Mit Wirkung vom 1. Juli 2013 traten die „Einheitlichen Richtlinien für die Bank Payment Obligation“ (URBPO) in Kraft, ein Regelwerk, das von der Internationalen Handelskammer (ICC) zusammen mit Vertretern von SWIFT, internationalen Banken und der Industrie erstellt wurde. Welche Entwicklung hat das neue Absicherungsinstrument BPO im internationalen Handel seitdem genommen? ­Welche Vorteile bietet die BPO Ex- bzw. Importeuren, und was sind die ersten Reaktionen von Unternehmen?

Von Frank-Oliver Wolf, Global Head Cash Management & International Business, Commerzbank AG

Die BPO (Bank Payment Obligation) ist ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen einer Bank an eine andere Bank, nach erfolgreichem elektronischem Abgleich vereinbarter Handelsdaten am Fälligkeitstag Zahlung zu leisten. Sie ist somit ein neues Zahlungssicherungsinstrument im Trade-Finance-Geschäft, das erstmalig die zusätzliche Möglichkeit bietet, eine Zahlungsverpflichtung aus einer offenen Rechnung zwischen Banken zu bestätigen und damit finanzierbar zu machen.

Das Besondere der BPO ist ihre Stellung als Hybrid zwischen dem Akkreditiv und der offenen Rechnung. Abwicklungstechnisch gibt es viele Parallelen zum Akkreditiv, perspektivisch wird die BPO jedoch vor allem dazu dienen, die offene Handelsrechnung durch Möglichkeiten der Risikoabsicherung und Finanzierbarkeit „Trade-Finance-fähig“ zu machen.

Im Welthandel gewinnt die offene Handelsrechnung zunehmend an Bedeutung. Mindestens 90% der internationalen Handelsströme werden mittlerweile über diese Zahlungsform abgewickelt. Hier gilt es, Potentiale zur Risikoabsicherung und Finanzierung zu nutzen. Gleichzeitig zeigt der Markttrend steigende Tendenz bei der elektronischen Übertragung und Abwicklung von Handelsdaten über entsprechende Plattformen. Die BPO dient sowohl der Nutzbarmachung offener Rechnungsabwicklung als auch der Abwicklung von Handelsdaten auf elektronischer Basis.

Der elektronische Abgleich von Handelsdaten erfolgt über die jeweiligen Banken des Käufers bzw. Verkäufers. Diese Banken haben Zugriff auf eine spezielle Plattform für einen elektronischen Datenabgleich, genannt TMA (Trade Matching Application). SWIFT bietet dafür die Trade Service Utility (TSU) an, eine Plattform, auf die Banken weltweit zugreifen können. Die abzugleichenden Daten werden über die Applikation zwischen dem Käufer und dem Verkäufer im Vorfeld als sogenannte Baseline festgelegt. Nach Verschiffung bzw. Verladung der Ware stellt der Verkäufer die relevanten Handelsdaten über seine Bank für einen elektronischen Abgleich gegen die Baseline auf der TMA-Plattform zur Verfügung. Nach erfolgreichem „Matching“ wird die BPO zugunsten der Bank des Verkäufers erstellt, d.h., die Bank des Käufers (= BPO-Obligorbank) gibt gegenüber der Bank des Verkäufers (= BPO-Empfängerbank) ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen ab, bei Fälligkeit den Betrag des Handelsgeschäftes zugunsten des Verkäufers zu zahlen. Zusätzlich zur Zahlungsabsicherung hat der Verkäufer die Möglichkeit, sich ein vereinbartes Zahlungsziel unter der BPO finanzieren zu lassen.

Die BPO ist kein elektronisches Akkreditiv. Es kann den Umfang der Risikoabsicherung eines Akkreditivs nicht im vollen Umfang ersetzen, da keine Handelsdokumente präsentiert und von Banken geprüft werden. Stattdessen erfolgt eine Abwicklung aufgrund von elektronischen Handelsdaten, die eine solide Vertrauensbasis der Handelspartner voraussetzt. Die BPO kann daher als zusätzliches Instrument im Trade-Finance-Bereich gesehen werden.

