Nach einem Brexit wird es beim Handel mit Großbritannien zu einigen neuen Genehmigungspflichten kommen: vor allem für Ausfuhren, für technische Unterstützung oder für das Brokering. Gleichwohl wird dies nicht zu übermäßigen Belastungen der Exportwirtschaft führen, da die EU und das BAFA rechtzeitig mit der Planung von entsprechenden Allgemeingenehmigungen (vor allem für den harten Brexit) begonnen haben.

Viele Exporteure fragen sich, zu welchen exportrechtlichen Folgen der Brexit führen wird. Drohen schwer zu bewältigende Risiken? Dies war auch Thema des Exportkontrolltags am 7. und 8. März 2019 in Berlin. Im folgenden Beitrag werden die Auswirkungen anhand von Grundfällen aufgezeigt.

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Ausgangsfall 1

Das Unternehmen D in Deutschland beliefert seinen langjährigen Kunden G in Großbritannien mit gelisteten Dual-Use-Gütern, und zwar mit Wälzlagern und Lagersystemen, die in 2A001 gelistet sind. Die Lieferungen erfolgen regelmäßig, etwa einmal pro Monat. Was ist vor und nach dem Brexit zu beachten?

Ausgangsfall 2

D in Deutschland liefert eine Auswuchtmaschine an G in Großbritannien noch vor dem Brexit. Die Maschine ist in 2B119 gelistet. Nach dem Brexit soll die Installierung/Montage erfolgen.

Ausgangsfall 3

D in Deutschland vermittelt Aufträge für seine Schwesterfirma G in Großbritannien. Die Dual-Use-Güter befinden sich in einem Lager von G in Großbritannien. G verkauft diese anschließend und exportiert sie an Kunden in Asien. Welche Exportregelungen muss D vor und nach dem Brexit beachten?

Brexit or no Brexit? Hard or soft? That’s the Question

Nach dem Referendum vom 23.06.2016 soll der Brexit (der Austritt Großbritanniens aus der EU) zum 30.03.2019 erfolgen. Zur Vermeidung eines harten (ungeregelten) Brexits haben die EU und die britische Regierung ein Austrittsabkommen ausgehandelt, das eine Übergangsphase bis zum 31.12.2020 vorsieht; nach diesem Abkommen würde Großbritannien bis zu diesem Datum weiterhin wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt. Ob es zu diesem soften (geregelten) Brexit kommt, ist aber unklar, da bisher die Zustimmung des britischen Parlaments fehlt. Es sind von daher jetzt folgende drei Szenarien denkbar:

  • softer Brexit zum 31.12.2020, falls das britische Parlament dem Austrittsabkommen zustimmt,
  • harter Brexit zum 30.03.2019 bzw. harter oder weicher Brexit zu einem etwas späteren Termin, falls britisches Parlament und EU einer Verlängerung zustimmen,
  • oder no Brexit (Exit vom Brexit), falls ein zweites Referendum erfolgt, in dem die Briten mehrheitlich für einen Verbleib in der EU stimmen.

Derzeit ist unklar, welches dieser drei Szenarien am realistischsten ist.

Mit einem Brexit verliert Großbritannien (das sind England, Schottland, Wales, Nordirland, die Kanalinseln und die Isle of Man) seinen bisherigen Status als EU-Mitgliedsland, so dass es bei Warenlieferungen dorthin nicht mehr um Verbringungen zwischen EU-Mitgliedern geht, sondern um Ausfuhren in Drittländer. Das hat einige exportrechtliche Konsequenzen, die nachfolgend beleuchtet werden sollen.

Lösung Ausgangsfall 1

Vor dem Brexit geht es um eine Verbringung zwischen EU-Mitgliedstaaten. Da es bei einem in 2A001 gelisteten Gut um kein Rüstungsgut und um kein in Anhang IV der Dual-Use-VO gelistetes Dual-Use-Gut geht, ist bisher für diese Verbringung nach Großbritannien keine BAFA-Genehmigung erforderlich.

