Die Europäische Union (EU) hat seit dem 23. Februar 2022 insgesamt fünf Sanktionspakete gegen Russland verhängt. Sie betreffen konkrete Personen, Organisationen und Einrichtungen, aber auch einzelne Sektoren. In diesem Beitrag werden die einzelnen Maßnahmen analysiert.
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Die ersten Sanktionen gegen Russland hat die EU bereits nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 eingeführt. In Reaktion auf die russische Anerkennung der beiden „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk am 21. Februar und dem folgenden Überfall auf die Ukraine hat Brüssel die Sanktionen schrittweise erheblich erweitert und verschärft.
Struktur der Russland-Sanktionen seitens der EU
Die von der EU als Folge der russischen Aggressionen gegen die Ukraine verhängten Sanktionen können in drei Gruppen unterteilt werden:
- Sanktionen gegen natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen (POEs), die als Verantwortliche für die völkerrechtswidrigen Handlungen gegenüber der Ukraine identifiziert wurden: Diese personenbezogenen Sanktionen sind in der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 (VO 269/2014) niedergelegt.
- Sektorspezifische Sanktionen gegen Russland: Diese sind in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (VO 833/2014) niedergelegt.
- Sektorspezifische Sanktionen in Bezug auf die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete: Diese sind in den separaten Verordnungen (EU) Nr. 692/2014 (Krim und Sewastopol) und Verordnung (EU) 2022/263 (Donezk und Luhansk) niedergelegt.
Die personenbezogenen Russland-Sanktionen
Die personenbezogenen Sanktionen, die die EU im Zusammenhang mit den Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, verhängt hat, wurden durch acht Durchführungsverordnungen ausgeweitet: DurchführungsVOen 2022/260 und 2022/261 vom 23. Februar 2022, DurchführungsVO 2022/332 vom 25. Februar 2022, DurchführungsVO 2022/336 vom 28. Februar 2022, Durchführungs-VO 2022/353 vom 2. März 2022, DurchführungsVO 2022/396 vom 9. März 2022, DurchführungsVO 2022/427 vom 15. März 2022 und Durchführungs-VO 2022/581 vom 8. April 2022. Zusätzlich zu den ohnehin bereits gelisteten POEs wurden die personenbezogenen Sanktionen auf insgesamt 898 weitere natürliche russische und belarussische Personen ausgeweitet.
Darunter sind Staatspräsident Wladimir Putin, Außenminister Sergei Lawrow sowie weitere hochrangige Regierungsvertreter und Militärangehörige, sämtliche 337 Mitglieder der Russischen Duma, die für die Anerkennung der Staatlichkeit der „Volkrepubliken“ Donezk und Luhansk gestimmt hatten, die Minister und Mitglieder des „Volksrates“ der „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk, Propagandisten, Geschäftsführer russischer Staatsunternehmen und einflussreiche Oligarchen. Um Umgehungen zu verhindern, wurden im Zuge des fünften Sanktionspakets außerdem eine Reihe von Familienmitgliedern der zuvor gelisteten Personen auf die Liste gesetzt wie etwa die beiden Töchter Putins und die Schwester des Oligarchen Alisher Usmanow. Daneben wurden personenbezogene Sanktionen gegen 32 Organisationen in Russland – darunter die russischen Banken Rossiya, Promsvyazbank, Vnesheconombank, Otkritie FC Bank, Novikombank, Sovcombank und VTB Bank sowie mehrere russische Rüstungsunternehmen – verhängt. Sie alle sind in den Anhang I der VO 269/2014 aufgenommen worden.
Eine Listung in Anhang I der VO 269/2014 hat zur Folge, dass zum einen sämtliche in der EU befindlichen Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Eigentum oder Besitz der gelisteten POEs stehen, eingefroren werden – mithin jegliche Formen der Bewegung, des Transfers, der Veränderung und der Verwendung verhindert werden –, und zum anderen, dass es EU-Personen untersagt ist, den gelisteten POEs unmittelbar oder mittelbar Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. An die gelisteten POEs dürfen mithin weder Güter ausgeliefert noch Zahlungen getätigt werden.
Da nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Bereitstellung untersagt ist, gilt das Bereitstellungsverbot auch gegenüber nicht gelisteten POEs, wenn von einer Weiterleitung der Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen an eine gelistete POE auszugehen ist. Letzteres steht regelmäßig zu befürchten, wenn das betreffende nicht gelistete Unternehmen mehrheitlich im Eigentum einer gelisteten POE oder unter deren Kontrolle steht.
