Technische Unterlagen sind üblicherweise dann gelistet, wenn sie unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden können. Wenn sie hingegen als „Basic Engineering“ hierfür nicht geeignet sind, gibt es für ihren grenzüberschreitenden Transfer keine Exportrestriktionen. In letzter Zeit gab es allerdings Ansätze in der Exportpraxis, den Begriff der „technischen Unterstützung“ so weit auszudehnen, dass er auch den Transfer technischer Unterlagen erfasst.

Von Dr. Harald Hohmann, Rechtsanwalt und Partner, Hohmann & Partner

Hypothetischer Ausgangsfall

Das deutsche Unternehmen D hat im Jahr 2009 eine Basisplanung für eine inzwischen von Anhang VI der EG-Iran-Embargo-VO 961/2010 erfasste petrochemische Anlage an I, einen Kunden im Iran, übermittelt. In dieser Basisplanung war anhand entsprechender Datenblätter vorgesehen, dass die Anlage Dichtungen und Verschlüsse enthalten sollte, die damals in Anhang II und heute in Anhang IV der EG-Iran-Embargo-VO als genehmigungspflichtig gelistet sind. D hatte sich zuvor vom BAFA bestätigen lassen, dass diese technischen Datenblätter nicht gelistet waren, weil für die Entwicklung, Herstellung oder Verwendung der gelisteten Güter noch eine Detailplanung und Spezifizierung erforderlich war. Nachdem D diese technischen Unterlagen in den Iran geschickt hat, wird D darauf angesprochen, dass D möglicherweise unzulässigerweise „technische Hilfe“ nach Art. 5 Abs. 2a EG-Iran-Embargo-VO geleistet und somit einen Embargoverstoß begangen habe. Nach Art. 5 Abs. 2a EG-Iran-Embargo-VO (a.F. und jetzige Fassung) bedarf das unmittelbare oder mittelbare Erbringen von „technischer Hilfe“ im Zusammenhang mit Gütern oder Technologien nach Anhang IV (bzw. nach Anhang II in der a. F.) der Exportgenehmigung durch das BAFA. Dabei ist der für Embargoregelungen genutzte Begriff der „technischen Hilfe“ gleichbedeutend mit dem Begriff der „technischen Unterstützung“, der außerhalb von Embargoregelungen üblich ist.

Aus den Begriffsbestimmungen der Ausfuhrliste (AL) lässt sich entnehmen, dass „Technologie“ in der Form von „technischen Unterlagen“ oder „technischer Unterstützung“ erbracht wird. Zu den „technischen Unterlagen“ gehören vor allem: Pläne, Diagramme, Modelle, Konstruktionszeichnungen etc. Der Begriff der „technischen Unterstützung“ umfasst hingegen primär Dienstleistungen wie Reparatur, Entwicklung, Herstellung, Montage, Erprobung, Wartung sowie technische Unterweisungen, Beratungsleistungen oder sonstige Weitergabe praktischer Kenntnisse (vgl. § 4c Nr. 7 AWV).

Da D „technische Unterlagen“ in den Iran exportiert hat, sind die Regeln über die Güterausfuhr heranzuziehen: Nach Art. 3 Dual-Use-VO ist diese nur genehmigungspflichtig, wenn diese „Technologie“/technischen Unterlagen selber gelistet sind, und für den Iran-Export sind die spezielleren Regelungen der EG-Iran-Embargo-VO anzuwenden: Es sind die entsprechenden Lieferverbote bzw. Genehmigungspflichten zu beachten, falls die Technologie/die technischen Unterlagen in den Verbotsanhängen I, II, III oder VI bzw. im Genehmigungsanhang IV der EG-Iran-Embargo-VO gelistet sind. Da es hier nur um eine Basisplanung geht, ist dies nicht der Fall, weil diese technischen Unterlagen nicht unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden können, so dass sich hieraus kein Lieferverbot oder keine Genehmigungspflicht ergibt.

Bereits den Begriffsbestimmungen zur AL lässt sich entnehmen, dass die „technische Unterstützung“ u. U. auch die „Weitergabe von technischen Unterlagen“ umfassen kann. Wenn dieses weite Verständnis für die Auslegung von „technischer Unterstützung“ zugrunde gelegt wird, würde jeder grenzüberschreitende Transfer von technischen Unterlagen – häufig auch als Technologietransfer bezeichnet – zu-gleich eine „technische Unterstützung“ (bzw. im Embargokontext eine „technische Hilfe“) darstellen. Bei der „technischen Unterstützung“ entfällt aber die Prüfung, ob sie unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden kann.