Nach dem Brexit sind sämtliche Ausfuhrregelungen zu beachten, vor allem die für gelistete Dual-Use-Güter (Art. 3 Dual-Use-VO sowie § 8 Abs. 1 Nr. 2 AWV für nationale Dual-Use-Güter), für Rüstungsgüter (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 AWV) sowie die Catch-all-Klausel für nichtgelistete Dual-Use-Güter bei Anhaltspunkten für bestimmte sensitive Verwendungen (Art. 4 Dual-Use-VO und § 9 AWV), vgl. auch die Ausfuhrregelungen für Güter der Anti-Folter-VO 1236/2005 und der Feuerwaffen-VO 258/2012 (sie enthalten u.a. auch neue Genehmigungspflichten für das Brokering). Da das Gut hier in 2A001 gelistet ist, wird für diese Ausfuhr nach Großbritannien nach dem Brexit eine Ausfuhrgenehmigung des BAFA erforderlich.

Dies wäre nur dann anders, wenn Großbritannien tatsächlich in den Länderkreis der zulässigen Empfangsländer der EU-Allgemeingenehmigung EU001 aufgenommen würde. Das ist von der EU im Dezember 2018 vorgesehen worden, falls es zu einem harten Brexit kommen sollte. In diesem Fall könnte D dann die EU001 (ab wann?) nutzen, falls D die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen dafür (vorherige Registrierung, Verwendung des zutreffenden Atlascodes „X002/E01“ in Feld 44, halbjährliche Meldungen im Januar bzw. Juli) erfüllt. Weiterhin darf keine der Ausnahmen vorliegen, bei denen man die EU001 nicht nutzen darf (ein Gut nach Anhang IIg der Dual-Use-VO, Unterrichtung über eine sensitive Verwendung etc.); nur bei sehr wenigen Gütern nach Anhang IIg (z.B. bei einigen Kryptotechnikgütern) darf die EU001 nicht genutzt werden.

Eine weitere Änderung ist der Wegfall des Niederlassungsprinzips: Vor dem Brexit ist die nationale Exportbehörde desjenigen Landes zuständig, in dem sich entweder das Gut befindet oder in dem der Ausführer seine Niederlassung hat; bei Verbringungen zwischen Deutschland und Großbritannien können somit sowohl deutsche als auch britische Behörden je nach Niederlassung und Güterstandort zuständig sein. Nach dem Brexit wird für Lieferungen nach Großbritannien allein die nationale Exportbehörde zuständig sein, in deren Land sich die Güter gerade befinden. Sofern das Gut aus Deutschland ausgeführt werden soll, bedarf es somit künftig einer BAFA-Ausfuhrgenehmigung, selbst dann, wenn schon eine britische Ausfuhrgenehmigung vorliegt. Das BAFA beabsichtigt eine Bekanntmachung in der Form einer Allgemeinverfügung, wonach bereits erteilte Verbringungsgenehmigungen in Ausfuhrgenehmigungen umgewandelt werden sollen.

Lösung Ausgangsfall 2

Nach den §§ 49 ff. AWV ist eine technische Unterstützung in Drittländern durch einen Deutschen nur dann genehmigungspflichtig, falls Anhaltspunkte für eine sensitive Verwendung im Kontext mit ABC-Waffen und deren Träger (weltweit), für eine militärische Verwendung in einem EU-Waffenembargoland oder für eine Nuklearanlage in einem nuklear ­sensitiven Land bestehen. Zusätzlich bestehen entsprechende Genehmigungspflichten, falls die technische Unterstützung im Inland für entsprechende Ausländer erbracht wird.

Vor dem Brexit besteht somit keine Genehmigungspflicht, da Großbritannien kein Drittland ist. Nach dem Brexit wäre dies anders, falls solche Anhaltspunkte für eine der genannten sensitiven Verwendungen vorliegen: Dann wäre eine BAFA-Genehmigung hier erforderlich. Anders würde die Rechtslage aber wieder dann, wenn Großbritannien in den Länderkreis der Verwendungsländer für die EU001 aufgenommen würde. Denn in diesem Fall würde die Notwendigkeit der Genehmigung entfallen, falls die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und Ausnahmen für die EU001 beachtet werden.