Auch bei Lieferungen innerhalb der EU oder bei innerdeutschen Lieferungen kann das Bereitstellungsverbot mithin relevant sein – zum einen, weil es sich bei dem Vertragspartner selbst um ein gelistetes Unternehmen handeln könnte (wobei auch das Risiko verdeckter Beschaffungsversuche über einen „Strohmann“ zu bedenken ist) und zum anderen, weil der Vertragspartner eine nicht gelistete EU-Tochtergesellschaft einer gelisteten russischen POE sein könnte.
Aufgrund der Listung einer Vielzahl russischer Oligarchen, die unmittelbar oder über diverse Holdinggesellschaften in großem Umfang Unternehmensanteile an EU-Unternehmen halten, stellt dies ein realistisches Risiko dar. Noch nicht abschließend geklärt ist, welcher Sorgfaltsmaßstab insoweit anzusetzen ist, d.h., wie weitreichend EU-Unternehmen verpflichtet sind, in Bezug auf die Unternehmensstrukturen ihrer Vertragspartner nachzuforschen. Bestehen allerdings Hinweise auf die Beteiligung russischer POEs am Vertragspartner, dürfte ein erhöhter Sorgfaltsmaßstab anzusetzen sein.
Daneben enthält auch die VO 833/2014 personenbezogene Beschränkungen in Art. 5aa – nämlich das Verbot, unmittelbar oder mittelbar Geschäfte zu tätigen mit einer in Anhang XIX aufgeführten POE, außerhalb der EU niedergelassenen POEs, die zu über 50% von einer in Anhang XIX aufgeführten POE gehalten werden, oder einer POE, die im Namen oder auf Anweisung einer in Anhang XIX aufgeführten POE handelt. In Anhang XIX aufgeführt sind etwa Rosneft, Transneft, Gazprom Neft, Kamaz Rostec oder Sovcomflot.
Eine Listung in Anhang XIX der VO 833/2014 hat – anders als eine Listung in Anhang I der VO 269/2014 – zwar kein Einfrieren der in der EU gelegenen wirtschaftlichen Ressourcen der gelisteten POE zur Folge und insoweit geringere Konsequenzen für die gelistete POE. Die Konsequenzen sind dafür aber weiter, da mit den nach Anhang XIX gelisteten POEs nicht nur Transaktionen untersagt sind, die zu einer Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen zugunsten dieser POE führen, sondern sämtliche Geschäftsaktivitäten. Ausnahmen bestehen insbesondere für Transaktionen, die unbedingt erforderlich sind für Kauf, Einfuhr oder Transport von Erdgas und Erdöl sowie von bestimmten Metallen aus oder durch Russland in die Union, den EWR, die Schweiz oder den Westbalkan.
Die sektorspezifischen Russland-Sanktionen
Neben den personenbezogenen Sanktionen wurden auch die sektorspezifischen Sanktionen gegen Russland durch Erlass von acht Änderungsverordnungen erheblich ausgeweitet und verschärft: VO 2022/262 vom 23. Februar 2022, VO 2022/328 vom 25. Februar 2022, VO 2022/334 vom 28. Februar 2022, VO 2022/345 und VO 2022/350 vom 1. März 2022, VO 2022/394 vom 9. März 2022, VO 2022/428 vom 15. März 2022 und VO 2022/576 vom 8. April 2022.
Güter- und dienstleistungsbezogene Beschränkungen: Vor der Eskalation des Ukraine-Konflikts enthielt die VO 833/2014 lediglich zwei güterbezogene Beschränkungen in Bezug auf Russland. Zum einen handelte es sich um das Verbot, in Anhang I der Dual-Use-Verordnung (EU) 2021/821
(VO 2021/821) gelistete Dual-Use-Güter unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische POEs in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen, wenn die Güter (potentiell) für militärische Zwecke und einen militärischen Endnutzer bestimmt waren. Zum anderen galt eine Genehmigungserfordernis für in Anhang II der VO 833/2014 gelistete Güter, die für die Ölindustrie bei der Erdölexploration und -förderung in der Tiefsee und der Arktis zum Einsatz kommen sowie bei Schieferölprojekten in Russland geeignet sind (insbesondere Rohre).
