Für viele Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum hat sich Bangladesch in den vergangenen Jahren zunehmend zu einem wichtigen Handelspartner entwickelt. Exporteure von Maschinen für die Textilindustrie machen dort gute Geschäfte. Doch nicht nur Bangladesch erlebt momentan einen Aufschwung. Vielmehr verzeichnet die gesamte Region ein starkes Wirtschaftswachstum. Südostasiatische Länder sind weiterhin wichtige Märkte für Exportunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum.
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Wer bei Modeketten wie Tom Tailor, Zara oder H&M seine Bekleidung kauft, hat gute Chancen, Hosen und T-Shirts zu erwischen, die aus Bangladesch kommen. Denn zahlreiche Bekleidungshersteller lassen ihre Ware im Süden Asiens fertigen – meist in China oder eben in Bangladesch. Im vergangenen Jahr exportierte die Republik, die nur etwa doppelt so groß ist wie Bayern, Textilien und Bekleidung im Wert von 30 Mrd EUR in alle Welt. Das entspricht 90% aller Exporte des kleinen Landes. Der Großteil der Kleidung geht mit einem Exportwert von 4,5 Mrd EUR in die USA, den nächstgrößten Anteil nimmt Deutschland mit 4,47 Mrd EUR ab.
Die zahlreichen Fabriken, Webereien und Gerbereien sorgen für wirtschaftlichen Schub: Die Wachstumsraten in Bangladesch lagen in den vergangenen acht Jahren konstant zwischen 6% und 7% – in manchen Jahren sogar noch höher. Das liegt vor allem an der starken Textilbranche, die mit ihren immer schneller werdenden Produktionszyklen für steigende Auftragszahlen sorgt. Namhafte Hersteller von Web- und Spinnmaschinen aus dem deutschsprachigen Raum machen gute Geschäfte.
Finanzierung macht Exporte möglich
Exporteure müssen bei langfristigen Finanzierungen in Südostasien einige Herausforderungen meistern. Die Grundlage erfolgreicher Geschäfte können ECA-gedeckte Exportfinanzierungen bilden. Da Bangladesch ein recht junger ECA-Markt ist, können Unternehmen kaum auf Direktfinanzierungen zurückgreifen.
Die meisten Geschäfte laufen in Bangladesch im Rahmen eines Bank-zu-Bank-Kredits. Das bedeutet: Die Bank des Exporteurs gewährt der lokalen Bank des Importeurs einen Kredit, die wiederum einen Kreditvertrag mit dem Importeur abschließt. Ein solches Vorgehen bietet zahlreiche Vorteile. Der Importeur erhält von seiner Hausbank eine günstige, langfristige Finanzierung. Der Exporteur kann sein Geschäft realisieren, denn ohne eine ECA-gedeckte Exportfinanzierung würden viele Geschäfte gar nicht erst zustande kommen. Außerdem verringert sich das finanzielle Risiko für den Exporteur.
Doch auch Direktfinanzierungen sind möglich. Die LBBW hat vor kurzem eine Transaktion mit einem führenden bangladeschischen Textilhersteller, der internationale Konzerne wie Inditex, Sainsbury und Tesco beliefert, abgeschlossen. Das familiengeführte Unternehmen exportiert seine Waren unter anderem nach Europa, in die USA und nach Australien. Die Bank finanziert dabei den Kauf von Spinnmaschinen eines Schweizer Exporteurs. Das Volumen des Deals: 24 Mio CHF.
Nachfrage dürfte zulegen
Der Markt bietet gute Chancen. Deutsche Unternehmen exportierten im Jahr 2017 laut Statistischem Bundesamt Waren im Wert von 727 Mio EUR nach Bangladesch. Damit landet das südasiatische Land zwar nur auf Rang 74 der deutschen Absatzmärkte. Beim Import allerdings sieht es schon anders aus: Mit Waren im Wert von 5,3 Mrd EUR liegt Bangladesch auf Rang 36 der Lieferländer, die meisten Importe sind Textilien und Bekleidung. Doch die Warenströme nähern sich an: Im ersten Halbjahr 2018 legten die deutschen Exporte nach Bangladesch um 30,0% zu, die Importe von dort stiegen um 4,1%.
Künftig dürften die Geschäfte weiter Fahrt aufnehmen. Denn die bangladeschische Regierung will mittel- bis langfristig die Defizite des Landes im Energie- und Infrastrukturbereich beheben. Bislang schneidet Bangladesch beim „Ease of Doing Business Index“ der Weltbank schlecht ab: Die Republik liegt auf Platz 177 von 190. Auch bei der Wettbewerbsfähigkeit landet Bangladesch nur auf Platz 99 von 137. Der Handlungsbedarf bei den strukturellen Problemen ist also hoch. Daneben sind auch investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und höhere Ausgaben für Humankapital notwendig: Rund ein Viertel der Bangladescher sind Analphabeten.
Trotz knapper finanzieller Ressourcen hat die Regierung in den vergangenen Jahren ihre Ausgaben für Infrastrukturprojekte erhöht, wodurch das Haushaltsdefizit relativ hoch ausfiel. Doch der eingeschlagene Weg gilt als richtig, denn die mangelhafte Infrastruktur ist neben defizitären Corporate-Governance-Vorschriften, Bürokratie und Sicherheitsproblemen ein Hemmschuh für ausländische Investitionen. Nur durch sie wird es künftig möglich sein, eines der gravierendsten Probleme des Landes in den Griff zu bekommen: die Armut. Bangladesch gehört zu den ärmsten Ländern der Welt – pro Kopf verdienen die Bangladescher im Schnitt rund 1.000 EUR pro Jahr. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und hat weniger als 1 USD pro Tag zur Verfügung. Umso wichtiger ist es also, dass dem Land Fortschritte in diesen Bereichen gelingen. Denn dann stünden deutlich höhere Auslandsinvestitionen in Aussicht. Im Jahr 2016 trugen Auslandsinvestitionen nur 0,9% zum BIP bei.
Wahlen lassen Investoren zögern
Momentan konzentriert sich die Regierung allerdings auf die bevorstehenden Parlamentswahlen Anfang 2019. Dann könnte die aktuelle Machtkonzentration der regierenden Awami League aufgebrochen werden. Die politische Lage hat auch Auswirkungen auf die Geschäfte ausländischer Unternehmen: Viele verschieben anstehende Investitionen auf die Zeit nach der Wahl. Nichtsdestotrotz: Bangladesch ist auf einem guten Weg.