Digitale Lösungen haben sich in der Pandemie bewährt. Für die Handelsfinanzierung boten Plattformlösungen schon zuvor eine neue Infrastruktur. Über den Aspekt der effizienten Abwicklung hinaus ist auch die Vermittlung von Angebot und Nachfrage ein bedeutendes Anwendungsfeld.
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Nach dem Einbruch des Welthandels und den daraus resultierenden Lieferschwierigkeiten steht der Aufbau leistungsfähiger Lieferketten auf der Agenda. Die Pandemie hat ebenso wie die Sperrung des Suez-Kanals gezeigt, dass Engpässe schnell und effizient überwunden werden müssen. Daten und digitale Plattformen liefern dafür die notwendigen Informationen und die für eine marktgerechte Lösung erforderliche Transparenz. Gerade zur Finanzierung des Handels leistet die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag.
Informationen und Markttransparenz fehlen
Wenn Nachfrage und Angebot nicht zueinanderfinden, muss das nicht immer am Preis liegen. Oft fehlt es an Informationen und der notwendigen Markttransparenz. Feste Bankbeziehungen führen bisweilen nicht zu einer Finanzierung, während unbekannte Anbieter auf ihrem Risikoappetit sitzen bleiben. Die Summe der abgelehnten Finanzierungsanfragen ist beträchtlich. Im Jahr 2019 schätzte die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) die globale Handelsfinanzierungslücke auf 1,5 Bill USD, aber unter dem Eindruck der Pandemie ist diese Zahl in die Höhe geschnellt. Eine neue Studie der Internationalen Handelskammer (ICC) schätzt, dass 1,9 bis 5 Bill USD notwendig sind, um auf dem Handelskreditmarkt das Niveau von 2019 wieder zu erreichen.
Berücksichtigt man diese Schätzung zusammen mit der von der ADB identifizierten Handelsfinanzierungslücke für 2019 in Höhe von 1,5 Bill USD, bedeutet dies, dass zwischen 3,4 und 6,5 Bill USD benötigt werden, um ausreichend Finanzierungen anbieten zu können. Der dadurch ermöglichte Handel ist u.a. eine Voraussetzung für die Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN von 2015.
Neue Finanzpartner erforderlich
Die veränderten Marktbedingungen für Handelsfinanzierungen wirken sich auch auf gute und teils seit vielen Jahren bestehende Geschäftsbeziehungen zwischen Exporteuren und ihren Hausbanken aus: Da sich möglicherweise die Kundenbonität der Abnehmer im Ausland verschlechtert hat oder die eigene Risikopolitik zu mehr Vorsicht bei der Vergabe von Lieferantenkrediten im Auslandsgeschäft rät, steigt einerseits der Absicherungsbedarf der Exportwirtschaft. Andererseits reduzieren Finanzinstitutionen aus verschiedenen Gründen ihre Linien auf bestimmte Risiken oder ziehen sich auch ganz aus Märkten oder Regionen zurück – eine tendenziell steigende Nachfrage trifft auf ein tendenziell sinkendes Angebot.
Aus diesem Grund sind Exporteure jeglicher Größenordnung und Branche immer wieder vor die Herausforderung gestellt, einen Finanz- und/oder Absicherungspartner außerhalb des eigenen Netzwerks zu identifizieren. Dies kann sich schnell als eine Suche nach der sprichwörtlichen „Nadel im Heuhaufen“ herauskristallisieren.
Marktplätze erhöhen Transparenz
In vielen Bereichen des Außenhandels halten neue Formen der Vermittlung von Angebot und Nachfrage Einzug. Virtuelle Plattformen bieten eine sichere Datenerfassung und -prüfung, die eine gezielte Angebotserstellung für Anfragen, z.B. aus den Bereichen Logistik, Finanzierung und Absicherung, ermöglichen.
Auch für die Vermittlung von Handelsfinanzierungen sind Plattformen verfügbar. So hat die Firma Mitigram eine Lösung entwickelt, die sich seit ihrer Einführung im Sommer 2020 sehr gut bewährt hat. Die Nutzer können sich über das Portal „Open Market Discovery“ auf die Suche nach passenden Finanzierungspartnern begeben. Sowohl Exporteure als auch Banken können die Plattform nutzen, um Angebote für die Absicherung und Finanzierung von Import- und Exportgeschäften einzuholen bzw. abzugeben. Sollten sich die Beteiligten einig werden, können diese Geschäfte auch über die Plattform abgeschlossen werden.
Während die Exporteure eine Vereinbarung mit Mitigram über die Nutzung der Plattform benötigen, können über dieses Medium alle Banken weltweit angesprochen werden, ohne dass diese der Plattform beigetreten sein müssen. Über den Marktplatz werden inzwischen monatlich Transaktionen im Volumen von 2,5 Mrd USD platziert. Über 200 renommierte Unternehmen und Banken zählen mittlerweile zum Kreis der Vertragspartner. Die registrierten Banken haben die Möglichkeit, auf der Plattform ihren Risikoappetit für bestimmte Geschäfte und Konstellationen zu hinterlegen, differenziert nach Regionen und Ländern, Risikoart oder dem Land des Firmensitzes des anfragenden Exporteurs.
Sollte nun der Exporteur von seinen Hausbanken kein oder kein passendes Angebot bekommen haben, kann er sich diejenigen Banken anzeigen lassen, die einen zu seiner Transaktion passenden Risikoappetit hinterlegt haben. Aus dieser Liste kann der Exporteur dann diejenigen Banken auswählen, die er um ein Angebot bitten möchte, und diesen die Anfrage über die Plattform zuleiten. Auf diese Art und Weise können sich Unternehmen auf Basis einer konkreten Geschäftsanfrage eventuell neue Bankbeziehungen erschließen.
Der Aspekt der neuen Geschäftsbeziehung macht den Marktplatz von Mitigram auch für Banken sehr attraktiv, der mit seiner speziellen Funktionalität einen Beitrag dazu leisten kann, die Handelsfinanzierungslücke zu schließen.
christian.zurcher@mitigram.com