Die „neuen“ Russland-Sanktionen der EU verbieten nunmehr in Bezug auf folgende Güter Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr an natürliche oder juristische POEs in Russland oder zur Verwendung in Russland:
- in Anhang I der VO 2021/821 gelistete Dual-Use-Güter (auch wenn sie nicht für einen militärischen Endverwender oder eine militärische Endverwendung bestimmt sind), Art. 2 Abs. 1
- im neuen Anhang VII der VO 833/2014 aufgeführte Güter aus den Bereichen Elektronik, Computer, Telekommunikation, Informationssicherheit, Sensoren und Laser, Navigation und Luftfahrtelektronik, Meeres- und Schiffstechnik sowie Luftfahrt, Raumfahrt und Antriebe („Advanced Technology“), Art. 2a Abs. 1
- im Anhang II der VO 833/2014 aufgeführte Güter für den Transport und zur Förderung von Öl und Gas, Art. 3 Abs. 1
- im neuen Anhang X der VO 833/2014 aufgeführte Güter zur Ölraffination und zur Verflüssigung von Erdgas,
Art. 3b Abs. 1 - im neuen Anhang XI der VO 833/2014 aufgeführte Güter für die Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie, Art. 3c Abs. 1
- im neuen Anhang XVI der VO 833/2014 aufgeführte Güter für die Schiffsausrüstung, Art. 3f Abs. 1
- im neuen Anhang XVIII der
VO 833/2014 aufgeführte Luxusgüter, Art. 3h Abs. 1 - im neuen Anhang XX aufgeführte Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive, Art. 3c Abs. 1
- im neuen Anhang XXIII aufgeführte Güter, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen könnten, Art. 3k Abs. 1.
Auch die Erbringung von technischer Hilfe, Vermittlungsdiensten oder anderen Diensten im Zusammenhang mit derartigen Gütern sowie die Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen für derartige Güter oder Dienstleistungen sind grundsätzlich untersagt (außer im Zusammenhang mit Luxusgütern).
Jedoch enthalten die güter- und dienstleistungsbezogenen Verbote teilweise (anzeigepflichtige) Befreiungen oder (genehmigungspflichtige) Ausnahmen. Insbesondere Art. 2 und Art. 2a enthalten in ihren jeweiligen Absätzen 3 und 4 eine Reihe von (gleichlautenden) Befreiungs- und Ausnahmetatbeständen wie etwa Befreiungen für humanitäre Zwecke, medizinische oder pharmazeutische Zwecke und Softwareaktualisierungen (wobei aber wie bei allen Ausfuhren gelisteter Dual-Use-Güter das allgemeine Genehmigungserfordernis nach Art. 3 Abs. 1
VO 2021/821 zu beachten ist). Auch gibt es etwa Ausnahmen für die maritime Sicherheit, zivile, nicht-öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsnetze oder die ausschließliche Verwendung durch Tochterunternehmen von EU-Gesellschaften.
Die anderen güter- und dienstleistungsbezogenen Verbote enthalten Ausnahmen und Befreiungen hingegen in wesentlich engeren Grenzen oder auch gar nicht. Daneben sehen die Verbote in vielen Fällen Ausnahmen für Altverträge vor, die vor dem Inkrafttreten des jeweiligen Verbotes geschlossen wurden. Die Inanspruchnahme einer solchen Altvertragsregel ist allerdings teilweise genehmigungsbedürftig; die Genehmigung muss zudem vor einem bestimmten Stichtag beantragt werden (Art. 2 Abs. 5 und Art. 2a Abs. 5). In anderen Fällen ist keine Genehmigung (jedoch ggf. eine Anzeige) erforderlich; in diesen Fällen muss die Erfüllung vor einem bestimmten Stichtag erfolgen (Art. 3 Abs. 4, Art. 3b Abs. 3, Art. 3c Abs. 5 und Art. 3k Abs. 3). Die Verbote, die Schiffsausrüstung und Luxusgüter betreffen, sehen keine Altvertragsklausel vor.
Neben den güterbezogenen Ausfuhr- und Verkaufsverboten enthält die VO 833/2014 auch güterbezogene Einfuhrverbote sowie darauf bezogene Dienstleistungsverbote und zwar für folgende Güter mit Ursprung Russland oder aus Russland ausgeführt:
- im neuen Anhang XVII aufgeführte Eisen- und Stahlerzeugnisse, Art. 3g
- im neuen Anhang XXI aufgeführte Güter, die Russland erhebliche Einnahmen erbringen (z.B. Meeresfrüchte, Kaviar, Zement, Düngemittel oder Holz), Art. 3i
- im neuen Anhang XXII aufgeführte Kohle und andere feste fossile Brennstoffe, Art. 3j.