Neben der Zahlungsabsicherung bietet die Abwicklung mit einer BPO und dem damit verbundenen elektronischen Datenabgleich diverse Vorteile, vor allem aus dem Blickwinkel der offenen Rechnung: Durch das Zahlungsversprechen zu einem festen Fälligkeitstermin kann der Verkäufer seine terminierten Zahlungseingänge für ein verbessertes Cash Management nutzen und zusätzlich Zeit und Aufwand für sein Debitorenmanagement verringern. Der elektronische Abgleich von Handelsdaten erhöht die Geschwindigkeit der Abwicklung, Änderungen des Handelsgeschäfts können kurzfristig kommuniziert und flexibel angepasst werden. Da die abzugleichenden Handelsdaten im Vorfeld zwischen Käufer und Verkäufer abgestimmt werden, verringert sich das Verschiffungs- und Vertragserfüllungsrisiko. Durch effiziente und beschleunigte Arbeitsabläufe können somit Kosten reduziert werden.
Um den jeweiligen Cashflow der Geschäftspartner zu verbessern, hat der Käufer die Möglichkeit, sein Zahlungsziel zu verlängern und gleichzeitig dem Verkäufer eine Finanzierung unter seinem Kreditrating anzubieten. Das entspricht dem Finanzierungsmodell von Approved Payables Finance (auch bekannt als Reverse Factoring) im Bereich Supply Chain Finance (SCF).

Im Wesentlichen bietet die BPO eine Optimierung des Managements von Working Capital, Risiko und Prozessen mit möglicher Zurverfügungstellung von Liquidität. Dies sind die Kernfaktoren für ein effektives Management entlang der Wertschöpfungskette. Somit wird die BPO nicht nur als neues Instrument für Trade Finance, sondern auch als Erweiterung des Leistungsangebotes von Supply Chain Finance gesehen.

Eine erfolgreiche Einführung neuer Produktlösungen und technischer Innovationen am internationalen Markt ist in aller Regel abhängig von der Akzeptanz und der Perspektive für die Industrie- und Bankwelt. Das gilt auch für die BPO.

Das Engagement der Internationalen Handelskammer bei der Einführung der BPO durch die Erstellung einheitlicher Richtlinien (URBPO) sowie ihre Präsenz mit dem Thema BPO auf internationalen Konferenzen und Fachveranstaltungen zeigt, dass sie die Zukunft der BPO positiv einschätzt. SWIFT hat Ende November bekanntgegeben, dass mittlerweile 56 Bankengruppen in 42 Ländern Zugang zur Matching-Plattform TSU haben, um sich für die BPO zu rüsten. Die Tendenz ist steigend. Darüber hinaus diskutiert die SCF Working Group der EBA (European Banking Association) die BPO im Zusammenhang mit Supply Chain Finance.

Entscheidend für die erfolgreiche Platzierung der BPO am Markt werden jedoch internationale Handelsunternehmen sein. Nur wenn Exporteure und Importeure die Praktikabilität und Profitabilität der BPO erkennen und das neue Instrument für ihre Handelsgeschäfte nutzen, wird die BPO langfristig an Bedeutung gewinnen und sich am Markt etablieren.

Sowohl Großkunden als auch mittelständische Handelsunternehmen zeigen bereits ein generelles Interesse an der BPO. Die beschriebenen Möglichkeiten und Vorteile der BPO werden – je nach Bedarf – von den Handelsunternehmen unterschiedlich bewertet. Vor allem in Asien stößt die BPO bei Unternehmen auf großes Interesse.

Die BPO befindet sich zum jetzigen Zeitpunkt noch in der Pilotphase. Erste Pilottransaktionen zwischen internationalen Unternehmen und Banken sind bereits durchgeführt worden. Sie werden weiterhin zu mehr Sicherheit im Umgang mit der BPO beitragen und deren Etablierung am Markt voranbringen. Die BPO hat als innovatives Trade-Finance-Instrument eine langfristige Zukunft.

Kontakt: frank-oliver.wolf[at]commerzbank.com

18 replies on “Die Bank Payment Obligation (BPO) im Außenhandel”

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