Die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIH) ist auf US-Sanktionslisten – aber nicht auf EU-Listen – verzeichnet. Dadurch stellen sich schwierige Rechtsfragen für deutsche Banken, die unter den Iranian Financial Sanctions Regulations (IFSR) an Brisanz ­gewinnen: Für Banken, welche die Geschäftsbeziehung zur EIH fortsetzen, könnten US-Sanktionen wegen dieses Verstoßes gegen das US-Embargo drohen. Oder kann dies etwa durch die Antiboykott-Verordnung 2271/96 abgewehrt werden?

VON PD Dr. Harald Hohmann und Rafik Ahmad, Rechtsanwälte und Partner, Hohmann & Partner

Hypothetischer Ausgangsfall

Die deutsche Bank B wickelt Euro-Überweisungen in den Iran ausschließlich unter Einbeziehung der EIH in Hamburg als Korrespondenzbank ab. Das Gleiche gilt für aus dem Iran eingehende Euro-Zahlungen zugunsten der Kunden der B. Darf die B diese Iran-Überweisungen über die EIH auch nach den unter dem CISADA ergangenen IFSR fortsetzen? Welche Risiken können hieraus entstehen?

Die ITR (Iran Transaction Regulations) verbieten in § 560.204 nicht nur Exporte vom US-Territorium bzw. Exporte von US-Persons in den Iran, sondern auch alle Dienstleistungen – inklusive der Bankdienstleistungen – hierfür. Solange die Exportfinanzierung der B keine Iran-Exporte vom US-Territorium betrifft und sie selbst keine US-Person ist, würden aus dieser Norm keine Exportbeschränkungen resultieren. Da davon ausgegangen werden kann, dass B weder eine nach US-Recht organisierte Inc. noch eine Zweigstelle einer US-Bank ist, ist sie keine US-Person. Aus ­­§ 560.205 ITR würde noch ein Verbot dieser Exportfinanzierung folgen, sofern diese US-Reexporte betrifft, bei denen der Wertanteil der US-Komponenten mindestens 10% beträgt. Solange auch ein solcher US-Reexport nicht vorliegt, scheidet ein Verstoß gegen diese Norm aus. Demnach sind diese Normen primär auf US-Persons (bzw. auf Tätigkeiten vom US-Territorium aus) fokussiert.

Risiken für Non-US-Persons

Allerdings haben in der Vergangenheit etwa die Fälle ABN Amro (2004) und Lloyds TSB (2009) gezeigt, dass auch ausländische Banken (also Non-US-Persons) Beihilfe oder Anstiftung zum Verstoß gegen das US-Embargo geleistet und hierfür hohe Geldbußen von 40 bzw. 350 Mio US$ bezahlt haben. Diese Fälle hingen mit Besonderheiten zusammen: Die europäischen Banken hatten US-Banken dazu veranlasst, an nach US-Recht verbotenen Zahlungsvorgängen mitzuwirken, etwa indem sie den Iran-Bezug dieser Transaktionen verschleierten. Die Zahlungsvorgänge wurden dabei zwecks Umwandlung in US-Dollar durch die USA durchgeleitet, so dass US-Banken in den Zahlungsverkehr involviert waren. Seit November 2008 dürfen europäische Banken auch nicht mehr auf US-Banken einwirken, Zahlungen für oder von iranischen Banken durch das US-Finanzsystem „durchzuschleusen“, sofern es sich nur bei auftraggebender und empfangender Bank um ausländische Banken handelt (sog. U-Turn-Transfers).

Neues Risiko unter CISADA und IFSR

Ende Juli 2010 ist in den USA der CISADA (Comprehensive Iran Sanctions Account­ability and Divestment Act) in Kraft getreten, welcher weit über das Iran-Embargo der UNO hinausgeht und mit seinen extraterritorialen Regelungen den iranischen Öl- und Gassektor sowie den Finanzbereich betrifft. Die Vorgaben dieses Gesetzes wurden zum 16.08.2010 in den IFSR umgesetzt. Nach § 561.201(a)(5) Abs. 2 IFSR sind für ausländische (z.B. europäische) Finanzdienstleister bedeutende Iran-Finanzdienstleistungen dann verboten, wenn diese gegenüber einem Finanzdienstleister erbracht werden, welcher im Zusammenhang mit der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen in den Iran oder wegen der Unterstützung des internationalen Terrorismus durch den Iran gelistet wurde. Es ist davon auszugehen, dass aus US-Sicht diese Voraussetzungen für die EIH zutreffen. Denn diese wurde auf der SDN-Liste nicht nur für die Programme „NPWMD“ (Nuclear Proliferator for Weapons of Mass-Destruction) und „Iran“, sondern neuerdings auch für „IFSR“ gelistet.

Also ein Verstoß gegen die IFSR?

Nach § 561.201(a)(5) Abs. 2 IFSR wäre demnach die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der deutschen Bank B mit der EIH dann verboten, wenn diese Geschäftstätigkeit „bedeutende“ Finanzdienstleistungen für den Iran zum Gegenstand hätten. Entsprechend den Kriterien nach § 561.404 IFSR sind die Finanzdienstleistungen dann „bedeutend“, wenn Anzahl, Größe und Häufigkeit der Iran-Geschäfte sowie die Auswirkungen nach dem CISADA dafür sprechen würden, dass es um „bedeutende“ Geschäfte geht. Angesichts des erheblichen Bewertungsspielraums der US-Behörden fehlt für die Bank B jegliche Transparenz, ob sie bei Fortsetzung des Iran-Engagements über die EIH gegen das US-Iran-Embargo verstößt.

