Welche Auswirkungen hat es, wenn in Gütern, die ein deutscher Hersteller für seine Produktion benötigt, geringe Mengen eines kubanischen Rohstoffs enthalten sind: Führt das bei einem entsprechendem US-Nexus immer zu einem Handelsverbot oder nur dann, wenn eine De-minimis-Grenze überschritten ist?

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Ausgangsfall: D in Deutschland stellt Akkus für Pkw her. Hierzu bezieht D Kathodenmaterial bzw. Kathoden von P aus Polen, die made in Poland sind. P informiert D darüber, dass ihn sein Rohstoff-Lieferant zu seiner Überraschung darüber aufgeklärt hat, dass das für die Kathoden gelieferte Kobalt aus Kuba stammt. Der Wertanteil des Kobalts beträgt wie folgt: an den Kathoden 5%, an den Akkus 0,5% und an Fahrzeugen, in die die Akkus verbaut werden, weniger als 0,1%. Die Akkus werden an einen europäischen Autohersteller geliefert, dessen Fahrzeuge z.T. in den USA verkauft werden sollen. D ist keine US-Person. Welche Pflichten hat D selbst bzw. gegenüber den Kunden im Hinblick auf das US-Kuba-Embargo?

Abwandlung: Was ändert sich, wenn der Geschäftsführer von D Greencard-Inhaber ist?

Zum US-Kuba-Embargo

Gemeinsam mit dem US-Nordkorea-Embargo gehört das US-Kuba-Embargo zu den ältesten US-Embargos (vgl. unsere Beiträge in Ausgabe 5/2015, S. 20 ff. und 9/2019, S. 18 ff.). Insgesamt kann man sagen, dass nur vier der US-Embargos als Totalembargo konzipiert sind: die Embargos gegen Kuba, Iran, Nordkorea und gegen die besetzten Gebiete der Ukraine, während die Embargos gegen Irak, Syrien, Belarus sowie Ukraine/Russland als Teil­embargos bezeichnet werden können. Das US-Kuba-Embargo ist durch ein verwirrendes Nebeneinander von OFAC-Embargo-Regelungen und von Embargo-Regelungen in den EAR (Export Administrative Regulations) gekennzeichnet. Aufgrund seiner älteren Konzeption verwendet das US-Kuba-Embargo eine weitere Begrifflichkeit als die „US-Person“, nämlich die „Person unter US-Jurisdiktion“. Dieser Begriff umfasst neben US-Personen auch Personen, die im Eigentum oder unter Kontrolle einer US-Person stehen.

Lösung Ausgangsfall

Nach § 515.204 CACR (Cuban Assets Control Regulations) ist es „Personen unter US-Jurisdiktion“ (ohne US-Genehmigung) verboten, Waren außerhalb der USA zu kaufen, sie einzuführen oder auf andere Weise mit ihnen zu handeln bzw. sich an Transaktionen in Bezug auf sie zu beteiligen, wenn diese Waren kubanischen Ursprungs sind. Der Rohstoff Kobalt ist kubanischen Ursprungs.

Auswirkungen für D: Wäre D eine US-Person oder eine Gesellschaft im Eigentum oder unter Kontrolle einer US-Person, wäre es ihr (ohne US-Genehmigung) nicht nur verboten, dieses Kobalt aus Kuba einzukaufen bzw. Handel mit ihm zu treiben: Dann dürfte D sich auch nicht an Transaktionen beteiligen, bei denen dieser kubanische Rohstoff irgendwie beteiligt ist, selbst in kleinsten Mengen. Da eine De-minimis-Grenze fehlt, reicht es schon, wenn dieser kubanische Rohstoff in Mengen von weniger als 0,1% enthalten ist, um dieses Handelsverbot auszulösen. Anders als in einer entsprechenden Vorschrift im US-Iran-Embargo fehlt auch eine Ausnahme für einen Einbau, der zu einer wesentlichen Transformation des Gutes führt.

Da D keine „Person unter US-Jurisdiktion“ ist, braucht sie dieses Handelsverbot nicht zu beachten. Sie kann die bisher gelieferten polnischen Kathoden weiter verbrauchen und die bereits produzierten Akkus sowie die damit bestückten Pkw können an Kunden geliefert werden – bzgl. Kunden in den USA bzw. Kunden „unter US-Jurisdiktion“ gibt es allerdings Vorsichtsregelungen zu beachten.

