Der afrikanische Markt für Finanzinstitutionen erstreckt sich auf 54 verschiedene Länder und weist eine damit verbundene hohe Heterogenität auf. Diese ist im Vergleich zu anderen Regionen deutlich stärker geprägt von klassischen Banken als von Versicherungen oder kapitalmarktorientierten Finanzinstitutionen und befindet sich gleichzeitig in einem sehr dynamischen Wandel.
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Der Bankensektor in Afrika ist geprägt von einer sowohl international als auch national weiterhin geringen Finanzintermediation zwischen Überschuss- und Defiziteinheiten, regelmäßig stattfindenden Versuchen der Liberalisierung mit sich anschließenden Bankenkrisen (ein international festzustellender Zusammenhang) und einem Trend hin zu grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen. Multilaterale Finanzinstitutionen zeigen darüber hinaus ein starkes Wachstum auf. Diese Analyse fokussiert sich daher im Wesentlichen auf eine Darstellung des afrikanischen Bankensektors, auch deshalb, weil dieser mit Abstand der für exportgetriebene Unternehmen in Europa relevante Teil des Finanzinstitutionensektors bleiben wird.
Fragmentierter Markt
Selbstverständlich zeigt der afrikanische Bankenmarkt eine ähnlich hohe Vielfalt wie der afrikanische Kontinent selbst. Bei 54 Ländern ist es offensichtlich, dass sich die meisten Länder kaum gleichen können, und genauso verhält es sich mit den verschiedenen Bankenmärkten und den Banken. Gut entwickelte, große und mit positiver Dynamik versehene Bankenmärkte wie in Südafrika, Marokko, Ägypten und Nigeria stehen sehr problematischen Bankenmärkten wie in Südsudan, Libyen und Sierra Leone gegenüber. In manchen Ländern ist der Bankenmarkt zwar stabil, jedoch auf sehr niedrigem volkswirtschaftlichem Niveau, wie z.B. in Äthiopien oder der Demokratischen Republik Kongo. Bankenmärkte sind weltweit immer ein Abbild der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation eines Landes.
Gleichwohl gibt es eine Reihe positiver Entwicklungen: Zum einen sind Wirtschafts- und Währungsräume entstanden, wie z.B. die ECOWAS mit Nigeria als größter Volkswirtschaft oder auch die beiden französischsprachigen Unionen UEMOA mit der Côte d’Ivoire und CEMAC mit Kamerun als Ankervolkswirtschaften. Diese Währungsräume zeichnen sich durch eine Vereinheitlichung der sektorspezifischen Regulierung aus, und der Transfer von Kapital hat eine vergleichsweise hohe Freizügigkeit. So ist es auch nicht verwunderlich, dass es aus diesen Märkten heraus einen Trend zur Bildung von großen, grenzüberschreitenden Gruppen gibt.
Als Beispiele können hier die Ecobank, United Bank for Africa oder die Orabank-Gruppe genannt werden. Panafrikanisch treiben übrigens derzeit die drei großen marokkanischen Bankengruppen mit Hilfe königlicher Unterstützung und basierend auf einem nachhaltigen Wirtschaftsmodell sowie zwei südafrikanische Gruppen die Bankensektorkonsolidierung voran. Und aus Ägypten kann für die Zukunft ebenfalls panafrikanische Aktivität erwartet werden.
Geringe Finanzmarktintermediation
Sowohl international als auch regional bleibt die Finanzmarktintermediation, d.h. der Austausch von Kapital – sowohl in Form von Eigen- als auch von Fremdkapital – zwischen Überschusseinheiten (vereinfacht: Sparern) und Defiziteinheiten (vereinfacht: Kreditnehmern) auf weltweit niedrigem Niveau. International hat es in den vergangenen zehn Jahren ein hohes Wachstum an Finanzierungen für afrikanische Staaten und Banken gegeben, es war jedoch begünstigt durch die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken von Volkswirtschaften mit Kapitalüberschuss und nicht durch eine verbesserte Risikoperzeption.
Gleichzeitig war und ist natürlich das Niveau immer noch gering und wird weiterhin stark geprägt von multilateralen Finanzinstitutionen – insbesondere im langfristigen Bereich zur Investitionsgüterfinanzierung. Strukturell gab es daher lediglich eine kleine Verbesserung, was übrigens der allgemeinen positiven politischen und volkswirtschaftlichen Entwicklung vieler – insbesondere größerer – afrikanischen Nationen nicht Rechnung trägt.
Vergleichsweise weit fortgeschritten und für die meisten afrikanischen Nationen stabil ist die Möglichkeit zur Finanzierung des kurzfristigen Handels in Form von Akkreditiven, Garantien und kurzfristigen Supply-Chain-Finanzierungen. Diese wird ergänzt um die Möglichkeiten der staatlichen Exportkreditversicherungen. Aber auch hier gibt es für einige Märkte weiterhin hohe Knappheiten, nicht zuletzt auch getrieben durch den Rückzug vieler europäischer und US-amerikanischer Großbanken im klassischen Korrespondenzbankgeschäft. Insbesondere kleine Märkte, die nur sehr geringe Skaleneffekte liefern können und auch keiner der Wirtschafts- und Währungsunionen angehören, also z.B. Mauretanien, Sierra Leone, die Demokratische Republik Kongo oder Sambia, leiden darunter.