Drohende Sanktionen bei einem Verstoß gegen die IFSR

Ähnlich groß ist auch das Ermessen der US-Behörden, welche Sanktionen sie bei einem Verstoß gegen die IFSR ergreifen wollen. Sie reichen von Auflagen für Finanzdienstleistungen in den USA (ge-wisse Einschränkung der Finanztransaktionen) und die Listung im Anhang zu den IFSR bis hin zu den bei jedem Verstoß gegen das US-Iran-Embargo möglichen Geldbußen bis zu 250.000 US$ (bzw. doppelten Transaktionswert bei Fahrlässigkeit) oder 1 Million US$ bzw. Freiheitsstrafe bis zu 20 Jahren (bei Vorsatz). Genauso gut kann das US-Finanzministerium aber – wie sich aus dem CISADA ergibt – auf Sanktionen ganz verzichten, falls dies als im nationalen Interesse liegend erachtet wird und hierfür die strengen Voraussetzungen durch den US-Präsidenten erfüllt werden.

Abwehrmöglichkeit durch die Antiboykottverordnung 2271/96?

Da bisher der CISADA und die IFSR nicht im Anhang dieser EG-Verordnung gelistet sind, sondern stattdessen nur ein Vorgänger des CISADA, der „Iran and Libya Sanctions Act of 1996“ (ILSA) – sein Nachfolger ist der ISA (Iran Sanctions Act), dessen Nachfolger der CISADA ist –, gibt es erhebliche Diskussionen in der EG-Kommission, ob die Antiboykottverordnung auch gegenüber dem CISADA und den IFSR schützt. Solange dies nicht definitiv von der EG entschieden ist, sind beide Auffassungen vertretbar: Gültigkeit auch für CISADA, weil dieser der Nachfolger des ILSA ist, als auch keine Gültigkeit für CISADA, weil dieser nicht namentlich im Anhang gelistet ist.

Betroffene europäische Banken, die konkret Sanktionen wegen Verstoßes gegen CISADA/IFSR befürchten, sollten die Chance ergreifen, mittels eines Exportanwalts, sich an die EG-Kommission zu wenden, um Schutz vor der extraterritorialen Anwendung des CISADA/der IFSR zu erlangen. Die EG-Kommission würde dies dann zum Anlass nehmen, um diplomatische Schritte zu ergreifen, um diesen Konflikt zwischen US- und EG-Recht möglichst weitgehend zu entschärfen. Allerdings besteht auch das Risiko, dass sie hierbei entscheidet, dass die Antiboykottverordnung keinen Schutz gegenüber dem CISADA entfaltet. In Anbetracht der völkerrechtlich höchst bedenklichen extraterritorialen Wirkungen des CISADA liefe dies auf ein politisches Stillhalteab-kommen zwischen Brüssel und Washington (aufgrund rauen Iran-Klimas) hinaus.

Begrenzung des Risikos?

Aufgrund der engen Kooperation zwischen EU und USA beim Iran-Embargo ist es möglich, dass auf Sanktionen gegenüber EU-Banken generell verzichtet wird, weil dies auch im nationalen Interesse der USA liegen dürfte. Dennoch sind gründliche Nachfragen durch US-Regierung bzw. US-Unternehmen im Hinblick auf IFSR-Verstöße möglich und zu erwarten. So sind US-Banken verpflichtet zu prüfen, ob ausländische Finanzinstitute, mit denen sie Korrespondenz- oder Payable-Through-Konten unterhalten, sich nicht in einer nach CISADA verbotenen Tätigkeit engagieren.

Ergebnis für den Ausgangsfall

Sofern der Umfang der Iran-Exportfinanzierungen der Bank B über die EIH beträchtlich sein sollte, muss die Bank B damit rechnen, dass ihr von US-Seite der Vorwurf gemacht wird, gegen das US-Iran-Embargo – also gegen CISADA/IFSR – zu verstoßen. Sie sollte sich hierzu von einem Exportanwalt beraten lassen. Gegenwärtig kann noch nicht klar gesagt werden, ob die Antiboykottverordnung eine Abwehrmöglichkeit hiergegen darstellt; diese EG-Verordnung wird aber von US-Behörden in der Regel zumindest als Milderungsgrund akzeptiert. Betroffene europäische Banken, die konkret Sanktionen wegen Verstoßes gegen CISADA/
IFSR befürchten, sollten über einen Exportanwalt diplomatische Schritte der EG-Kommission anmahnen, um (etwa im Rahmen dieser EG-Verordnung) diesen Konflikt zwischen US- und EG-Recht möglichst weitgehend zu entschärfen.

Sollte dieser Weg nicht gangbar sein, kann sich die Bank B über ihren Bankenverband an die Bundesregierung wenden und auf die völkerrechtlich sehr bedenklichen extraterritorialen Wirkungen des CISADA und der IFSR hinweisen, zumal in solchen Fällen keinerlei Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit des US-Gesetzgebers besteht. Dann kann es auch nicht sein, dass durch den US-Gesetzgeber der EG faktisch ein Beinahe-Total-Embargo – via erheblicher Reduzierung der Möglichkeiten zur Exportfinanzierung – gegen den Iran aufgezwungen wird, zumal die Personenlistungen der EU weit über die Vorgaben des UN-Iran-Embargos hinausgehen.

Nicht zuletzt unter dem Eindruck einer früheren WTO-Auseinandersetzung (1997) mit der EU über die extraterritorialen Wirkungen des ISA wurden von den USA Sanktionen nach dem ISA zumindest gegen EG-Unternehmen in keinem Fall verhängt.

Kontakt: harald.hohmann[at]hohmann-partner.com ; rafik.ahmad[at]hohmann-partner.com

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