Durch den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie ist der Brexit in den Hintergrund gerückt. Der Warenaustausch liegt zwar deutlich hinter den Höchstwerten zurück, scheint sich aber normalisiert zu haben. Welche weiteren Trends es gibt, haben die Referenten auf dem diesjährigen „Forum UK“ des „ExportManager“ am 1. Juni vorgestellt.

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Die Zeitenwende hat erst Bundeskanzler Olaf Scholz mit seiner Februar-Rede kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs eingeläutet. Doch wenn man so will, hat sie in Europa bereits am 31. Januar 2020 begonnen, als Großbritannien aus der Europäischen Union ausgetreten ist. „Die Bedeutung des britischen Marktes hat durch den Brexit abgenommen“, sagte Michael Schmidt, Präsident der Britischen Handelskammer in Deutschland, auf dem diesjährigen „Forum UK“ des „ExportManager“ und machte dies auch an vielen ökonomischen Zahlen fest. Doch der Austritt lasse sich nicht zurückdrehen. Die Unternehmen würden sich über kurz oder lang an die neuen Gegebenheiten anpassen. Schmidt zeigte sich für die Zukunft durchaus optimistisch: „UK hat die EU verlassen, aber nicht Europa. Es wird eines der attraktivsten Länder für Direktinvestitionen bleiben.“

Dazu dürften auch die sog. Freihäfen beitragen, wie Arne Mielken in seinem Vortrag deutlich machte. Er ist Geschäftsführer der Customs Manager Ltd., die u.a. Dienstleistungen rund um die Zollabwicklung anbietet. Rund zehn solcher Freihäfen sollen entlang der britischen Küste entstehen. „Natürlich werden das keine Steuerparadiese sein wie in Dubai. Aber wer sich dort niederlässt, wird Vergünstigungen erhalten“, meinte Mielken. „Mit Blick auf die Neuausrichtung der Lieferketten ist es womöglich besser, wenn das eigene Lager an einem europäischen Hafen wie Liverpool liegt anstatt im Nahen oder Fernen Osten.“ Überhaupt sieht Milken den Brexit nicht so schwarz wie es andere tun. „Seit einiger Zeit bahnt sich eine Normalisierung der Handelsbeziehungen an.“ Die EU-Importe seien bereits wieder auf einem Pre-Brexit-Niveau, so der UK-Spezialist. Auch beim Warenexport nach Großbritannien gehe es seit einiger Zeit wieder aufwärts, obgleich die Handelswerte deutlich von den Höchstständen 2015 entfernt lägen.

Finanzierungskosten für britischen Staat gestiegen

Uwe Erbs von der Santander Consumer Bank gab auf dem „Forum UK“ zu bedenken, dass Großbritannien nur noch ein AA-Rating besitze. Dadurch seien die Finanzierungskosten auch für den Staat höher. „Derzeit liegen die Renditen für die Zehn-Jahres-Anleihen bei über 2%.“ Dass sich Erbs dennoch dagegen aussprach, aktuell in britische Staatsanleihen zu investieren, liegt an den politischen Turbulenzen im Land und der hohen Nervosität an den dortigen Finanzmärkten. „Wir erleben starke Schwankungen der Devisenkurse. Aktuell gehen wir davon aus, dass das Pfund gegenüber dem Euro in den kommenden Monaten an Wert verliert. Das sollte man als Unternehmen ggf. absichern“, so Erbs.

Handelskammer-Präsident Schmidt berichtete, dass vor allem KMU unter dem Brexit leiden würden. Einige Unternehmen seien nicht in der Lage oder bereit, den erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand zu leisten und haben ihr Exportgeschäft reduziert oder ganz eingestellt. Es gebe aber auch viele Hilfen. „Problematisch sind die weiterhin herrschenden Unsicherheiten, denn noch sind nicht alle neuen Regeln in Kraft und die britische Regierung stellt Teile des Abkommens, insb. das Nordirland-Protokoll, infrage.“

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