Internationale Investoren oder auch Exporteure werden jedoch auch bei der lokalen Finanzintermediation auf Herausforderungen stoßen. Vor allem der Deutschland industriell prägende Mittelstand hat hier einen strukturellen Nachteil: Banken in den meisten afrikanischen Ländern bieten nur sehr rudimentäre Formen des Kredits an, da die öffentliche Hand als Gläubigerin stark in der Kreditaufnahme ist, die Regulatorik durch eine Präferenz in Form einer Nullgewichtung der Risikoaktiva zusätzlich wirkt und somit ein klassisches „Crowding-out“ stattfindet. Die Fristentransformation ist zudem nur bedingt möglich, weil die Sparquoten privater Haushalte gering und Ersparnisse daher nur kurzfristig angelegt sind. Kredit wird daher oftmals nur an große lokale Unternehmen oder Töchter großer internationaler Gruppen gegeben.
Dies ist ein struktureller Nachteil für eine von Hidden Champions geprägte Exportindustrie, wie sie Deutschland aufweist. Hier kann eine enge Zusammenarbeit zwischen zwei Korrespondenzbanken sinnvoll sein, da das erworbene Vertrauensverhältnis beispielsweise die Stellung von gegenseitigen Garantien und damit ein Handelsgeschäft ermöglicht. Zudem gibt es ergänzende Modelle der Zusammenarbeit, wie z.B. den von der DEG (KfW Gruppe) geförderten German Desk bei der Access Bank in Nigeria.
Multilaterale Institutionen und neue Akteure
Bereits seit einem Jahrzehnt ist eine verstärkte Aktivität afrikanischer multilateraler Organisationen zu erleben. Die African Development Bank (AfDB) mit Sitz in Abidjan, Côte d’Ivoire, ist insbesondere seit der großen Finanzkrise sehr stark im Kreditvolumen gewachsen und profitiert dabei natürlich von ihrem AAA-Rating und der regelmäßigen Zurverfügungstellung von Entwicklungshilfegeldern der EU sowie der USA. Die African Export Import Bank (Afrexim) mit Sitz in Kairo, Ägypten, hat einen beeindruckenden Weg nach vorn angetreten und bereitet sich nun auch auf Situationen mit erhöhtem Stresspotential vor. Die Banque Ouest-Africaine de Dévéloppement (BOAD) mit Sitz in Lomé, Togo, hat sich erfolgreich aus ihrer jahrzehntelangen Lethargie befreit und ist nun in der Lage, aktiv an der Finanzierung von privaten Projekten teilzunehmen. Und die Development Bank of South Africa (DBSA) in Johannesburg nimmt ihr neues Mandat als grenzüberschreitender Finanzierer sehr aktiv war.
Daneben treten neue Akteure auf, insbesondere Private Equity und Private Debt sind Trends, die sich aus der Nische hinausbewegen: Mit nunmehr rund 20 international geprägten und rund 50 ernstzunehmenden lokalen Investitionshäusern entsteht eine sponsorengetriebene Ergänzung des Finanzierungsmixes, die auch von der Generation der Erben afrikanischer Unternehmen mehr und mehr für Wachstumsprogramme in Anspruch genommen wird. Ferner konnte in vielen afrikanischen Staaten in der Vergangenheit beobachtet werden, wie aus der Not des mangelnden Angebots eine Tugend gemacht wurde. Ein „Leapfrogging“ wie z.B. in den Mobilfunk oder die Gründung von mobilfunkgestützten Zahlungsverkehrsanbietern wie M-PESA in Kenia sind einige Beispiele. Trotzdem darf man von der regelmäßig zitierten Digitalisierung keine Wunder in der Finanzierung erwarten, dafür sind die Sparquoten noch zu gering.
Ausblick
Die Finanzierung mit Hilfe afrikanischer Banken bleibt weiterhin herausfordernd: Eine weiterhin hohe Fragmentierung sowie eine geringe internationale und nationale Finanzmarktintermediation bei immer noch zu hoher Risikoperzeption nichtafrikanischer Akteure dürften die wesentlichen Hemmnisse sein. Dies erschwert z.B. einen optimalen Finanzierungsmix bei einem Markteintritt bzw. beschränkt die Finanzierungsmöglichkeiten mittelständisch geprägter afrikanischer Partnerunternehmen.
Die höhere Dynamik der multilateralen Organisationen, die Herausbildung grenzüberschreitender Bankengruppen sowie das Aufkommen neuer Akteure, ergänzt um digitale Angebote sowie neue Partnerschaften, sind jedoch zweifelsohne positive Zeichen, die den Weg zur Finanzierung erleichtern werden. Akteure sind weiterhin aufgefordert, ihre Risikowahrnehmung bezüglich Afrikas zu ändern und dabei vor allem stärker zu differenzieren. Wem ist bewusst, dass zwei Wirtschafts- und Währungsunionen in Afrika sehr eng mit dem Euro verbunden sind und daher eine robuste Kapitalverkehrssituation aufweisen?
Europäische Banken, die den afrikanischen Kontinent in seiner Gesamtheit und die einzelnen Länder in ihren Spezifika verstehen, bleiben dabei weiterhin die besten Ansprechpartner, um zusammen mit afrikanischen Banken Finanzierungslösungen für eine Expansion nach Afrika zu finden. Maßgeblich ist ein gutes und umfangreiches Netz an Korrespondenzbanken. ODDO BHF – mit seiner seit Jahrzehnten ausgewiesenen Afrika-Expertise auch für kleine und mittlere Märkte – steht hier mit dem erfahrensten deutschsprachigen Afrika-Team den europäischen Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite.