Die Erschließung afrikanischer Märkte erfordert eine gründliche Vorbereitung und eine individuelle Strategie für einzelne Zielländer. Eine hohe Zahlungsbereitschaft für importierte Produkte bietet deutschen Unternehmen gute Absatzchancen und begrenzt die Zahlungsausfallrisiken. Marc Zander, Director von XCOM Africa, sprach mit dem ExportManager über seine Beratungserfahrungen.
Interview mit Marc Zander Director, XCOM Africa
Herr Zander, glaubt man den Prognosen internationaler Organisationen, liegen einige der wachstumsstärksten Märkte der kommenden Jahre in Afrika. Auch Investoren aus den großen Schwellenländern, allen voran China, geben sich in den rohstoffreichen Ländern des Kontinents seit Jahren die Klinke in die Hand. Können Sie diese Attraktivität Afrikas auch für Ihr eigenes Beratungsgeschäft bestätigen? Wo liegen Ihre Länderschwerpunkte?
Wir als XCOM Africa sind nun seit mehr als drei Jahren am Markt, und inzwischen spüren wir ein vermehrtes Interesse an Afrika und unserer Beratungsleistung. Was als Start-up in Willich angefangen hat, ist inzwischen eine Firma mit acht Mitarbeitern, die zum größten Teil in Afrika arbeiten. Wir konzentieren uns auf die Wachstumsmärkte in Subsahara-Afrika und sind mit Büros in Kenia und Nigeria sowie Personal in Ghana und Ruanda vertreten. Weiterhin arbeiten wir mit verschiedenen Partnern und decken damit das gesamte Afrika südlich der Sahara ab.
Jedoch steht das Beratungsgeschäft für Afrika noch ganz am Anfang. Afrika ist der letzte unerschlossene große Markt auf der Welt, aber Unternehmen und vor allem deutsche sind noch sehr zurückhaltend. Wir stellen aber auch immer wieder fest, dass die großen Unternehmen nach Afrika sehen. Uns ist bekannt, dass bei mindestens 20 DAX-Unternehmen Afrika als Markt im Vorstand diskutiert wird, dabei haben wir an drei Vorlagen selbst mitgearbeitet.
Deutsche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren zunächst die Schwäche der Industrieländer und anschließend die geringere Dynamik der großen Schwellenländer durch die Verlagerung ihrer Geschäftsaktivitäten in neue Märkte kompensiert. Werden die Risiken in Afrika angesichts der unerwarteten Ausfälle in bislang etablierten Märkten inzwischen als weniger gravierend wahrgenommen?
Leider kann man Afrika nicht als einen Markt betrachten, sondern sollte jedes Land für sich verstehen. Dabei sind die Risiken von Land zu Land unterschiedlich und damit auch verschieden hoch. Festzustellen ist aber auch, dass die afrikanischen Länder sich nicht sehr von anderen Märkten auf der Welt unterscheiden. Zahlungsausfälle passieren überall, wie auch in Afrika. Jedoch stellen wir auch immer wieder fest, dass afrikanische Geschäftsleute teilweise bereit sind, hohe Anzahlungen zu machen, da sie ihren Ruf kennen und trotzdem sehr interessiert daran sind, das Geschäft zu machen. Ich kenne Firmen, die bestehen auf 100% Anzahlung und machen trotzdem sehr gutes Geschäft in Afrika. Wir sind der Meinung, dass man die afrikanischen Märkte genauso bearbeiten sollte wie andere auch und das vor allem mit gesundem Menschenverstand.
Welche Branchen zieht es nach Afrika? In den Rohstoffländern sind sicherlich Rohstoffkonzerne und Lieferanten von Ausrüstungen gefragt. Für den Ausbau der Infrastruktur leisten deutsche Ingenieure wertvolle Arbeit. Aber wie steht es mit Investitionsgütern für das verarbeitende Gewerbe, Konsumgütern und Dienstleistungen?
