Die Bemühungen der USA, eine Vormachtstellung Chinas und seines militärisch-industriellen Komplexes zu verringern, haben im November 2020 zu den CCMC(Communist Chinese Military Companies)-Sanktionen der USA geführt, die jetzt in die CMIC(Chinese Military-Industrial Complex Companies List)-Sanktionen umbenannt wurden. Was bedeuten diese schwer verständlichen US-Sanktionen für den internationalen Handel mit China?

Beitrag in der Gesamtausgabe (PDF)

Ausgangsfall: D (ein Elektronikhersteller) in Deutschland hat vor, sein Geschäft auf den chinesischen Markt auszuweiten. Aus diesem Grunde ist D auf der Suche nach einem chinesischen Partner, um einen einfacheren Einstieg in den Markt China zu haben. Die Panda Electronics Group Co. (nachfolgend Panda oder C) ist interessiert, mit D das Joint Venture JV zu gründen. An diesem würden D und C jeweils 50% der Anteile halten. Der von D zu leistende Beitrag würde weder gelistete Waren noch gelistete Technologie berühren. Der US-Wertanteil der von D zu liefernden Waren liegt deutlich unter der De-minimis-Schwelle. Hinsichtlich der involvierten Güter wäre daher eine Ausfuhrgenehmigung Deutschlands bzw. der USA nicht erforderlich. Zu prüfen ist aber noch, ob personenbezogene Beschränkungen bestehen können. Ist also eine solche Kooperation in China unproblematisch möglich?

Abwandlung: Wie ändert sich die Rechtslage, wenn US-Personen involviert sind, z.B. weil D eine US-Mutter oder eine US-Bank hat, die in die Finanzierung eines solchen Geschäftes eingebunden ist?

Executive Order 13959 und ihre Folgen

Am 12. November 2020 unterzeichnete US-Präsident Donald Trump die Executive Order (E.O.) 13959, die 60 Tage später (am 11. Januar 2021) in Kraft trat. Diese E.O. verbietet es US-Personen, sich in Transaktionen mit öffentlich gehandelten Wertpapieren zu engagieren, die zu Investitionen bei den gelisteten CCMC führen könnten. Zur Begründung berief sich Trump auf einen nationalen Notstand nach dem IEEPA (International Emergencies Economic Power Act) und dem NEA (National Emergencies Act). Dieser Notstand sei durch China hervorgerufen worden, weil die gelisteten CCMC Wertpapiere an US-Investoren verkaufen würden und anschließend das hierbei erzielte Kapital für die Entwicklung und Modernisierung der chinesischen Armee investieren würden.

Die Auslegung der E.O. 13959 hat zu erheblichen Unsicherheiten in den USA geführt, vor allem zur Frage der genauen Auswirkungen auf US-Investoren; selbst die New Yorker Börse hat ihre Auslegung der E.O. 13959 innerhalb einer Woche gleich zweimal geändert. Es begann mit 31 chinesischen Firmen, die im Anhang zur E.O. 13959 gelistet wurden. Es folgten weitere Gesellschaften, die erst mündlich genannt und dann auf den CCMC-Listen vom 28. Dezember 2020 bzw. 18. Januar 2021 gelistet wurden. Hinzu kamen Gesellschaften, die nicht explizit auf der CCMC-Liste stehen, deren Name aber sehr ähnlich zu denen auf der CCMC-Liste ist (z.B. ist der Name China Telecom Corporation Ltd. sehr ähnlich zur gelisteten China Telecommunications Corp.).

Am 3. Juni 2021 hat US-Präsident Joe Biden eine Änderungs-E.O. unterzeichnet, mit welcher der bisherige Inhalt der E.O. 13959 neu gefasst (nachfolgend E.O. 13959 n.F.) und die CCMC-Sanktionen in CMIC-Sanktionen umbenannt wurden; nunmehr sind 59 chinesische Firmen gelistet. Der wesentliche Inhalt der E.O. 13959 n.F. bleibt gleich, aber an einigen Stellen kam es zu Präzisierungen; gleichzeitig sind neue FAQs veröffentlicht worden. Neben chinesischen Firmen des Verteidigungssektors können nun auch solche des Sektors für Überwachungstechnologien (v.a. für die Überwachung von religiösen oder ethnischen Minderheiten) gelistet werden bzw. chinesische Firmen, die sich in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle befinden.

Zentraler Inhalt der CMIC-Sanktionen

Angesichts der Weite der Definition des Begriffs „Wertpapiere“ – so ist unklar, ob auch Geld hierzu zählt – kann geschlussfolgert werden, dass von US-Personen keine Investitionen (durch Kauf von Wertpapieren, Aktien, Anteilen etc.) getätigt werden dürfen, die einer der gelisteten CMIC-Firmen zugutekommen könnten. Solche Investitionen müssen vielmehr zu bestimmten Stichtagen rückabgewickelt werden. Und hierzu dürfen Nicht-US-Personen keine Mittäterschaft leisten.