Das Ergebnis wäre fatal, weil bei dieser Basisplanung der grenzüberschreitende Transfer von technischen Unterlagen nicht genehmigungspflichtig ist, während der gleiche Vorgang als „technische Unterstützung/technische Hilfe“ genehmigungspflichtig ist, weil hier das Korrektiv der Prüfung fehlt, ob die technische Unterstützung unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden kann. Nach dieser weiten Auslegung hätte D unmittelbar „technische Hilfe“ im Zusammenhang mit den in Anhang IV gelisteten Gütern erbracht, mit der Folge, dass dieser Iran-Transfer nach Art. 5 Abs. 2 EG-Iran-Embargo-VO genehmigungspflichtig ge-wesen wäre. Da dies ohne BAFA-Genehmigung geschah, hätte D einen Embargoverstoß begangen, wenn dieses weite Verständnis der „technischen Unterstützung/Hilfe“ anwendbar wäre.

Bereits eine systematische Auslegung spricht gegen diese Ausweitung des Begriffs der technischen Unterstützung/ Hilfe. Die Prüfung, ob schon ein Basisplan, ein FEED-Plan (Front-End Engineering Design) oder erst ein DE-Plan (Detailed Engineering) oder eine noch detailliertere Planung unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden kann, wird überflüssig, wenn schon jede Basisplanung immer als „technische Unterstützung/ Hilfe“ anzusehen ist, sofern die Pläne irgendwie im Kontext mit einem gelisteten Gut stehen. Dies spricht dafür, von der „technischen Unterstützung/Hilfe“ solche Tatbestände auszunehmen, die üblicherweise als Transfer „technischer Unterlagen“ angesehen werden, zumindest dann, wenn dieser Transfer wegen des Basischarakters der technischen Unterlagen nicht als genehmigungspflichtig angesehen wird. Ansonsten würden sich einander widersprechende Ergebnisse erreicht. Hinzu kommen verfassungsrechtliche Bedenken: So dürfte es mit dem Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit (Artikel 12 und Artikel 2 GG) und vor allem mit dem Bestimmtheitsgebot kaum vereinbar sein, wenn der Technologietransfer konturenlos genehmigungspflichtig wird. Dies gilt erst recht, wenn aus dieser Ausweitung die Begehung von Straftaten abgeleitet wird.

In seinem Leitfaden „Technologietransfer und Nonproliferation“ vom April 2011 hat das BAFA zum ersten Mal verdeutlicht, dass es grundsätzlich von einem Vorrang der Regelungen über den grenzüberschreitenden Transfer von technischen Unterlagen vor der „technischen Unterstützung“ ausgeht. Demnach richtet sich die Weitergabe von technischen Unterlagen ins Ausland allein nach den Regeln über den verkörperten Export mit der Folge, dass dieser nur dann genehmigungspflichtig ist, falls die technischen Unterlage unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden kann. Hierin soll nicht zugleich eine „technische Unterstützung/Hilfe“ gesehen werden, wenn der Schwerpunkt dieser Maßnahme in dieser Weitergabe von technischen Unterlagen ins Ausland liegt. Sofern allerdings in erheblichem Maße technische Dienstleistungen oder technische Beratungen hinzukommen, kann darin eine „technische Unterstützung/Hilfe“ gesehen werden.

Zurück zum Ausgangsfall

D brauchte keine Genehmigung für die Basisplanung, auch nicht deswegen, weil in der Anlage Dichtungen und Verschlüsse enthalten sein sollten, die nach Anhang IV (Anhang II a.F.) der EG-Iran-Embargo-VO genehmigungspflichtig sind. Denn er hat grenzüberschreitend „technische Unterlagen“ transferiert, die nicht unmittelbar für „Entwicklung, Herstellung oder Verwendung“ gelisteter Güter genutzt werden können, so dass es sich nicht um gelistete Technologie handelt. In diesem gleichen Tatbestand kann nicht zugleich eine genehmigungspflichtige „technische Unterstützung/Hilfe“ gesehen werden, weil dies als subsidiär hinter den vorliegenden Transfer von technischen Unterlagen zurücktritt. Nur wenn D in erheblichem Umfang – zusätzliche – technische Dienstleistungen oder Beratungen erbringen würde, läge eine genehmigungspflichtige „technische Hilfe“ vor. Da dies hier nicht der Fall war, hat D keinen Export- oder Embargoverstoß begangen. Durch die neue BAFA-Auslegung vom April 2011 wird verhindert, dass das exportrechtliche Ende des Technologietransfers droht!

Kontakt: harald.hohmann[at]hohmann-partner.com

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