Afrikas Finanzsysteme haben sich in den letzten 20 Jahren stetig weiterentwickelt. Sowohl kommerziellen Banken als auch Entwicklungsbanken kommt jedoch in ihrer zusätzlichen Rolle als Durchleiter der von den Regierungen aufgelegten Konjunkturpakete noch mehr Verantwortung zu. Sie müssen Hilfen kanalisieren und Finanzierungen für die Wirtschaft ermöglichen.
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Im Bereich der internationalen Handelsfinanzierung gibt es eine starke Nachfrage nach Kreditlinien durch afrikanische Banken für die Finanzierung von Akkreditiven zum Import von Waren und Dienstleistungen. Nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich die Aussichten auf eine schnelle Erholung des Welthandels verbessert, da der Warenhandel in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres schneller als erwartet expandierte. Nach neuen Schätzungen der WTO wird das Volumen des weltweiten Warenhandels im Jahr 2021 voraussichtlich um 8% steigen, nachdem es im Jahr 2020 um 5,3% gesunken war, und sich damit weiter von dem pandemiebedingten Einbruch erholen, der im zweiten Quartal des vergangenen Jahres seinen Tiefpunkt erreicht hatte.
Hoher Finanzierungsbedarf im Außenhandel
Laut einem aktuellen Bericht der African Development Bank (AfDB) und der African Export-Import-Bank (Afreximbank) beläuft sich der ungedeckte Bedarf an Handelsfinanzierungen nach einer konservativen Schätzung auf etwa 81,8 Mrd USD im Jahr 2019. Angesichts der Tatsache, dass der gesamte afrikanische Warenhandel im Jahr 2019 auf 1.031 Mrd USD und die globale Handelsfinanzierungslücke auf 1,5 Bill USD geschätzt wurden (Kim, Beck, Tayag, & Latoja: 2019 Trade Finance Gaps, Growth, and Jobs Survey, AD Briefs No. 113, September 2019: HIER), entsprach der ungedeckte Handelsfinanzierungsbedarf in Afrika fast 8% des gesamten Handelswerts der Region und 5,5% der globalen Handelsfinanzierungslücke. Allerdings macht Afrikas Handel nur 3% des Welthandels aus, daher ist sein Anteil an der globalen Handelsfinanzierungslücke unverhältnismäßig größer als der Anteil der Region am Welthandel.
Große regionale Unterschiede
Zwischen dem nördlichen, westlichen, zentralen, östlichen und südlichen Afrika bestehen regionale Unterschiede mit Blick auf die Entwicklung des jeweiligen Bankensektors, den Grad der Regulierung und die finanzielle Eingliederung sowie die Einfachheit der Geschäftsabwicklung. Dies liegt an den unterschiedlichen Profilen der einzelnen Volkswirtschaften, selbst innerhalb der Subregionen. In Westafrika bspw. lag das geschätzte Pro-Kopf-BIP im Jahr 2019 bei durchschnittlich 5.497 USD (zu Kaufkraftparitäten, PPP) und reichte von 1.106 USD in Niger bis zu 6.055 USD in Nigeria. Dies muss also bei Finanzierungslösungen für die jeweiligen Länder und Regionen berücksichtigt werden. Ein verbindendes Element ist jedoch das Afrikanische Kontinentale Freihandelsabkommen (African Continental Free Trade Area, AfCFTA), mit dem seit Januar 2021 der größte Freihandelsblock der Welt geschaffen wurde: ein einheitlicher Markt mit 1,2 Milliarden Menschen und einem gemeinsamen BIP von 2,5 Bill USD.
Expansion im Bankensektor
Angesichts der sich allgemein verbessernden wirtschaftlichen Bedingungen in den meisten afrikanischen Ländern befinden sich die meisten Bankengruppen im Expansionsmodus, meist dank organischem Wachstum, aber auch aufgrund von panafrikanischen Greenfield- und Brownfield-Investitionen. Die Gruppen planen, ihre Kreditbücher zu erweitern, wobei sie jetzt die verarbeitende Industrie und die Landwirtschaft als ihre wichtigsten sektoralen Schwerpunkte identifizieren.
Eine Umfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) unter afrikanischen Finanzinstituten aus dem Jahr 2020 ergab, dass diese die Nachfrage nach Krediten in lokaler Währung als schneller wachsend wahrnehmen, was auf die Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Volatilität der Wechselkurse und den Abwertungsdruck zurückzuführen ist. Allerdings berichten die Bankengruppen auch von Plänen, Mittel in US-Dollar aufzunehmen. Mehr als die Hälfte der Bankengruppen gibt an, dass sie in gewissem Maße wahrscheinlich Mittel in Euro aufnehmen werden. Einige wenige Bankengruppen haben in der Vergangenheit Eurobonds emittiert, aber die gängigsten Finanzierungskanäle für afrikanische Banken sind kurz- und langfristige Handelsfinanzierungen.
Kurzfristige Handelsfinanzierungen
Ein wichtiges Element der Handelsfinanzierung mit afrikanischen Banken ist die Bereitstellung von Anschlussfinanzierungen für die Zeit nach der Bezahlung des Exporteurs. Insbesondere in Ländern mit Problemen bei der Devisenliquidität werden Anschlussfinanzierungsfristen von bis zu 270 Tagen nachgefragt, abhängig von den zugrunde liegenden Parametern. Damit können Banken die Zeit überbrücken, in der sie auf die Devisenzuteilung durch die Zentralbanken oder aus alternativen Quellen warten.
