Die Überarbeitung eines weiteren internationalen Regelwerks, der International Standard Banking Practice (ISBP 681) aus dem Jahr 2007, sei ebenfalls weit fortgeschritten und werde voraussichtlich im April 2013 durch die ICC verabschiedet. Die Revision soll im zweiten Halbjahr 2013 in Kraft treten. Ziel der Überarbeitung sei es, die Akzeptanz des Regelwerks bei den Banken weiter zu erhöhen. Die neue Version sei verständlicher formuliert und werde den Kunden helfen, Fehler und Abweichungen bei den Dokumenten zu minimieren.
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