Zum Ausgangsfall und seiner Abwandlung

Panda ist auf der CMIC-Liste gelistet und mit der Gründung des JV würde Geld an Panda gezahlt. Im Ausgangsfall würde dies noch nicht zu einem Verstoß gegen die E.O. 13959 n.F. führen, weil hier keine US-Personen beteiligt sind. Denn Nicht-US-Personen dürfen Investitionen an CMIC-Firmen tätigen, wenn keine US-Personen beteiligt sind. (Vorsicht ist dann angebracht, wenn bei D ein Entscheider für das Tages-, Export- oder Investitionsgeschäft von D ein Greencard-Inhaber wäre, dann müsste geprüft werden, ob hierfür D insgesamt als US-Person angesehen werden kann).

In der Abwandlung des Ausgangsfalles bedeutet dies Folgendes: Hier sind US-Personen in diese Investition involviert. Und diese dürfen (außer bei bestimmten zulässig bleibenden Unterstützungshandlungen) keine Investitionen tätigen, die einer der CMIC-Firmen – u.a. Panda – zugutekommen könnten. Hiergegen verstoßen die involvierten US-Personen, und D leistet hierzu Mittäterschaft, obwohl ein Umgehungsverbot der E.O. auch für Nicht-US-Personen besteht. Bei fahrlässigem Verstoß drohen hier US-Geldbußen von bis zu 250.000 USD (oder zweifacher Wert der Transaktion), bei vorsätzlichem Verstoß kriminelle Geldstrafen bis zu 1 Mio USD und/oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren.

Risiken nach dem Recht Chinas

Wenn EU-Unternehmen diese unilateralen US-Sanktionen einhalten und hierdurch chinesische Unternehmen schädigen, ist nicht ausgeschlossen, dass diese nach der chinesischen Blocking-VO Schadensersatz verlangen könnten. Nach der MOFCOM Order 4/2020 ist auch nicht ausgeschlossen, dass EU-Unternehmen, die diese extraterritorialen US-Sanktionen befolgen, auf der „Unreliable Entity List“ aufgeführt werden könnten. Die möglichen Folgen einer solchen Listung wären weitreichend: Export- und Importverbote für China, Investitionsbeschränkungen für China, Einreise- und Arbeitsverbote für Mitarbeiter, Geldbußen bei entsprechender Schwere.

Resümee

Die CMIC-Sanktionen führen dazu, dass sämtliche Investitionen, die den gelisteten Firmen zugutekommen könnten, für US-Personen verboten sind; hierzu dürfen Nicht-US-Personen keine Unterstützungen leisten, weil sie sonst wegen Mittäterschaft haften. Es handelt sich im Zweifel nicht um ein Bereitstellungsverbot, weil ein Kauf oder Verkauf von Gütern bei diesen chinesischen Firmen bzw. an diese Firmen noch möglich ist; aber bei einer Bereitstellung von Geld müsste schon sorgfältig geprüft werden, zu welchem Zweck es überreicht wird, und vor allem, ob dies einem verbotenen Investitionszweck dienen könnte. Die Auslegung dieser Sanktionen ist aufgrund ihrer Intransparenz herausfordernd:

Erstens: Zwar ist der für die CCMC-Liste geltende Grundsatz, dass auch Firmen mit ähnlichen Namen betroffen sind, für die CMIC-Liste glücklicherweise aufgegeben worden, aber auch die CMIC-Sanktionen besagen, dass es weitere chinesische Firmen als die gelisteten treffen kann, wenn eine entsprechende Äußerung des US-Finanzministers vorliegt.

Zweitens sind die meisten Softwareanbieter nicht in der Lage, diese US-Sanktionen abzubilden, sodass diese Listung manuell überprüft werden muss.

Hinzu kommt, dass es zu Herausforderungen bzgl. des Antiboykottrechts kommt. Gegenwärtig ist klar, dass diese US-Sanktionen nicht von der EU-Antiboykott-VO erfasst sind (hierzu müsste deren Anwendungsbereich erweitert werden – es stellt sich die Frage, ob die EU-Kommission genau dies machen soll). Diskutiert werden kann, welche Bedeutung hierfür § 7 AWV hat und welche Bedeutung hierfür später das chinesische Antiboykottrecht (nach Erlass entsprechender Durchführungsverordnungen) haben wird.

Wegen aktueller Hinweise zum EU-Exportrecht vgl. HIER und wegen Hinweisen zum Handel mit China vgl. HIER.

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