Mit Einführung der Forfaitierungsgarantie sollte dem Ziel Rechnung getragen werden, den Fokus der staatlichen Exportförderung auf KMU zu legen. Welche Erfahrungen konnten Exporteure und Banken schon sammeln?

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Im Kampf gegen die Inflation wurde 2022 das Ende der Nullzinsphase eingeläutet. Lag die Teuerungsrate 2022 noch bei 6,9%, konnte sie durch das gestiegene Zinsniveau gesenkt werden – das ifo-Institut rechnet für 2024 mit einer Inflationsrate von 2,7%. Die gestiegenen Zinsen haben einen weiteren Effekt: Bis zur Zinswende konnten sich Unternehmen zu günstigen Finanzierungskosten Liquidität am Markt beschaffen. Diese kostengünstige Liquidität wurde und wird dem Markt nun entzogen. Dazu kommen die geopolitischen Spannungen, die auf die Unternehmen einprasseln. Ganz zu schweigen von einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit im globalen Kontext. Deutschlands Anteil am globalen Export ist seit 2011 rückläufig, während der chinesische Anteil stetig zunimmt. Auf dem Weltmarkt müssen sich deutsche Unternehmen verstärkt chinesischen Wettbewerbern stellen.

Exportkreditgarantien des Bundes sind ein wichtiges Instrument der Bundesregierung, um die deutsche Wirtschaft gerade in unsicheren Zeiten in ihren weltweiten Aktivitäten zu unterstützen und das, wie im Koalitionsvertrag der Bundesregierung explizit verankert, auch mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Mit der Einführung der Forfaitierungsgarantie zum 1. Juli 2023 sollte diesem Ziel Rechnung getragen werden. Welche Praxiserfahrungen konnten Exporteure und Banken bislang mit dem neuen Produkt sammeln? Ist die Forfaitierungsgarantie die Lösung für kleinvolumige Exportfinanzierungen, sog. Small Tickets, und ist es wirklich ein Produkt, das den Mittelstand unterstützt? Wirtschaftsförderung gerade in Krisenzeiten, dafür sind die Instrumente der Exportkreditgarantien da. Für Mittelständler ist es essenziell, ihren Finanzierungsmix hinsichtlich Kosten und Risiko passgenau zu bestimmen. Die Forfaitierungsgarantie des Bundes soll die bisherige Lücke im Small-Ticket-Segment schließen.

Wie funktioniert das Produkt?

Verkaufen Exporteure ihre Ware ins Ausland, sind sie häufig wettbewerbsfähiger, wenn sie dem Abnehmer ein Zahlungsziel gewähren. Das Risiko, dass der Käufer aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht bezahlt, kann der Exporteur über die etablierte Lieferantenkreditdeckung vom Bund absichern lassen. Auch wenn damit die Ausfallrisiken abgesichert sind, muss der Exporteur immer noch bis zum Zahlungsziel auf die Bezahlung durch den Käufer warten. Um diese Liquidität zeitnah zu erhalten, kann er die Forderung an seine Bank verkaufen. Allerdings zeigt die Praxis, dass die von den Banken angebotenen Konditionen nicht immer attraktiv waren.

Ein Grund dafür: Die Banken sind nicht direkter Deckungsnehmer der Lieferantenkreditdeckung und profitieren somit aus regulatorischen Gründen nicht von einer günstigen Refinanzierung. Zudem waren und sind nicht alle Forderungsankäufe in ihrer Ausgestaltung „True Sale“-fähig, d.h., dass die Forderung in der Bilanz des Exporteurs verbleibt. Bei einem „True Sale“-fähigen Forfaitierungsvertrag gehen sämtliche politischen und wirtschaftlichen Risiken des Importeurs auf die Bank über. Die in der Sphäre des Exporteurs liegenden Veritätsrisiken verbleiben auch nach dem Forderungsankauf beim Exporteur.

Forfaitierungsgarantie für Geschäfte bis 10 Mio EUR

Neu ist, dass Exporteure für Geschäfte bis 10 Mio EUR zusätzlich die Forfaitierungsgarantie (FFG) beantragen können. Wie funktioniert und wirkt die Kombination dieser beiden Deckungen? Der Exporteur profitiert weiterhin von der Absicherung seiner politischen und wirtschaftlichen Risiken mittels Lieferantenkreditdeckung – die Forfaitierungsgarantie wird nunmehr on top zugunsten der Banken draufgesetzt. Die FFG deckt das Veritätsrisiko – also bspw. das Risiko, dass die Forderung rechtlich nicht existent und durchsetzbar ist – in Höhe von 80% der angekauften Forderung ab. Dies ermöglicht es den Banken, wenigstens für einen Betrag in Höhe von 80% der angekauften Forderung eine günstigere Refinanzierung zu erhalten.

Der Blick der Bankenseite ist nur die eine Seite der Medaille. Die wichtigere Seite ist die des Exporteurs: Ist die Forfaitierungsgarantie ein praxistaugliches Produkt, das Liquidität sowie einen Bilanzabgang der Exportforderung beim Exporteur schafft? Und was sind die Herausforderungen für die Exporteure?

