Für den Bau von technisch ausgeklügelten und auf dem Weltmarkt bestehenden Hightechschiffen ist höchste Ingenieurskunst gefragt. Die schwimmenden Riesen müssen den heutigen unterschiedlichsten Anforderungen auf See und in den Häfen gerecht werden. Das seit Generationen vorhandene Know-how in deutschen Werften gilt es zu sichern und zu stärken – nicht zuletzt
durch die Bereitstellung individueller Finanzierungslösungen und Förderinstrumente des Bundes.
Von Dr. Carsten Wiebers, Abteilungsleiter Maritime Industrie, KfW IPEX-Bank
Kapazitätsauslastung und Beschäftigungssicherheit sind für deutsche Werften wie generell für alle Fertigungsstätten überlebensnotwendige Themen. Ein Schiff zu bauen, noch dazu eines, das ganz spezielle Anforderungen zu Wasser und zu Land erfüllen muss, bindet immense Ressourcen und birgt hohe Fertigungsrisiken. Kredite von zwei- bis auch dreistelligen Millionenbeträgen sind in dieser Branche keine Seltenheit. Umso wichtiger ist es, Finanzierungslösungen zu finden, die diesen traditionell in Norddeutschland beheimateten Industriezweig weiterhin am Leben halten, so dass die Werften sowie auch ihre mittelständischen Zulieferer die Sicherheit gefüllter Auftragsbücher erfahren können.
Finanzierungsansatz:
Kombination öffentlicher Förderinstrumente
In den vergangenen Jahren ist eine Kombination von öffentlichen Förderinstrumenten für schiffsfinanzierende Banken insbesondere bei großvolumigen Finanzierungen immer attraktiver und damit häufiger geworden. So können regelmäßig Kombinationen von 1.: ECA-Deckungen, 2.: Zinsförderinstrumenten sowie 3.: der Bereitstellung der Finanzierungsmittel („Funding“) durch staatseigene Finanzinstitutionen beobachtet werden. Durch Kombinationen dieser einzelnen Förderinstrumente, die im Folgenden kurz vorgestellt werden, profitieren die Werften, Besteller und letztlich die Banken von Vorteilen, die sie letztendlich in Form günstigerer Finanzierungskosten an den Kreditnehmer (Besteller der Schiffe) weiterreichen können.
Ausfuhrdeckungen bei Exportfinanzierungen
Zur Förderung des deutschen Exports bietet der Bund eine Absicherung der mit Exportgeschäften verbundenen wirtschaftlichen und politischen Risiken des Zahlungsausfalls in Form von Exportkreditgarantien (Ausfuhrgewährleistungen) an. Häufig wird eine 95%-ECA-Deckung beobachtet: Durch Umwandlung von 95% des Kreditrisikos in Staatsrisiko reduziert sich die erforderliche Eigenkapitalhinterlegung i.d.R. um ein Vielfaches, was Banken ermöglicht, längere Laufzeiten, einen tendenziell höheren Beleihungsauslauf (bis zu 80% des Baupreises) und damit die für Besteller erforderlichen hohen Finanzierungsvolumina herauszulegen.
Zinsförderinstrument „Schiffs-CIRR“ – Was ist das?
Um die deutschen Werften sowie ihre angeschlossenen Industrien im globalen Wettbewerb zu unterstützen und den Schiffbaustandort Deutschland zu stärken, hat die Bundesregierung vor Jahren das Förderprogramm Schiffs-CIRR aufgesetzt. CIRR steht für „Commercial Interest Reference Rate“. Mit dem Schiffs-CIRR-Förderprogramm können Käufer von Schiffen einen Festsatzkredit zum CIRR-Zinssatz erhalten, der für die gesamte Kreditlaufzeit gilt. Dieser Mindestzinssatz wird von der OECD für staatlich geförderte Finanzierungen vorgegeben, um Wettbewerbsneutralität zu sichern. Voraussetzung ist, dass die Schiffe bei einer deutschen Werft bestellt werden.
