Kurz nach den Kongresswahlen in den USA blickten die Redner der Transatlantischen Jahreswirtschaftskonferenz am 12.11.2014
auf den aktuellen Stand der Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Im Fokus stand die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP. In ihr sahen die Redner eine einmalige Chance für zusätzliches Wachstum in der EU und für eine ­Weichenstellung zur technologischen Weiterentwicklung der Industrie.

Von Gunther Schilling, Leitender Redakteur ­ExportManager, FRANKFURT BUSINESS MEDIA

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Die deutsche Industrie blickt mit Sorge auf die kritischen Stimmen in Europa und insbesondere in Deutschland, die das Abkommen zur Handels- und Investitionspartnerschaft mit den USA (TTIP) als Angriff auf Demokratie und Verbraucherrechte beschreiben. In seiner Eröffnungsansprache zur 8. Transatlantischen Jahreswirtschaftskonferenz wies BDI-Präsident Ulrich Grillo auf die Vorteile einheitlicher Standards und Zertifizierungen hin. In Sachen Produktqualität und Verbraucherschutz könne man von den USA noch lernen. Angesichts niedriger Energiekosten und einer großen Offenheit für neue Technologien hätten sich die USA laut der jüngsten Studie des World Economic Forums in Sachen Wettbewerbsfähigkeit von Rang 5 auf Rang 3 verbessert.
Die Veranstaltung, die das F.A.Z.-Institut gemeinsam mit der American Chamber of Commerce (AmCham) in Germany ausrichtete, widmete sich im achten Jahr erneut Kernthemen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den USA. Neben Handel und Investitionen diskutierten die rund 350 Teilnehmer Herausforderungen und Chancen der Industrie 4.0, der Digitalisierung, aber auch der Finanzmarktregulierung und der Wirtschaftssanktionen gegen Drittländer.

TTIP als einmalige Chance nutzen

In seiner Begrüßung hatte Bernhard Mattes, Präsident der AmCham Germany, bereits die Bühne thematisch vorbereitet. Er sprach von dem Potential, das TTIP für die nachhaltige Förderung der transatlantischen Beziehungen und den Welthandel habe. Auch im Hightechfeld Industrie 4.0 könne Deutschland vom transatlantischen Austausch profitieren. Ulrich Grillo griff dieses Thema auf und warnte davor, dass ein Verzicht auf TTIP bedeute, anderen die Gestaltung der Industrie 4.0 zu überlassen. So hätten sich die Pazifikanrainer gerade auf den Beginn von Freihandelsgesprächen im Rahmen der APEC geeinigt.
Auf dem Vormittagspanel „Handel und Investitionen – Säulen des transatlantischen Wachstums und Wohlstands“ äußerte Ferdinando Beccalli-Falco, Präsident und CEO von GE Europe sowie CEO von GE Germany, die Erwartung, dass TTIP einen ähnlichen Wachstumsschub wie die Erweiterungsrunden der EU auslösen könnte. Kasper Rorsted, Vorstandsvorsitzender von Henkel, forderte angesichts der vorherrschenden Kritik an TTIP Führungsstärke und überzeugende Visionen sowie Werbung für die positive Wirkung des Abkommens. Für die EU sei die Zusammenarbeit mit den USA angesichts schwachen Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit eine einmalige Chance.

Öffentliche Diskussion gestalten

Andreas Barner, Vorsitzender der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim, hatte zuvor die mangelnde Transparenz der Verhandlungen für die kritische Haltung der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht. In Zeiten digitaler Vernetzung und Kommunikation könne man Verhandlungen nicht ohne öffentliche Diskussion führen. Vor allem die Akzeptanz der Schiedsgerichte und die vermuteten Veränderungen beim Verbraucherschutz würden kritisiert, obwohl die beanstandete Schiedsgerichtsklausel eine deutsche Erfindung und Bestandteil vieler von Deutschland geschlossener Investitionsschutzabkommen sei.
Für die USA berichtete Dontai L. Smalls, President of Public Affairs von UPS, dass TTIP in Washington bekannt sei und positiv diskutiert werde. Auf dem Land sei
das Thema jedoch weitgehend unbekannt, und entsprechend gering sei die Unterstützung. Man müsse den Bürger und Verbraucher mit einfachen Argu­menten überzeugen. Er warnte davor, TTIP auf den Zollabbau zu reduzieren und eine Art „TTIP light“ zu verhandeln. Andere Player würden nur darauf warten, dass TTIP scheitere. Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung enthält die Website http://www.transatlantikkonferenz.de/de.

Kontakt: gunther.schilling[at]frankfurt-bm.com

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