Im Zuge der internationalen Schuldenkrise und der mit ihr einhergehenden Verunsicherung sind auch die Währungsmärkte von starken Schwankungen geprägt. Seit der Lehman-Pleite im September 2008 geht es mit dem Euro auf und ab. Nicht zuletzt die ­Griechenland-Krise brachte die Währung unter Druck. Für Unternehmen birgt dies nicht nur Risiken, sondern auch Chancen, sofern sie auf Wechselkursbewegungen professionell reagieren.

Von Jens Gerbers, Beratung Strukturierte ­Devisenprodukte, BHF-BANK

Wie unterschiedlich die Entwicklungen an den Devisenmärkten verlaufen, zeigt sich am Vergleich einiger Währungspaare. In Relation zum US-Dollar ist die Schwäche des Euro kaum zu bemerken, da die US-Wirtschaft trotz enormer Hilfsmaßnahmen nicht in Schwung kommt und das US-Haushaltsdefizit neue Rekordhöhen erreicht, deren Finanzierung den Verantwortlichen immer wieder aufs Neue Kopfzerbrechen bereitet. Ganz anders sieht es mit Blick auf den Schweizer Franken aus, der derzeit als „sicherer Hafen“ ebenso vom Anlegerinteresse profitiert wie der Australische Dollar und die Norwegische Krone als Währungen rohstoffreicher Länder.

Aber auch die Schwedische Krone findet aufgrund der stabilen Haushaltslage Schwedens, der positiven Wirtschaftsentwicklung des Landes und der überstandenen Krise im baltischen Raum, der mit Schweden eng verbunden ist, zu alter Stärke zurück. Exportorientierte Unternehmen freut der Aufschwung der Schwedischen Krone. Er schafft Kursgewinne bei der Konvertierung von der Schwedischen Krone in den Euro und macht die deutschen Produkte für schwedische Importeure günstiger.

Die Unsicherheit und die großen Schwankungen in den Währungsmärkten erfordern einen professionellen Umgang mit Wechselkursbewegungen von den Unternehmen, die ihr Geschäft mit dem Nicht-Euro-Ausland betreiben. Ein erfolgreiches Devisenmanagement ermöglicht es nicht nur, drohende Risiken zu minimieren, sondern auch, mögliche Chancen zu erkennen und gewinnbringend für sich zu nutzen.

Für das Vorgehen bei der Absicherung der Wechselkursrisiken ist die jeweilige wirtschaftliche und rechtliche Situation eines Unternehmens bestimmend. Fragen zur Bilanzierungsvorschrift des Unternehmens, dem angestrebten Budgetkurs, den tragbaren Kosten der Absicherung sowie internen Darstellungsmöglichkeiten etwaiger Sicherungsstrategien spielen hier eine Rolle. Mit den Antworten ist der Handlungsspielraum des Devisenma-nagements abgesteckt.

Absicherungsmaßnahmen sollten immer unter dem Aspekt des Chancen-Risiko-Verhältnisses durchgeführt werden. Währungsrisiken bewusst offenzulassen, um auf einen günstigeren Kurs zu warten, ist riskant und bietet lediglich ein ausgeglichenes Chancen-Risiko-Verhältnis. Eine Alternative ist das klassische Devisentermingeschäft. Es sichert einen festen Kurs und verursacht bei Abschluss keine (Prämien-)Kosten. Ein solches Geschäft erfüllt oder optimiert im günstigsten Fall die Kurssicherungsplanung eines Unternehmens. Gleichzeitig sichert es das Unternehmen gegen zukünftige ungünstige Wechselkursbewegungen durch einen festen Kalkulationskurs ab. Allerdings nimmt das Termingeschäft dem Unternehmen auch die Chance, an vorteilhaften Kursveränderungen bis zur Fälligkeit zu partizipieren. Diese Sicherungsform ist passiv und statisch. Welche tatsächlichen Opportunitätskosten dieses Geschäft hat, zeigt sich erst am Laufzeitende beim Vergleich des abgesicherten Terminkurses mit dem Wechselkurs bei Fälligkeit.

