Die US-Regierung hat am 21. November 2011 weitere Maßnahmen beschlossen, um den wirtschaftlichen und politischen Druck auf Iran zu erhöhen. Dazu gehört auch die Executive Order (EO) No. 13590 , mit der Präsident Obama zusätzliche wirtschaftliche Aktivitäten im Energiesektor in das Sanktionsregime einbezogen hat. Die Verbote richten sich auch an Nicht-US-Bürger, die mit Nicht-US-Gütern handeln. Daher ist die EO bei allen Geschäften auf dem Energiesektor mit iranischen Partnern zu berücksichtigen.
Von Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt und Partner, und Hartmut Henninger, Rechtsanwalt, Graf von Westphalen
Das US-Regime zur Sanktionierung von ausländischen Unternehmen, die auf dem iranischen Energiesektor tätig sind, wurde schon 1996 durch den Iran Sanctions Act (ISA) eingerichtet. Durch diesen wurden bestimmte Investitionen in den iranischen Energiesektor verboten. Eine wesentliche Erweiterung hatte der ISA im Jahr 2010 durch den Comprehensive Iran Sanction, Accountability, and Divestment Act (CISADA) erfahren. Dieses Gesetz nahm erstmals die Bereitstellung von einzelnen Gütern und Dienstleistungen zur Verbesserung und Ausweitung der iranischen Öl- und Gasproduktion ins Visier. Die neue EO erweitert den Kreis der sanktionsfähigen Aktivitäten und führt zusätzliche Sanktionsmaßnahmen ein.
Zum einen wird das durch CISADA eingeführte Verbot wesentlich verschärft. Sanktioniert werden kann nun auch jede Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, die dazu beitragen können, die iranischen Explorationskapazitäten auch nur zu erhalten. Die betragsmäßigen Schwellenwerte werden von 5 Mio USD pro Geschäft bzw. 20 Mio USD pro Jahr auf 1 Mio USD bzw. 5 Mio USD gesenkt. Zum anderen wird das Verbot von nun an auf die petrochemische Industrie ausgedehnt, die von der US-Regierung als Hauptdevisenquelle der iranischen Führung ausgemacht wurde. In diesem Bereich liegen die Schwellenwerte mit 250.000 USD bzw. 1 Mio USD besonders niedrig. Die Feststellung einer verbotenen Aktivität obliegt dabei dem US-Außenministerium.
Nachdem das US-Außenministerium festgestellt hat, dass eine Person gegen eines der genannten Verbote verstoßen hat, sind Sanktionen aus zwei unterschiedlichen Bereichen möglich, die auch kumulativ angeordnet werden können. Das eine Maßnahmenbündel richtet sich gezielt gegen die eigentliche Geschäftstätigkeit dieser Person: Der Ex-Im Bank kann jede Unterstützung für einen Export an diese Person aus den USA untersagt werden. Ebenso kann jede US-Behörde daran gehindert werden, eine notwendige Genehmigung oder Lizenz für einen Export an diese Person auszustellen oder in geschäftliche Beziehungen mit dieser Person zu treten. Zudem können umgekehrt alle Importe dieser Person in die USA verboten werden.
Die anderen Maßnahmen sind finanzieller Art. Das US-Finanzministerium kann die Vergabe von Krediten durch US-Banken verbieten und Finanztransaktionen unterbinden, wenn diese der Jurisdiktion der USA unterfallen. Darüber hinaus können alle in den USA befindlichen Vermögenswerte der Person eingefroren werden. Vertrauensschutz gewährt die EO in beiden Fällen für bestehende Verträge oder bereits erteilte Genehmigungen und Lizenzen.
Die US-Regierung möchte ihren Verboten maximale Wirksamkeit verleihen und lässt daher für die Verhängung von Sanktionen praktisch jede gesellschaftsrechtliche Verbindung mit der handelnden Person ausreichen. Dies bedeutet, nicht nur das handelnde Unternehmen selbst kann mit Sanktionen belegt werden, sondern auch jedes weitere Unternehmen, das dieses beherrscht oder kontrolliert oder von diesem beherrscht oder kontrolliert wird. Auf diese Weise kann der Verstoß einer einzelnen Geschäftseinheit gegen eines der obengenannten Verbote im Extremfall zu einer „Infektion“ des ganzen Konzerns führen. Die Auslegung der Bestimmungen ist aber derzeit noch unsicher.