Sämtliche güterbezogenen Einfuhrverbote sehen Altvertragsregeln vor, wobei die Altvertragsregel betreffend Kohle am großzügigsten gestaltet ist (Erfüllung bis zum 10. August 2022). Nach Ablauf der Altvertragsregel sieht Art. 3i Abs. 4 zudem Einfuhrkontingente für bestimmte Düngemittel vor.
Beschränkungen den russischen Finanzmarkt betreffend: Neben diesen neuen güterbezogenen Beschränkungen (samt Beschränkungen für auf diese Güter bezogene Dienstleistungen) hat die EU auch die finanziellen Beschränkungen gegenüber Russland durch Neufassung von Art. 5 sowie durch Einfügen der neuen Art. 5a bis 5m erheblich erweitert.
Neben den erweiterten Beschränkungen, die den Kauf, Verkauf und Handel mit übertragbaren Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten (Art. 5 und Art. 5a) betreffen, wurden Transaktionen untersagt, die im Zusammenhang stehen mit der Verwaltung von Reserven sowie von Vermögenswerten der russischen Zentralbank einschließlich Transaktionen mit juristischen POEs, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln (Art. 5a Abs. 4).
Ferner sieht Art. 5b etwa ein Verbot der Entgegennahme von Einlagen von russischen Staatsangehörigen, von in Russland ansässigen natürlichen Personen oder von in Russland niedergelassenen juristischen POEs vor, wenn der Gesamtwert der Einlagen der POE pro Kreditinstitut 100.000 EUR übersteigt sowie ein Verbot gegenüber den vorgenannten Personen, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Wallets, Krypto-Konten oder der Krypto-Verwahrung bereitzustellen, wenn der Gesamtwert der Kryptowerte pro Wallet, Konto oder Verwahrer 10.000 EUR übersteigt. Daneben ist es verboten, auf eine amtliche Währung eines Mitgliedstaates lautende übertragbare Wertpapiere, die nach dem 12. April 2022 begeben wurden, an russische Staatsangehörige oder in Russland ansässige natürliche Personen oder an in Russland niedergelassene POEs zu verkaufen (Art. 5f).
Ferner wurden insgesamt sieben russische Banken (Bank Otkritie, Novikombank, Promsvyazbank, Bank Rossiya, Sovcombank, Vnesheconombank und VTB Bank) vom SWIFT-System abgekoppelt – mit der Folge, dass keine Zahlungen in und aus der EU über diese Banken mehr abgewickelt werden können. Dies dürfte aufgrund der damit einhergehenden Zahlungsprobleme erhebliche Auswirkungen auf den Warenverkehr haben – auch in Bezug auf Russland-Geschäfte, die weiterhin zulässig sind (neuer Art. 5h und neu eingefügter Anhang XIV).
Daneben untersagt der neu eingefügte Art. 5i Verkauf, Ausfuhr und Lieferung von auf eine amtliche Währung eines Mitgliedstaats lautenden Banknoten an Russland oder an POEs in Russland – einschließlich der Regierung und der Zentralbank Russlands – oder zur Verwendung in Russland. Auch dürfen keine Ratingdienste gegenüber russischen Staatsangehörigen oder in Russland ansässigen bzw. niedergelassenen POEs mehr erbracht werden (Art. 5j).
Ferner verbietet Art. 5k, die Vergabe öffentlicher Aufträge oder Konzessionen an russische Staatsangehörige oder in Russland niedergelassene natürliche oder juristische POEs, mehrheitlich von diesen gehaltene POEs oder an POEs, die im Namen oder auf Anweisung der vorgenannten POEs handeln. In Russland niedergelassenen POEs, die sich zu über 50% in öffentlicher Inhaberschaft oder unter öffentlicher Kontrolle befinden, dürfen zudem keine Vorteile im Rahmen eines Unions- oder Euratom-Programms oder eines nationalen Programms eines Mietgliedstaats zukommen (Art. 5l).
Zudem dürfen zugunsten von russischen Staatsangehörigen, in Russland ansässigen Personen oder in Russland niedergelassenen POEs sowie von POEs, die von diesen mehrheitlich gehalten oder kontrolliert werden oder die in deren Namen oder auf deren Anweisung handeln, keine Trusts oder ähnliche Rechtsgestaltungen registriert werden oder Dienstleistungen in diesem Zusammenhang bereitgestellt werden (Art. 5m).
