Ausgerechnet zur Fußballweltmeisterschaft, wenn der Gastgeber Brasilien im Fokus der Weltöffentlichkeit steht, ist das Land – ­wirtschaftlich gesehen – alles andere als in Feierlaune. Während Brasilien noch bis vor ein paar Jahren als vielversprechender Aufsteiger bei internationalen Investoren galt, hat es heute mit einer schwächelnden Wirtschaft und wachsenden Bürgerprotesten zu kämpfen. Ein kurzer Überblick über die Risikoeinschätzung von Credimundi.

Von Christoph Witte, Direktor Deutschland, Credimundi, Member of the Credendo Group

Brasilien zählte noch bis vor kurzem zu den Favoriten unter den Anlegerländern für internationale Investoren und wurde gepriesen für seine guten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Ein Jahrzehnt lang durchlief das Land eine Phase robusten Wachstums, in der es gelang, die sozialen Ungleichheiten und die Armut spürbar zu verringern. Der wirtschaftliche Aufschwung wurde durch günstige externe Bedingungen – insbesondere den Rohstoffboom – angetrieben und durch eine Wirtschaftspolitik gestützt, die die Verbraucher zum Konsum anregte.

Doch seit 2011 lahmt die Konjunktur. Das BIP-Wachstum ist von einem Rekordwert in Höhe von 7,5% im Jahr 2010 auf magere 2% im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre zurückgegangen. Das konsumorientierte Wachstumsmodell ist nicht nachhaltig und erweist sich angesichts niedrigerer Rohstoffpreise und des schleichenden Vertrauensverlusts der Investoren als anfällig für abnehmende Devisenzuflüsse. Für Unternehmen ist nicht nur das Geschäftsumfeld herausfordernd, auch die angespannte Arbeitsmarktlage und die mangelhafte Infrastruktur sorgen für erhebliche Engpässe auf der Angebotsseite. Die expansive Fiskalpolitik wird fortgeführt. Die Zentralbank hat Schwierigkeiten, die Inflation einzudämmen – die Inflationsrate liegt nach wie vor weit über 4,5%, das ist der mittlere Wert des angestrebten Zielkorridors von (2,5% bis 6,5%) der Zentralbank.

Der Weg aus der Wachstumsschwäche heraus geht nur über Strukturreformen und die Mobilisierung der Ersparnisse. Letztere könnte helfen, die Inflation im Zaum zu halten. Eine Rückkehr zur Haushaltskonsolidierung (einer der Schlüsselfaktoren für Brasiliens wirtschaftlichen Erfolg) ist dringend nötig, um die Glaubwürdigkeit der Politik wiederherzustellen. Die „Heilige Dreifaltigkeit“ der Wirtschaftspolitik, also flexibler Wechselkurs, Inflationssteuerung und solide Staatsfinanzen, wurde zunehmend von sozialpolitischen Zielen überlagert. Doch Staatspräsidentin Dilma Rousseff wird vor den Parlamentswahlen im Oktober 2014 kaum unpopuläre Maßnahmen umsetzen können.

Angesichts einer aufstrebenden Mittelschicht, die sich nicht davor scheut, ihren Unmut auf der Straße kundzutun, wird sich die Regierung mit unbeliebten Maßnahmen zurückhalten. Im Juni 2013 demonstrierten über 1 Million Bürger landesweit in verschiedenen Städten. Sie stellten die hohen Lebenshaltungskosten an den Pranger, forderten eine bessere öffentliche Versorgung sowie ein Zurückdrängen der verbreiteten Korruption. Solche Proteste könnten erneut aufflammen, während Brasilien die Fußballweltmeisterschaft der FIFA veranstaltet. Viele Brasilianer sind der Ansicht, dass die Kosten der Veranstaltung zu hoch sind und die Staatskassen übermäßig belasten.

In den nächsten Jahren dürfte sich das außenwirtschaftliche Umfeld kaum verbessern. Brasilien wird voraussichtlich weiterhin mit einem geringen Wirtschaftswachstum enttäuschen – die Prognose lautet 1,8% für das Jahr 2014 und weniger als 2,7% für das Jahr 2015.

Das schwache Wachstum und die Verschlechterung der öffentlichen Finanzen fließen in die Risikoeinschätzung von Credimundi ein, rechtfertigen jedoch noch keine Änderung der Risikobewertung. Das wirtschaftliche Risiko verharrt in der schlechtesten Kategorie ©, was auf die anhaltend hohen Zinssätze, die jüngste Abwertung des Brasilianischen Real und das schwierige Geschäftsumfeld zurückzuführen ist. Das kurzfristige politische Risiko (Kategorie 2 in einer Skala von 1 bis 7), das sich auf die kurzfristige Zahlungs-fähigkeit des Landes bezieht, bleibt dank einer soliden Liquidität gering: Das Devisenpolster ist komfortabel und reicht aus, um die im Verhältnis zu den Exporten hohen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen zu finanzieren.

Weitere Informationen zu Länderrisiken ­stehen unter www.credimundi.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Kontakt: c.witte[at]credendogroup.com

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