Solche Förderprogramme sind international üblich und werden z.B. auch in Frankreich, Italien und Finnland eingesetzt. Aufgrund ihres Know-hows und ihrer langjährigen Erfahrung mit Schiffsfinanzierungen wurde dieses Mandat mit Einverständnis der Bundesregierung von der KfW an die KfW IPEX-Bank delegiert.
Refinanzierung über die deutsche Staatsbank KfW möglich
Für die finanzierende Bank bietet das Schiffs-CIRR-Programm folgende Anreize: Zum einen wird das Zinsänderungsrisiko des Kredits während der gesamten Kreditlaufzeit vom Bund übernommen. Zum anderen eröffnet dieses Programm einer Bank Zugang zu einer günstigen Refinanzierung bei der KfW, ohne dabei die eigene Liquidität zu belasten.
Die Refinanzierungsmöglichkeit über die KfW ist optional, wird aber von Banken in der Regel in Anspruch genommen.
Die Experten der KfW bzw. der für die großen internationalen Projekt- und Exportfinanzierungen zuständigen Tochter KfW IPEX-Bank beraten die Reedereien, Werften und finanzierenden Banken bereits im Vorfeld der Finanzierungen.
Aktuelles Beispiel: Hightechschiffe für niederländische Reederei
Ende vergangenen Jahres war es soweit: Das erste von zwei unter dem Schiffs-
CIRR finanzierten und auf der deutschen Werft Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft (FSG) gebauten Hightechschiffen für
den Einsatz in der Offshoreindustrie konnte fertiggestellt werden. Die beiden identischen Schiffe sind für den Transport von besonders großer oder schwerer Ladung ausgelegt. Sie können bis zu
7.000 t auf drei verschiedenen Wegen aufnehmen:
per Kran (Lift-on/Lift-off – „LoLo“) mittels zweier fest aufgebauter Schwerlastkräne, die Güter bis zu 700 t bewegen können,
rollend (Roll-on/Roll-Off – „RoRo“) über adjustierbare Rampen, die sich an verschiedene Pierhöhen in Häfen anpassen lassen,
schwimmend (Float-in/Float-out – „FloFlo“).
Für das FloFlo sind die Schiffe mehr als 12,5 m absenkbar, so dass Ladung in den Laderaum eingeschwommen werden kann. Dieses Ladungsprinzip eignet sich für den Transport von kleinen und mittleren Schiffen sowie von Schwimmbaggern.
Die Ablieferung des direkt mit in Auftrag gegebenen Schwesterschiffs folgt im Frühling. Die Finanzierung beider Spezialschiffe für die niederländische Reederei RollDock erfolgt durch ein von der KfW IPEX-Bank geführtes Konsortium mit den niederländischen Banken ABN Amro und Rabobank. Die von der KfW IPEX-Bank arrangierte und geführte Gesamtfinanzierung ist zu 95% durch die deutsche Exportkreditversicherung Hermes ge-deckt; die Refinanzierung über die KfW wird ebenfalls in Anspruch genommen.
Fazit
Diese umfassende Kombination öffentlicher Fördermittel und marktüblicher Finanzierung hat sich bei dem aktuellen Schiffsprojekt eindeutig bewährt. Sie macht es gleichzeitig möglich, dass deutsche Werften ihre Kapazitäten auslasten, ihr Know-how einbringen und beim Bau hochwertiger Spezialschiffe auf dem internationalen Markt nach wie vor gute Chancen haben. Technologisch an-spruchsvolle und innovative Besteller wie die niederländische Reederei RollDock können bei der Auftragsvergabe an Deutschland folglich sicher sein, hohe Qualität „made in Germany“ zu erhalten – das gilt für die Schiffe wie auch für die Finanzierung.
Kontakt: carsten.wiebers[at]kfw.de
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