Sonstige Sanktionen: Neben den Sanktionen, die die Ein- und Ausfuhr von Gütern und darauf bezogene Dienstleistungen betreffen sowie den Beschränkungen in Bezug auf den russischen Finanzmarkt, enthält die VO 833/2014 insbesondere noch folgende weitere Sanktionen:
- Verbot, öffentliche Finanzmittel oder Finanzhilfen für den Handel mit Russland oder für Investitionen in Russland bereitzustellen, Art. 2e Abs. 1 (dementsprechend hat die Bundesregierung Hermesbürgschaften und Investitionsgarantien für Russland gestrichen)
- Sendeverbot der von Russland finanzierten russischen Sender RT und Sputnik, Art. 2f in Verbindung mit Anhang XV
- Verbot, in Projekte zu investieren, die aus dem Russian Direct Investment Fund kofinanziert werden, Art. 2e Abs. 3
- Verbot für russische Luftfahrzeuge, den Luftraum der EU zu überfliegen oder im Hoheitsgebiet der Union zu starten oder zu landen, Art. 3d
- Verbot für Schiffe unter russischer Flagge sowie für Schiffe, die nach dem 24. Februar 2022 ihre russische Flagge umgeflaggt haben, nach dem 16. April 2022 Häfen im Gebiet der Union anzulaufen (mit Ausnahmen etwa im Zusammenhang mit Erdgas- und Erdöltransporten, dem Transport von pharmazeutischen, medizinischen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln oder dem Transport atomarer Brennstoffe), Art. 3e
- Verbot gegenüber in Russland niedergelassenen Kraftverkehrsunternehmen, im Gebiet der Union Güter auf der Straße, einschließlich der Durchfuhr, zu befördern (mit Ausnahmen etwa im Zusammenhang mit Erdgas- und Erdöltransporten sowie dem Transport von pharmazeutischen, medizinischen und landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln), Art. 3l.
Sanktionen betreffend die ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk
Durch die Verordnung (EU) 2022/263 vom 23. Februar 2022 wurde der Handel mit Gütern und Dienstleistungen mit den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk beschränkt. Diese Verordnung hat im Wesentlichen denselben Inhalt wie die Krim-/Sewastopol-Verordnung (EU) Nr. 692/2014. So wird die Einfuhr von Waren mit Ursprung in den besetzten Gebieten in die EU untersagt (Art. 2). Darüber hinaus bestehen Verkaufs-/Ausfuhrverbote für bestimmte, in Anhang II der Verordnung gelistete Güter, wenn sie für die Verwendung in den Schlüsselbereichen Verkehr, Telekommunikation, Energie sowie Prospektion, Exploration und Förderung von Öl-, Gas- und Mineralressourcen geeignet sind (Art. 4 Abs. 1).
Ferner wird die Erbringung von Dienstleistungen in Gestalt von technischer Hilfe, Vermittlungsdiensten und Finanzhilfen im Zusammenhang mit den in Anhang II aufgeführten Gütern untersagt (Art. 4 Abs. 2). Auch werden der Erwerb von neuen oder die Ausweitung einer bestehenden Beteiligung am Eigentum an Immobilien sowie die Gründung von Joint Ventures in den betreffenden Gebieten verboten (Art. 3). Ebenso werden Dienstleistungen im Zusammenhang mit tourismusbezogenen Aktivitäten in den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk verboten (Art. 6).
Zusammenfassung und Handlungsempfehlung
Die neuen EU-Russland-Sanktionen sind sehr weitreichend und schränken den erlaubten Handel mit Russland in beträchtlichem Maße ein. In Bezug auf die konkrete Auslegung einer Vielzahl von Sanktionsbestimmungen bestehen noch erhebliche Unsicherheiten. Zwar wurden mittlerweile erste FAQs der Europäischen Kommission, des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und der Deutschen Bundesbank veröffentlicht. Viele Fragen bleiben aber weiterhin offen. Daher ist bei Transaktionen mit Russland-Bezug angesichts der weitreichenden straf- und/oder ordnungswidrigkeitenrechtlichen Konsequenzen, die ein Verstoß gegen die Sanktionsvorschriften mit sich bringt, große Vorsicht geboten. Die Entwicklungen im Bereich der Russland-Sanktionen sollten zudem genau verfolgt werden, da im Falle einer weiteren Eskalation jederzeit weitere Sanktionen gegen Russland verhängt werden können.