Die Vereinigung Südostasiatischer Staaten hat in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte in Bezug auf die Integration ihres Handels- und Finanzmarkts erreicht. Der Trend zur Digitalisierung und zur Qualifizierung der Arbeitskräfte gibt der regionalen Wirtschaft wichtige Impulse für die Zukunft.
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Wenn die ASEAN mit ihren zehn Ländern und einer Bevölkerung von 630 Millionen Menschen (das entspricht 9% der Weltbevölkerung) eine Volkswirtschaft wäre, wäre sie jetzt die sechstgrößte der Welt. Dies spricht sowohl für ihren Fortschritt – seit ihrem bescheidenen Beginn im Jahr 1967 – als auch für ihr Potential.
Länderspezifische Besonderheiten – in Bezug auf Demographie, Sprache, Wettbewerbsvorteile und Marktpraktiken – können als Hindernis für Skaleneffekte und nahtlose grenzüberschreitende Transaktionen angesehen werden. Doch Vielfalt, wenn sie ganzheitlich gepflegt und weiterentwickelt wird, kann auch die Grundlage für regionale Stärke bilden.
Daher zielt die Einrichtung der ASEAN-Economic-Community(AEC)-Vision 2025 darauf ab, eine ganzheitliche und global wettbewerbsfähigere ASEAN zu schaffen. Dabei stellen sich folgende Fragen: Wie weit sind bisher Fortschritte erzielt worden, und wie kann das Ziel einer ganzheitlich und global wettbewerbsfähigen AEC angesichts der sich wandelnden Demographie, aufkommender neuer Technologien und der wirtschaftlichen Unsicherheiten besser umgesetzt werden? Die Region ASEAN ist bereits in einer starken Position. Damit jedoch eine sehr wohlhabende und wettbewerbsfähige ASEAN zustande kommt, müssen die laufenden Bemühungen zur Förderung wichtiger Bereiche intensiviert werden.
Wie kann die ASEAN zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum werden?
Die ASEAN-Staaten streben eine Vereinheitlichung der Wirtschaft und der Finanzmärkte sowie den Abbau grenzüberschreitender Hemmnisse an, um durch einen erweiterten Markt Skaleneffekte zu erreichen. Was die Frage nach den Fortschritten betrifft, so ist das Bild positiv: Die Zollschranken sinken, die regionalen Lieferketten florieren, und multinationale Unternehmen in der ASEAN unterstützen die Beteiligung kleinerer inländischer Unternehmen an globalen Wertschöpfungsketten.
Wir erleben auch, dass die grenzüberschreitende Nutzung derzeit eingeschränkter Währungen gefördert wird. Die Zentralbanken Thailands, Indonesiens und Malaysias beispielsweise haben ihre Absicht angekündigt, die Verwendung regionaler Währungen für den Handel und die Abwicklung von Direktinvestitionen zu fördern. Mehr und mehr Unternehmen sichern auch ihre FX-Exposures ab – was die Integration erleichtert –, und Finanzinstitute lancieren innovative grenzüberschreitende FX-Zahlungsdienste für kosteneffiziente Währungstransfers.
Geleitet von einem Entwurf des ASEAN-Capital-Markets-Forums, sind die Kapitalmärkte der Region auch ein Ausgangspunkt für eine engere Zusammenarbeit, um Größe und Liquidität des regionalen Kapitalmarkts aufzubauen. Bereits in der Vergangenheit haben die Regulierungsbehörden und der Privatsektor wertvolle Erfahrungen bei der Kapitalmarktintegration gesammelt. Nun können diese Erfahrungen genutzt werden, um insbesondere die Kosten unnötiger Doppelstrukturen zu vermeiden.
Doch trotz offensichtlicher Fortschritte in einigen Bereichen haben unsere Gespräche mit führenden Sprechern der ASEAN Hindernisse und Widerstände auf dem Weg zu einem einheitlichen Kapitalmarkt aufgezeigt – ein wichtiges Thema ist auch hier die Zunahme nichttarifärer Handelshemmnisse.
Der elektronische Geschäftsverkehr entwickelt sich schnell zu einem Instrument, das das Integrationstempo der ASEAN erhöhen und den Handel mit Dienstleistungen ankurbeln kann. Dies ist ein Schlüsselbereich, in dem Banken mit Regulierungsbehörden und Unternehmen – sowohl lokalen als auch multinationalen – zusammenarbeiten können, um die Grundlagen für digitalen Handel und Finanzierung, effiziente und robuste Finanzlieferketten und kosteneffiziente Compliance in Bezug auf die Regulierungsanforderungen zu schaffen.
Was kommt als Nächstes?
Der geringe Lohnvorteil, den eine Reihe von ASEAN-Volkswirtschaften genießt, wird nicht ewig anhalten. Wie also werden sich die ASEAN-Volkswirtschaften zukunftssicher machen? Viele Länder setzen auf eine stärkere Automatisierung, höherwertige Industrie und Massenfertigung. Dabei besteht die Gefahr, dass sich die Perspektive der Länder zu sehr nach innen verschiebt.
Die Region sollte sich aber weiterhin am globalen Markt orientieren und die regionale Zusammenarbeit weiter ausbauen. Denn die Größe des regionalen Marktes schafft Chancen und Attraktivität für Investoren. Die Zusammenarbeit mit der EU – insbesondere im Hinblick auf den Warenhandel, den Austausch von Erfahrungen mit Digitalisierung und Cybersicherheit – sollte weiter verstärkt werden. Mit Singapur und Vietnam hat die EU bereits Freihandelsabkommen geschlossen, die vor der Ratifizierung stehen. Mit anderen Ländern wird verhandelt.