Trotz einer mittlerweile eingetretenen Gewöhnung muss eines immer wieder betont werden: Das Verbot der US-Regierung richtet sich an jedermann. Es erhebt den Anspruch, die Freiheitsrechte von Nicht-US-Bürgern hinsichtlich der Handlungen außerhalb des Territoriums der USA zu beschränken. Die Völkerrechtswidrigkeit dieses Vorgehens steht nach europäischem Rechtsverständnis außer Frage. Dies bestätigt die EG-Verordnung Nr. 2271/96 vom 22. November 1996, die dem Schutz von EU-Bürgern gegen die Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von drittländischen Rechtsakten dient (EU-Blocking Regulation). Eine kritiklose Übernahme der Maßnahmen als bindendes Recht ist daher ebenso wenig anzuraten wie Ignoranz gegenüber dem US-amerikanischen Recht.
Die US-Regierung hat zeitgleich mit dem Erlass der EO eine weltweite diplomatische Kampagne gestartet, mit der sie die iranische Führung treffen möchte. Sie lässt ihre Botschafter und Botschafterinnen gleichlautende Schreiben an in den jeweiligen Staaten ansässige Unternehmen verschicken, von denen sie annehmen, dass diese oder mit ihnen verbundene Unternehmen mit dem iranischen Energiesektor Geschäftsbeziehungen unterhalten. In diesen Briefen wird – unter Hinweis auf die möglichen Sanktionen – um die Überprüfung dieser Geschäftsbeziehungen gebeten.
Die Wirtschaftsteilnehmer müssen die Regelungen der EO in ihrem Tagesgeschäft, aber auch bei ihren strategischen Entscheidungen beachten und ernst nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Unternehmen oder eines seiner Teile Geschäftsbeziehungen in die USA unterhält oder dort ansässig ist.
Die Verbote der EO sind nahezu lückenlos. Jedoch stehen die Feststellung eines Verstoßes und die Anordnung von Sanktionen im Ermessen der US-Regierung, und es lässt sich derzeit noch nicht absehen, wie diese ihr Ermessen auszuüben gedenkt. Dies wird sicher auch von der Entwicklung in der EU abhängen. Je mehr sich die US- und die EU-Sanktionen gleichen, desto geringere politische Kosten sind für die USA mit der Durchsetzung der EO verbunden. Da die EU mit ihrer Entscheidung vom 23. Januar 2012 (Beschluss 2012/35/GASP des Rates) ihre Sanktionen verschärft und insbesondere auch auf die petrochemische Industrie ausgedehnt hat, ist eine Annäherung eingetreten. Es bleibt aber der Konflikt zwischen dem extraterritorialen, umfassenden Anspruch der USA und den listenbezogenen Regeln der EU – ein vollständiger Gleichklang ist nicht absehbar.
Textkasten: Informationen zur Exportkontrolle
Vertiefende Informationen zu Exportregelungen im Allgemeinen und dem Iran-Embargo im Besonderen werden an verschiedenen Stellen zur Verfügung gestellt.
Auf Bundesebene sind die Embargobestimmungen in Bezug auf Güterverkehr und technische Unterstützung auf der Internetseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (www.ausfuhrkontrolle.info) detailliert zu finden.
Erläuterungen zum Schwerpunkt Zahlungsverkehr und Finanzdienstleitungen hält die Deutschen Bundesbank unter www.bundesbank.de/finanzsanktionen/finanzsanktionen.php bereit.
Zudem veröffentlicht das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) auf seiner Website zusätzliche Informationen zu Genehmigungen von Investitionen und Angaben zum Iran-Embargo, wenn dieses den Güterverkehr betrifft (www.bmwi.bund.de).
Die Internetseite der EU-Kommission erteilt im EU-Kontext Auskunft zum Thema (ec.europa.eu/external_relations/cfsp/sanctions/index_de.htm) und die rechtlichen Regelungen sind in der zugehörigen Rechtsakte im EU-Amtsblatt (http://eu-lex.europa.eu) nachzulesen.
Genaue Informationen zum Thema Standard-Exportkontrollregelungen sind im Handbuch der deutschen Exportkontrolle (HADDEX: www.bafa.de/ausfuhrkontrolle/de/arbeitshilfen/haddex/index.html) zusammengefasst.
Kontakt: l.harings[at]gvw.com ; h.henninger[at]gvw.com
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