In Großbritannien ist auch viereinhalb Jahre nach dem EU-Austritt vieles im Umbruch, zumal erst Anfang Juli wieder eine Unterhauswahl stattgefunden hat. Besonders betroffen vom Regel-Wirrwarr sind Export und Import. Wie man als deutsches Unternehmen gut auf die aktuellen Hürden vorbereitet ist.

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Ach ja, das Sorgenkind Großbritannien! Hatten Sie auch vor dem Brexit 2020 ein weitgehend sorgloses Leben und einen gesunden Absatzmarkt auf den Britischen Inseln genossen? Lange, lange ist das gefühlt her … Viereinhalb Jahre liegt der aufsehenerregende Austritt des Landes aus der Europäischen Union mit ihren verbliebenen 27 Mitgliedern mittlerweile bereits zurück. Dem Brexit vorausgegangen war eine Hängepartie mit vielen Abstimmungs-, Verhandlungs- und Regierungsrunden.

Manche Regelwerke sind schon vorab in Kraft getreten, für andere gab es immer wieder verlängerte Übergangsfristen. Nach einem solchen Zeitraum sollte sich eigentlich das meiste eingespielt haben, wenn sich der Wind nicht immer wieder neu drehen würde. Das hängt auch mit den vielen Regierungswechseln in London und den lange zähen Verhandlungen mit den EU-Institutionen in Brüssel zusammen. Haben sich die Lieferketten der hiesigen Unternehmen knapp fünf Jahre nach dem Brexit erholt und neu eingestellt?

Als deutsches Unternehmen, das auch im Nach-Brexit-Zeitalter seine Produkte nach Großbritannien verkaufen möchte, steht man weiter vor immer wieder neuen und unerwarteten Hürden, die infolge des Brexits aufgestellt werden. Bei den von Premierminister Rishi Sunak (Tories) ausgerufenen Neuwahlen Anfang Juli kehrte die Labour Party um Spitzenkandidat Keir Starmer nach fast 15 Jahren an die Macht im Unterhaus zurück.

Doch die klare Ablehnung gegenüber einer Rückkehr zur EU-Zollunion und dem europäischen Binnenmarkt dürfte auch künftig bestehen bleiben. Das bedeutet, dass die Notwendigkeit, Zollformalitäten korrekt zu erledigen, bis auf unbestimmte Zeit zu einem komplexen Unterfangen wird, bei dem sichergestellt werden muss, dass unsere Waren pünktlich und ohne Verzögerungen ankommen. Nach viereinhalb Jahren Brexit sind britische Zollagenten als Retter in der Not für viele deutsche Unternehmen noch immer sehr gefragt – sie verstehen die Feinheiten der Zollabwicklung in Großbritannien und können durch den bürokratischen Dschungel der britischen Zollbehörde HM Revenue and Customs (HMRC) führen.

Seit Juni gilt CDS-Regelwerk

Die richtigen Zolldokumente müssen vorbereitet und eingereicht werden, Zölle und Steuern korrekt berechnet und sichergestellt werden, dass alles den gesetzlichen Anforderungen des Cross Border Taxation Act 2018 entspricht. Aber der Prozess dahinter ist selbst mit externer Hilfe alles andere als einfach zu verstehen.

Mit der Einführung des neuen Customs Declaration Service (CDS) – für Exporte gilt dieser Standard nun auch seit Juni 2024 – müssen sich englische Zollagenten mit einer neuen Plattform vertraut machen, die das Ausfüllen und Einreichen von Zollerklärungen erfordert. Das bedeutet auch für hiesige Unternehmen, die weiterhin regelmäßig nach Großbritannien liefern wollen, wachsam zu bleiben und die richtigen Zolldokumente (Ausfuhrbegleitdokument, eine internationale Handelsrechnung, Packliste, Lizenzen, evtl. CMR-Frachtbrief oder Bill of Lading/AirwayBill usw.) bereitzuhalten. Nur so kann die Einfuhranmeldung auf englischer Seite korrekt abgegeben werden.

Das Problem der Incoterms

Und dann gibt es auch weiterhin das Problem mit den Incoterms. Für deutsche Unternehmen, die sich verpflichtet haben, Delivered Duties Paid (DDP, also geliefert, Zollabgaben und MwSt-Abgaben bezahlt) zu liefern, stellen sich große Herausforderungen. Denn ohne die Mitarbeit des Einführers oder die Nutzung eines indirekten Vertreters ist eine Einfuhr nach Großbritannien praktisch unmöglich. Dies kann weitreichende Folgen für Geschäftsbeziehungen haben.
Die Hürden mögen hoch sein, aber die Chancen sind es auch. Das Vereinigte Königreich mit seinen über 65 Millionen Einwohnern bleibt ein wichtiger Markt für Deutschland. Der Wert der Exporte lag im vergangenen Jahr immerhin wieder bei 78,5 Mrd EUR, auch wenn er damit noch rund 10 Mrd EUR vom Höchststand 2015 entfernt liegt. Das zeigt: Mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung können hiesige Unternehmen weiterhin erfolgreich nach Großbritannien exportieren. Die komplexen Zollvorschriften sollten also als Teil des Spiels betrachtet werden. Mit der richtigen Herangehensweise lassen sie sich meistern. Das Geschäft kann auf diese Weise sogar noch ausgebaut werden.

Wer vor ähnlichen Hürden steht, dem empfiehlt sich, frühzeitig mit einem erfahrenen Zollagenten zusammenzuarbeiten und sich über das neue CDS-System zu informieren. Es lohnt, sich in diese Themen einzuarbeiten und die richtigen Partner an seiner Seite zu haben. So kann der Handel über die Grenzen hinweg erfolgreich fortgesetzt werden. Es gibt sogar deutschsprachige Zollagenten, die in Großbritannien ansässig sind. Diese können helfen, die englischen Prozesse vollständig auf Deutsch nachzuvollziehen, was zusätzliche Sicherheit in puncto Regelkonformität gibt. In diesem Sinne sollte der Brexit als Chance gesehen werden, um sich weiterzuentwickeln und neue Wege zu finden, die Produkte grenzüberschreitend zu vertreiben.

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