Lösung Ausgangsfall 3

Es geht um ein Handels- und Vermittlungsgeschäft. Vor dem Brexit ist dies gegenüber Großbritannien nur genehmigungspflichtig bzgl. der Vermittlung und des Handels mit Rüstungsgütern durch Deutsche, wenn diese in EU-Waffenembargoländer verwendet werden sollten, sowie für bestimmte Kriegswaffen. Die zentralen Vorschriften (Art. 5 Dual-Use-VO und §§ 46, 47 AWV) setzen hingegen voraus, dass sich die Güter in einem Drittland befinden und von dort in ein anderes Drittland geliefert werden sollen. Da sich die Güter in Großbritannien befinden und dieses vor dem Brexit kein Drittland ist, ist nach den zentralen Vorschriften für das Handels- und Vermittlungsgeschäft keine Genehmigung erforderlich; und ein Brokering von Rüstungsgütern liegt nicht vor.

Nach dem Brexit würde eine Genehmigungspflicht (zusätzlich zum Brokering von Rüstungsgütern) dann bestehen, wenn es um gelistete Dual-Use-Güter geht, bei denen Anhaltspunkte für eine sensitive Verwendung im Kontext mit ABC-Waffen und Trägern (weltweit) bestehen. Sollten diese Voraussetzungen bestehen, wäre hierfür eine Genehmigung erforderlich. Das BAFA überlegt, ob es Großbritannien in den begünstigten Länderkreis der AGG 20 (für Handels- und Vermittlungsgeschäfte) aufnehmen will.

Resümee

Nach einem Brexit wird es beim Handel mit Großbritannien zu einigen neuen Genehmigungspflichten kommen: vor allem für Ausfuhren, für technische Unterstützung oder für das Brokering. Gleichwohl wird dies nicht zu übermäßigen Belastungen der Exportwirtschaft führen, da die EU und das BAFA rechtzeitig mit der Planung von entsprechenden Allgemeingenehmigungen (vor allem für den harten Brexit) begonnen haben. Zu nennen sind hier vor allem: Ausweitung des Länderkreises bei Allgemeingenehmigungen EU001 und AGG 20, wobei unklar ist, ob diese sofort ab dem Brexit zur Verfügung stehen werden. Klar ist aber, dass die deutschen Exporteure sich zu 100% sicher sein müssen, ob sie sämtliche Voraussetzungen dieser Allgemeingenehmigungen erfüllen bzw. ob es tatsächlich um solche gelisteten Güter geht und/oder ob für diese Hinweise auf sensitive Verwendungen bestehen. Die Notwendigkeit von EUCs wird steigen, und es wird mehr Fälle geben, bei denen Ausfuhrverantwortliche benannt werden müssen. Insgesamt werden die Complianceanforderungen steigen. Damit mehr Transparenz entsteht, wird das BAFA ab sofort auf seiner Homepage einen neuen Link zum Thema „Brexit“ einführen.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Brexit vor allem zollrechtlich zu einem Chaos an den Grenzen führen wird. 36 Gesetzgebungsprojekte der EU zum Brexit (zu Schiffsinspektionen, Luft- und Straßentransporten, Visa, Zollraten, technischen Standards, sozialen Rechten etc.) sind initiiert worden, wobei die meisten von ihnen noch nicht verabschiedet sind. Überlange Zollprozeduren an der Grenze sind von daher wahrscheinlich. Übrigens kann auch ein Ausscheiden Schottlands aus Großbritannien nicht ausgeschlossen werden. Wäre dann nicht ein zweites Referendum die beste Lösung? Wir meinen ja. Zumindest für Deutschland ist die EU alternativlos; wir denken: Auch Großbritannien wird dringend in der EU gebraucht und hätte durch die EU-Mitgliedschaft mehr Vorteile als bei einem Brexit.

Wegen aktueller Hinweise zum EU-Exportrecht vgl. HIER. Weitere Hinweise in Barowski, AW-Prax 2/2019.

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