Neben der Eintarifierung einer Ware und dem zollrechtlichen Ursprung ist die Bestimmung des Zollwertes von entscheidender Bedeutung für die Bemessung der Höhe der Einfuhrabgaben. In jüngerer Zeit kommt es, insbesondere im Bereich des Hamburger Hafens, vermehrt zu Kontrollen, die erhebliche Verzögerungen in der Lieferkette verursachen können.

Von Dr. Lothar Harings, Rechtsanwalt, Graf von Westphalen

Seit geraumer Zeit ist eine verstärkte Kontrolltätigkeit der Zollbehörden, insbesondere im Bereich des Hamburger Hafens, mit dem Ziel, die Einhaltung der Zollwertvorschriften sicherzustellen, zu beobachten. Die nach Risikogesichtspunkten vorgenommenen systematischen und verschärften Kontrollen betreffen nicht nur – wie in der Vergangenheit – vermeintliche „Billigstanbieter“ von Textilien, sondern mittlerweile auch eine Vielzahl unterschiedlicher Produktsegmente; sie treffen auch solche Unternehmen, die seit vielen Jahren beanstandungsfrei am Wirtschaftsverkehr mit Drittländern teilnehmen.

Bei Zweifeln am angemeldeten Zollwert sind die Zollbehörden berechtigt, Sicherheitsleistungen bis zur Höhe der möglicherweise festzusetzenden Einfuhrabgaben zu verlangen. Sicherheitsleistungen, etwa durch Bankbürgschaft, verursachen zusätzliche Gebühren und verzögern die Abfertigung einer Ware zum freien Verkehr. Jede Verzögerung der Abfertigung verursacht darüber hinaus weitere Kosten. Häufig akzeptieren die Zollbehörden letztlich erst den Zahlungsnachweis über den Kaufpreis als Nachweis des angemeldeten Zollwertes. Insbesondere bei längeren Zahlungsfristen kann dies zu Nachweisschwierigkeiten führen. Auswirkungen dieser Praxis sind Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe der Einfuhrabgaben (Zölle und Einfuhrumsatzsteuer) wie bei der internen Kalkulation. Durchschnittswerte nicht ohne ­Prüfung akzeptieren.

Das Verlangen nach einer Sicherheitsleistung bei Zweifeln am angemeldeten Zollwert ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn diese Zweifel tatsächlich dargelegt werden. Die Zweifel können dabei auch zunächst mit rein statistischen Werten begründet werden. Keineswegs muss sich aber ein Wirtschaftsbeteiligter bei der endgültigen Zollwertermittlung auf vom Zoll angenommene Durchschnittswerte festlegen lassen. Maßgeblich für den Zollwert einer eingeführten Ware ist nach den Bestimmungen des Zollkodexes in erster Linie der sogenannte „Transaktionswert“, d.h. der für die Ware zu zahlende oder gezahlte Preis. Erst wenn der Transaktionswert in diesem Sinne nicht zuverlässig nachgewiesen werden kann, kommen weitere Methoden der Zollwertermittlung in Betracht. Ziel ist es dabei vorrangig, den individuellen Wert der Ware festzustellen; Pauschalierungen, Durchschnittswerte und grobe Schätzungen von Zollbeamten, die sich nicht auf die Ware selbst, sondern nur auf eine – unter Umständen wenig präzise – Warenbeschreibung stützen, sind dazu regelmäßig nicht ausreichend.

Kommt es bei einem Unternehmen vermehrt zu Kontrollen gleichartiger Ware, lässt dies darauf schließen, dass im Rahmen der Risikoanalyse hier ein erhöhtes Risiko zugeordnet wird. Ob hinsichtlich des Einführers ein erhöhtes Risiko angenommen wird, kann dieser durch einen Auskunftsanspruch bei seinem zuständigen Hauptzollamt im Rahmen der dezentralen Beteiligtenbewertung (DEBBI) in Erfahrung bringen. In dem IT-Verfahren DEBBI wird die Zuverlässigkeit von Unternehmen mit Kennziffern von 1 bis 3 (zuverlässig, mittleres Risiko, hohes Risiko) bewertet.

Kontakt: lothar.harings[at]grafvonwestphalen.com

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