Es werden gute Kenntnisse des Instrumentariums der Exportkreditgarantien gefordert. Seit Einführung der FFG werden nur erfahrene Exporteure zugelassen, die über ausreichend Erfahrung mit dem Hermes-Instrumentarium und mit Exportgeschäften im Importland verfügen. Letztere müssen dabei zuvor nicht zwingend über Euler Hermes abgesichert worden sein. Der Exporteur ist Antragsteller der Forfaitierungsgarantie und muss sich um die Beschaffung der Bonitätsunterlagen (Bilanzen, Büroauskunft, Firmenregisterauszug etc.) kümmern.

Fragen von Euler Hermes zum Importeur muss der Exporteur, wie bei der reinen Lieferantenkreditdeckung auch, Euler Hermes gegenüber unmittelbar beantworten. Da die ankaufende Bank, unabhängig von der Prüfung durch Euler Hermes, selbst eine vollumfängliche Bonitäts- und KYC-Prüfung durchführen muss, benötigt die Bank diese Unterlagen ebenfalls. „Die FFG erfüllt aus Exporteurssicht alle Voraussetzungen, um die Liquidität und den ‚True Sale‘ eines Exportgeschäftes zu erhalten“, erklärt Ralf Steger, Leiter Global Financial Services bei der Heidelberger Druckmaschinen AG: „Die enge Abstimmung der Exporteure mit ihren Banken ist dabei entscheidend, um die durchaus komplexen Herausforderungen zu meistern.“

Attraktives Instrument für den Mittelstand?

„Bei all den Vorteilen, die die Forfaitierungsgarantie für deutsche Exporteure mit sich bringt, sind die damit verbundenen Kosten nicht unerheblich“, sagt Stefanie Schwankner, Manager Export Finance & Accounts Receivable der Windmöller & Hölscher KG, eines Maschinenbauspezialisten für die Herstellung und Verarbeitung flexibler Verpackungen. Neben den Forfaitierungskosten gegenüber der Bank, die im Vergleich zu Geschäften ohne FFG günstiger würden oder mindestens gleichbleiben dürften, werde die Hermes-Deckung deutlich teurer. „Denn zum einen kann man nicht von den Vorteilen des ‚Click & Cover‘-Produkts für Small Tickets profitieren, das u.a. auf eine Antragsgebühr verzichtet“, so Schwankner. Zum anderen richte sich das Risikoentgelt nicht nach der Bonität des Exporteurs, sondern vielmehr nach der Bepreisung des Kundenrisikos. Insgesamt werde die Deckung dadurch um ca. 5 bis 10% teurer. Inwiefern es Windmöller & Hölscher gelingen werde, diese Kosten an die Kunden weiterzugeben, bleibe abzuwarten.

Momentan läuft eine dreijährige Pilotphase der Forfaitierungsgarantie, in welcher die Bundesregierung das neue Produkt erproben möchte. Nach rund einem halben Jahr wurden bislang knapp zwei Handvoll an FFG vom Bund genehmigt. Allerdings können die Exportforderungen von den Banken erst angekauft werden, sofern die Betriebsbereitschaft der verkauften Güter erreicht ist – dies ist vielfach noch nicht der Fall.

Problem des langen Zeitraums zwischen Auslieferung und vollständiger Inbetriebnahme

Auch Jasmin Damann, Contract Manager bei der westfälischen Thies GmbH & Co. KG, berichtet von ihren Erfahrungen mit dem Instrument der Forfaitierungsgarantie: „Vom Zeitpunkt der Auslieferung bis zur vollständigen Inbetriebnahme beim Besteller können im Maschinen- und Anlagenbau viele Monate vergehen. Losgelöst von den mitunter längeren Transportzeiten hat der Exporteur nur bedingt Einfluss auf den Prozess der Entzollung, den Transport zum Zielort und die bestellerseitige Schaffung der notwendigen Bedingungen zur finalen Inbetriebnahme.“ Vor diesem Hintergrund, so Damann weiter, wäre es wünschenswert, wenn der Forderungsankauf an das B/L-/CMR-Datum, also das Datum der Bill of Lading (B/L) bzw. das Datum nach der Internationalen Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen (CMR), gekoppelt werden könne, bzw. Pro-Rata-Zahlungen möglich wären. Auf diese Weise würde der Mechanismus der Forfaitierungsgarantie noch mittelstands- und praxisnäher gestaltet werden.

Die beschriebenen Herausforderungen können noch zu Änderungen führen. Denn Ziel der FFG soll ja sein, dass der Exporteur zeitnah Liquidität erhält und nicht auf teils langfristige Zahlungsziele warten muss. Damit kann der Exporteur seinem ausländischen Kunden attraktivere Zahlungsbedingungen einräumen, was seine Position im internationalen Wettbewerb stärkt. Wir als LBBW haben alle internen Voraussetzungen für einen Forderungsankauf mit einer Forfaitierungsgarantie geschaffen und sind sozusagen „ready to go“.

frank.schmitz[at]lbbw.de

www.lbbw.de

Aktuelle Beiträge

Cookie-Einwilligung mit Real Cookie Banner