ODDO BHF hat langjährige Erfahrung in der Begleitung von Exporteuren aus verschiedenen Sektoren auf Märkten in ganz Afrika. Die Bank ist in über 35 Ländern des Kontinents aktiv, verfügt über ein Netzwerk von über 150 Korrespondenzbanken und ist dafür bekannt, maßgeschneiderte kurzfristige Handelsfinanzierungen in Nischenmärkte anzubieten.
Vor Kurzem wurde bei ODDO BHF mit der Einführung einer eigenen Trade Origination Platform (TOP) die Digitalisierung der Geschäftsanbahnung angestoßen. Banken haben die Möglichkeit, mithilfe der Plattform auf effiziente Weise einen Preisfindungsprozess durchzuführen. Als standardisierter digitaler Prozess bietet das Tool einen vollständig transparenten Arbeitsablauf für Akkreditive und hilft, die Sichtbarkeit der Banken zu erhöhen. Zudem bietet es Zugang zu weiteren, in die Anwendung eingebetteten Hilfsmitteln.
Handelsfinanzierung mit „Export Credit Agencies“
Neben der kurzfristigen Handelsfinanzierung liegt ein weiterer Schwerpunkt der Finanzierung mit afrikanischen Banken auf langfristigen Finanzierungen mit Export Credit Agencies (ECA). Der Bedarf an Kapitalgütern in Afrika ist sehr groß und es gäbe großes Potenzial für ECA-gedeckte Bestellerkredite, wenn nicht die Herausforderung hinsichtlich der Höhe der Transaktionen und der Unternehmensgröße bestünde.
Ganz zu lösen ist diese Herausforderung vonseiten der kommerziellen Banken nicht, jedoch können ab einer gewissen Größenordnung ECA-gedeckte Bank-zu-Bank-Finanzierungen infrage kommen. Eine solche Struktur, vor allem mit Blick auf die Verwirklichung von kleineren Geschäften, wird von Euler Hermes sehr begrüßt. Die Mindestbeträge für ECA-Transaktionen (on-lending und direct lending) differieren von Bank zu Bank.
Als Struktur kommt neben dem klassischen Bestellerkredit auch die Akkreditivbestätigungsrisikoabdeckung für hauptsächlich reine Liefergeschäfte infrage, vor allem für Transaktionen mit einer kurzen Gesamtlaufzeit. Im Rahmen dieses Produktes können im Fall einer Hermesdeckung Gesamtlaufzeiten von maximal fünf Jahren (Kreditlaufzeit) plus einem Jahr (Bestätigungszeitraum) dargestellt werden. Es können sowohl Sichtakkreditive mit Anschlussfinanzierungen als auch Nachsichtakkreditive abgesichert werden.
Aber auch bei größeren Transaktionen ist oft ein direkter Bestellerkredit aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Importeurs nicht darstellbar. In diesen Fällen besteht – neben der Zusammenarbeit mit einer im Land des Importeurs ansässigen Bank – die Möglichkeit, eine multilaterale Bank einzuschalten. In diesem Bereich arbeitet ODDO BHF mit der African Export-Import Bank (Afreximbank), ECOWAS Bank for Investment and Development (EBID) und The Eastern and Southern Africa Trade & Development Bank (TDB).
Die Afreximbank ist eine panafrikanische multilaterale Finanzinstitution mit dem Ziel, den inner- und außerafrikanischen Handel zu finanzieren und zu fördern und die Industrialisierung in Afrika voranzutreiben. Die EBID mit Sitz in Lomé, Togo, ist die regionale Entwicklungsbank der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Ihr Ziel ist es, Investitionen und Projekte in ihren 15 Mitgliedstaaten im privaten und öffentlichen Sektor zu finanzieren und zu fördern.
Die TDB ist eine multilaterale Finanzinstitution für Handel und Entwicklung im östlichen und südlichen Afrika. Sie finanziert und fördert den Handel, die regionale wirtschaftliche Integration und die nachhaltige Entwicklung durch Handelsfinanzierung, Projekt- und Infrastrukturfinanzierung, Assetmanagement und Unternehmensberatung.
Die Einschaltung von multilateralen Banken wie der Afreximbank und der TDB hat zudem den Vorteil, dass diese über eine Sonderklassifizierung im Rahmen des OECD-Konsensus verfügen und demzufolge das ECA-Entgelt geringer ausfällt als bei lokalen Unternehmen/Banken. Gerade bei Ländern in der Länderkategorie 7, aber auch bei Ländern in der Kategorie 6 führt dies zu einer substanziellen Reduzierung des Entgelts.
Auch in Bezug auf Anzahlungsfinanzierungen können afrikanische und/oder multilaterale Banken eingebunden werden, wobei eine Finanzierung von vielen Faktoren abhängt. Bei Anzahlungen im Zusammenhang mit Infrastruktur- und strategischen Projekten wäre – wie bereits seit Längerem von der ECA-Community gefordert – eine Kombination von Elementen der Entwicklungsförderung und einer Hermes-Deckung äußerst hilfreich.
Fazit
Abschließend ist festzuhalten, dass die Zusammenarbeit sowohl mit lokalen als auch mit multilateralen Banken und die Bereitschaft, sich auch kleinere Geschäfte anzuschauen, dazu beitragen, die deutsche Exportwirtschaft zu unterstützen. Ein langer Atem ist teilweise nötig, aber letztlich zählt das Ergebnis.
birgit.schultheis@oddo-bhf.com