Auswirkungen für die Kunden von D:
Für Kunden von D ändert sich die Lage dann, wenn diese US-Personen sind oder Personen, die im Eigentum oder unter Kontrolle einer US-Person stehen. Es ist davon auszugehen, dass Kunden in den USA diese Voraussetzungen in der Regel erfüllen werden. Dann dürfen keine Akkus an sie verkauft werden, sofern diese den kubanischen Rohstoff enthalten – egal, wie gering der Anteil ist.

Da die US-Kunden bei Akkus Made in Germany keine Anhaltspunkte dafür haben, dass diese den kubanischen Rohstoff enthalten, bedeutet dies, dass D verpflichtet ist, seine Kunden (v.a. in den USA) darauf hinzuweisen, dass diese Akkus geringe Mengen kubanischen Kobalts enthalten, sodass ihr Kauf oder Verkauf durch eine US-Person oder durch Personen, die im Eigentum oder unter Kontrolle einer US-Person stehen, einen Verstoß gegen das US-Kuba-Embargo darstellen. Würde D diesen Hinweispflichten nicht nachkommen, besteht das Risiko, dass ihr vorgeworfen werden könnte, sie habe einen solchen Embargoverstoß durch US-Kunden verursacht.

Lösung Abwandlungsfall

Da hier der Geschäftsführer von D als Greencard-Inhaber eine US-Person ist, könnte argumentiert werden, dass D (im Eigentum oder) unter Kontrolle einer US-Person steht. Dann wäre D als „Person unter US-Jurisdiktion“ anzusehen – mit der Folge, dass sie die bisher gelieferten polnischen Kathoden wegen der enthaltenen geringen Mengen an kubanischem Rohstoff nicht weiter verbrauchen darf und aus gleichem Grund auch die bereits produzierten Akkus oder die damit bestückten Autos nicht mehr an Kunden verkaufen darf.

Resümee

Sobald in Gütern, die ein Hersteller für seine Produktion benötigt, ein kubanischer Rohstoff enthalten ist, führt das in bestimmten Konstellationen – nämlich dann, wenn eine US-Person oder eine Person, die im Eigentum oder unter Kontrolle einer US-Person steht, beteiligt ist – zu einem umfassenden Handelsverbot bzgl. aller hergestellten Güter, in denen dieser kubanische Rohstoff enthalten ist. Rechtlich problematisch ist die Unverhältnismäßigkeit dieser Regelung des US-Kuba-Embargos, weil sie weder eine De-minimis-Grenze noch die Regel der substantial transformation kennt. Unseres Erachtens gehen diese Konsequenzen viel zu weit, wie dieser Fall zeigt: Selbst die Autos, in denen der kubanische Rohstoff einen Wertanteil von weniger als 0,1% ausmacht, dürfen wegen der darin enthaltenen geringen Mengen eines kubanischen Rohstoffs nicht mehr verkauft werden, durch eine „Person unter US-Jurisdiktion“ oder an eine „Person unter US-Jurisdiktion“. Das bedeutet, dass selbst kleinste Mengen eines kubanischen Rohstoffs ohne eine US-Genehmigung einen hohen wirtschaftlichen Schaden bzgl. aller hiermit hergestellten Güter verursachen können.

Wir sind der Meinung, dass hier das dringende Bedürfnis nach Rechtsklarheit besteht und dass diese Regelung in zweifacher Weise geändert oder restriktiv angewandt werden sollte: Erstens sollte eine De-minimis-Grenze für Kleinmengen gelten, und zweitens sollte ein Rechtsverstoß dann ausscheiden, wenn es durch den Einbau des Rohstoffs in ein Gut zu einer Umwandlung gekommen ist, sodass ein neues Gut vorliegt. Wir haben dies zum Anlass genommen, eine entsprechende Advisory Opinion beim OFAC zu beantragen, damit diese unverhältnismäßige Regelung entsprechend restriktiv interpretiert werden kann.

Wegen aktueller Hinweise zum US-Exportrecht vgl. HIER und zum EU-Exportrecht vgl. HIER

info@hohmann-rechtsanwaelte.com

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