Aktuell sind vor allem die Unternehmen aktiv, die von der wachsenden Mittelschicht profitieren. Dazu gehören vor allem Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter und Mode, aber auch Luxusmarken wie Porsche. Weiterhin sehen wir ein starkes Interesse an Unternehmen, die IT-Lösungen liefern, insbesondere an den Finanzsektor. Dazu gehören vor allem Firmen aus dem Bereich Zahlungslösungen wie EC-Kartenlesegeräten, Geldautomaten und Softwarelösungen. Ein weiterer sehr interessanter Markt liegt in dem Bereich Lebensmittelverarbeitung und -verpackung. In den nächsten Jahren werden die wachsende Mittelschicht, die Urbanisierung und ein moderner Lebensstil neue Lösungen im Bereich Verarbeitung und Verpackung nötig machen. Der Bereich der Investitionsgüter ist noch immer schwierig. Die afrikanischen Länder haben zwar Strategien zur Diversifizierung, jedoch tun sich die meisten mit dem Aufbau einer Industrie immer noch schwer. Erst in den nächsten Jahren erwarten wir hier weiteres Wachstum.
Welches Vorgehen empfehlen Sie deutschen Unternehmen bei der Markterschließung? Welche Produkte eignen sich? Sollte man den Markt Land für Land erschließen, oder gibt es sinnvolle Regionalstrategien?
Vor allem empfehlen wir, jetzt mit Afrika anzufangen. Das Vorgehen, das wir den meisten Kunden empfehlen, kann in vier Schritte eingeteilt werden.
1.) Analysieren Sie alle 54 Länder kurz, und stellen Sie eine Liste der Top-5-Länder zusammen. Dabei spielen einfache Themen wie Sprache, Potential, Marktgröße, Wachstum und Risiken eine Rolle.
2.) Analysieren Sie die Top-5-Märkte genauer, und überlegen Sie sich, was Sie wissen müssen: Steuern und Abgaben für mein Produkt, Marktvolumen, Anpassung meiner Produkte an das jeweilige Land, Preise vor Ort, Einfuhrbestimmungen wie auch rechtliche Gegebenheiten sind dabei nur einige wenige Punkte.
3.) Überlegen Sie, wie sie diese Märkte bearbeiten wollen, und entwickeln Sie eine entsprechende Strategie. Dabei könnte ein Büro vor Ort in Frage kommen, eine Vertretung oder ggf. auch einfach ein Exportgeschäft.
4.) Reisen Sie in die ausgewählten Märkte, und sprechen Sie mit potentiellen Kunden und Partnern. Nur wer vor Ort war, hat wirklich einen guten Eindruck von dem Marktpotential.
Die Produkte sollten immer auf den afrikanischen Markt zugeschnitten sein. Im Konsumgüterbereich könnten es kleine Verpackungen sein, so dass der Kunde auch mit wenig Einkommen das Produkt erwerben kann. Im Industriegüterbereich sollte die Maschine leicht zu warten sein, an die Gegebenheiten wie Hitze und Luftfeuchtigkeit angepasst sein, und Service sollte leicht zu erbringen sein.
Regionale Strategien wurden immer wieder entwickelt, vor allem für die Ostafrikanische Gemeinschaft (EAC), die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC) oder auch den Gemeinsamen Markt für Ost- und Südafrika (COMESA). Leider mussten wir aber immer wieder feststellen, dass Sie Ghana nicht aus Nigeria betreuen können, Uganda kaum aus Kenia, und auch Angola werden Sie sicherlich nicht aus Südafrika steuern können. Wir empfehlen somit meistens eine Länderstrategie und keine Regionalstrategie.
Und schließlich: Was empfehlen Sie, wenn der Erfolg ausbleibt oder politische Risiken zum Tragen kommen? Wo sehen Sie die Schmerzgrenze für ein eigentlich langfristig angelegtes Engagement?
Politische Risiken sind immer dann sehr hoch, wenn Sie mit Regierungen direkt zusammenarbeiten müssen. Meistens sind dies große Investitionsprojekte wie auch Infrastrukturprojekte. Wir empfehlen in diesen Projekten immer, sehr eng mit den entsprechenden Ministerien und anderen Parteien zusammenzuarbeiten, um politische Risiken ggf. antizipieren zu können. Weiterhin ist es immer wieder wichtig, eine Exit-Strategie zu haben. Dabei sollten Sie als Management überlegen, was in einem entsprechenden Fall zu tun ist. Wir sehen aber auch, dass die meisten Unternehmen wieder in die nordafrikanischen Länder zurückgekehrt sind, nachdem dort die Situation sehr kritisch war.
Kontakt: marc.zander[at]xcom-africa.com
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