In beiden Fällen werden zeitnah zum Zustandekommen des Grundgeschäfts Entscheidungen getroffen, bei denen das Chancen-Risiko-Profil ausgeglichen ist. Diese Entscheidungen werden zu Beginn des Absicherungszeitraums getroffen und berücksichtigen somit nur die Marktinformationen, die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen. Zukünftige Ereignisse und deren Auswirkungen auf den weiteren Kursverlauf können lediglich prognostiziert werden. An dieser Stelle hat das Timing, welches für den Erfolg einer Absicherungsstrategie entscheidend ist, eine große Bedeutung für das Unternehmen.

Vorteilhaft wäre es jedoch, könnten bei Entstehung des Grundgeschäfts ein Kurs gesichert und die Entscheidung, zu welchem Wechselkurs letztendlich abgerechnet werden soll, erst zum Laufzeitende getroffen werden. Diese Vorgehensweise würde das Risiko minimieren und die Chancen erhöhen. Das Unternehmen würde sich „Zeit kaufen“, um am Laufzeitende eine Entscheidung treffen zu können, die alle relevanten Marktinformationen und Kursverläufe einschließt. Das beschriebene Timingproblem wäre nicht mehr existent. Während der Laufzeit kann die Absicherungsstrategie zu jedem beliebigen Zeitpunkt an die dann aktuellen Marktgegebenheiten angepasst und optimiert werden. Anstelle einer statischen Absicherung oder einer ungesicherten Grundposition ist die Strategie des Unternehmens jetzt dynamisch. Sie kann aktiv im Devisenmanagement gesteuert werden.

Devisenoptionen werden den oben beschriebenen Anforderungen gerecht. Sie bieten dem Unternehmen einen festen Absicherungskurs und gleichzeitig die Chance, an vorteilhaften Kursbewegungen bis zum Laufzeitende zu partizipieren. Diese flexible Sicherung kostet in der Regel Geld in Form einer zu leistenden Prämie im Optionsmarkt. Je länger die Laufzeit des Grundgeschäfts und damit der Absicherung, desto höher die Prämie.

Ziel eines aktiven Devisenmanagements ist es, den Aufwand für die Prämien möglichst gering zu halten. Um dies zu erreichen, kann das Unternehmen alternativ zusätzlich Optionen verkaufen. Die dadurch vereinnahmte Prämie reduziert den Aufwand für die gekaufte Option, verringert allerdings auf der anderen Seite die Flexibilität der Absicherung. In Zeiten großer Marktschwankungen ist die Flexibilität ein wichtiger Faktor zur Steuerung des Devisenmanagements. Dabei sollte der Preis der Flexibilität im Verhältnis zu den Chancen stehen. Eine Möglichkeit, den Aufwand für die Optionsprämie zu minimieren und gleichzeitig die volle Partizipationschance zu erhalten, ist eine „Sicherung mit Eintrittswahlrecht“.

Diese Sicherung zeichnet sich aus durch

  • eine geringe anfängliche Prämie,
  • ein Wahlrecht zur Aufrechterhaltung der Sicherung und
  • den Eintritt in eine Devisenoption mit gleichzeitiger Beibehaltung der Partizipationschance bei Ausübung des Wahlrechts.

Die Funktionsweise dieser Absicherungsstrategie soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Ein Exporteur erwartet in 15 Monaten einen Zahlungseingang in Schwedischen Kronen. Dieser zukünftige Eingang soll bereits heute abgesichert werden. Ein Termingeschäft könnte zu einem Kurs von 9,1300 SEK/Euro (= Terminkurs) abgeschlossen werden. Eine Devisenoption mit einer Laufzeit von 15 Monaten und einem Basispreis, der dem Terminkurs entspricht, kostet 4,40% des Euro-Gegenwerts.

Die „Sicherung mit Eintrittswahlrecht“ kostet bei Abschluss 1,70% des Euro-Gegenwerts. In zwölf Monaten kann das Unternehmen entscheiden, ob es sein Wahlrecht in Anspruch nehmen möchte oder nicht. Übt der Exporteur sein Recht aus, erhält er eine Devisenoption mit einem Basispreis, der dem ursprünglichen Terminkurs (9,1300 SEK/Euro) entspricht und eine Restlaufzeit von drei Monaten hat. In diesem Fall zahlt das Unternehmen eine zweite Prämie in Höhe von 4,40% des Euro-Gegenwerts. Diese zweite Prämie entspricht der bereits erwähnten Devisenoption mit einer Laufzeit von 15 Monaten. Bei Fälligkeit am Laufzeitende kann der Exporteur nun entscheiden, ob er die Schwedischen Kronen aus der Option heraus zum Kurs von 9,1300 SEK/Euro verkaufen möchte oder einen besseren Konvertierungskurs am Markt erzielen kann. Das Unternehmen übt sein Wahlrecht nur dann aus, wenn eine vergleichbare Devisenoption am Markt teurer ist als die zweite Prämie.

Entscheidet sich der Exporteur gegen den Erwerb der zweiten Option, so endet diese Absicherungsstrategie nach zwölf Monaten. Es finden keine weiteren Zahlungen statt. Für die verbleibenden drei Monate benötigt das Unternehmen jedoch nun eine neue Absicherung, allerdings auf einem günstigeren Niveau. Dies kann entweder mittels eines Devisentermingeschäfts oder aber einer Devisenoption erfolgen.

Durch die sehr lange Laufzeit zahlt der Exporteur möglicherweise eine sehr hohe Prämie (1,70% + 4,40% = 6,10%) für die „Sicherung mit Eintrittswahlrecht“. Allerdings sind die anfänglichen Prämienaufwendungen deutlich geringer als bei einer Devisenoption mit einer Gesamtlaufzeit von 15 Monaten. Sollte das Wahlrecht vom Unternehmen nach zwölf Monaten nicht ausgeübt werden, reduziert sich der vergleichbare Prämienaufwand um ca. 60% (1,70% gegenüber 4,40%).

Trotz der geringen anfänglichen Prämie sichert sich der Exporteur für die gesamte Laufzeit einen Kalkulationskurs („Worst Case“) und gleichzeitig eine zwölfmonatige Flexibilität. Erst dann muss er sich endgültig entscheiden, ob er die Sicherung für die verbleibende Laufzeit von drei Monaten mittels des Wahlrechts oder einer anderen Strategie vornehmen möchte.

Die „Sicherung mit Eintrittswahlrecht“ stellt eine Alternative zu den klassischen Devisenoptionen bzw. -termingeschäften dar, um sich für die Entscheidungsfindung mehr „Zeit zu kaufen“ und Flexibilität zu erhalten. Mit der Kontrolle der Wechselkursrisiken und der erfolgreichen Ausnutzung von Marktschwankungen lässt sich ein wichtiger Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

Textkasten: Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Exportunternehmen unter Druck

Die anhaltende Euro-Krise und die weltweite Sorge um den Staatshaushalt der USA stellen die Schweizer Wirtschaft derzeit vor große Probleme. Durch den steigenden Kurs des Schweizer Franken müssen viele eidgenössische Unternehmen aus Exportbranchen Währungsverluste hinnehmen und um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten. Aufgrund des schwachen Euro haben Schweizer Produkte momentan mit einem enormen Preisanstieg im Ausland zu kämpfen. Die Währungsverluste aus Verträgen, die Schweizer Exporteure noch vor einiger Zeit in Euro oder US-Dollar abgeschlossen haben, belasten die Bilanzen schwer.

Den Schweizer Exportbranchen drohen dadurch erhebliche Umsatzrückgänge. Finanziell schwächer gepolsterte Unternehmen könnten sich gezwungen sehen, die Produktion ­herunterzufahren, und würden so ihren eigenen Cashflow schwächen. Viele Unternehmen aus Deutschland, dem wichtigsten Handelspartner der Schweiz, sehen sich momentan nach günstigeren Alternativen aus Ländern mit schwächerer Währung um.

Bisher konnte die Schweiz die Aufwertung des Schweizer Franken vergleichsweise gut ­verdauen. Die Nachfrage aus neuen Wachstumsmärkten in Asien und Lateinamerika scheint bislang anzuhalten. Im Augenblick sind besonders Unternehmen, die nicht in Nischen mit großem Spezialisierungsgrad und hoher Wertschöpfung tätig sind, von Umsatzeinbußen durch mangelnde Nachfrage aus dem europäischen Ausland bedroht. Doch eine langfristige Aufwertung des Schweizer Franken kann die eidgenössische Wirtschaft kaum auffangen. Eine anhaltende Euro-Krise und der damit einhergehende steigende Kurs für den Schweizer Franken gefährden den Konjunkturaufschwung südlich des Bodensees erheblich. Atradius Ad-hoc News.

Kontakt: jens.gerbers[at]bhf-bank.com

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