Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau navigieren in internationalen Märkten durch turbulente wirtschaftliche Zeiten. Doch wie können sie jetzt durch strategisches Pricing nicht nur überleben, sondern auch wachsen? Systematische Preisgestaltung kann hier zum Schlüssel für langfristigen Erfolg werden.

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Viele produzierende Unternehmen, darunter auch Maschinen- und Anlagenbauer, stehen aktuell vor Herausforderungen: Der anhaltende Auftragsrückgang im Neugeschäft, die Inflation und stark fluktuierende Kosten von wesentlichen Rohstoffen zwingen sie, ihre Preise und Strategien immer wieder anzupassen. Nicht nur nationale Player, sondern auch global operierende Akteure sehen sich daher mit der Notwendigkeit konfrontiert, Preisanpassungen systematisch durchzuführen.

Neben volatilen Rohstoffkosten nehmen auch fluktuierende Lieferkosten negativen Einfluss auf die Margen der Branche. Besonders der Ukraine-Krieg und daraus resultierende Grenzschließungen haben in den letzten Jahren politische und wirtschaftliche Unsicherheiten erhöht. Zusätzlich treibt der Einfluss von makroökonomischen Faktoren wie Inflation oder verschärften Finanzierungskonditionen durch Zinserhöhungen die Kosten für viele Maschinen- und Anlagenbauunternehmen in die Höhe.

Sie stehen vor der Herausforderung, ihre Preise an die volatilen Marktgegebenheiten anzupassen, um zum einen Margen zu sichern und zum anderen die Kundenzufriedenheit sowie die langjährige Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten.

Es gibt nicht die eine Lösung in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten – und nicht alle Maßnahmen sind für alle Unternehmen gleich geeignet. Pricing-Maßnahmen können dabei aber ein wertvoller Hebel sein, um die Zukunft des eigenen Unternehmens zu sichern. Folgende Ansätze zeigen, was bei der Preisgestaltung und der Durchsetzung neuer Strategien zu beachten ist, um auch in Krisenzeiten zu wachsen:

1. Preismanagement zur Chefsache erklären

Besonders in Anbetracht der Liquiditätssicherung in Krisenzeiten rücken viele Unternehmen vermehrt die Analyse der eigenen Kosten in den Fokus. Doch auch wenn diese einen hohen Einfluss auf die Erträge eines Unternehmens haben, hängt der Ertrag (Ertrag = Preis x Menge – Kosten) noch von weiteren Faktoren ab. Selten werden Maßnahmen zu Preissetzung und -durchsetzung mit derselben Dringlichkeit priorisiert. Entscheidungen zur Preisgestaltung werden häufig vom Management vernachlässigt und dem Vertrieb überlassen. Es ist jedoch wichtig, dass das Management gerade in turbulenten Zeiten aktiv eingreift, das Thema höher aufhängt und die Preisstrategie effektiv gestaltet und priorisiert. Auch, weil der Einfluss auf Kosten intern nur bedingt beeinflussbar ist – ganz im Gegensatz zur Preissetzung.

2. Selektive Preisanpassung unter dem Kundenradar

Ein pauschaler Ansatz zur Listenpreiserhöhung ist nicht empfehlenswert, da die Akzeptanz der Kunden gegenüber Preisanpassungen von verschiedenen Faktoren wie Markt, Produkt und Kundensegment abhängt. Hohe Listenpreisanpassungen bei beliebten Produkten sind häufig nicht nur schwer durchzusetzen, sondern bergen auch das Risiko einer negativen Auswirkung auf das Preisimage oder gar des Verlusts von Kunden. Einfacher umzusetzen ist eine Durchsetzung von Preisanpassungen bei Produkten mit Alleinstellungsmerkmal, da der Kunde schwerer auf ein Ersatzprodukt ausweichen kann.

3. Dynamische Preissetzung als Antwort auf fluktuierende Rohstoffkosten

In einem volatilen internationalen Markt­umfeld ist es wichtig, auch Endkundenpreise dynamisch zu gestalten. Dafür ist es wichtig, verschiedene Branchen, Kundengruppen, Marktsegmente, aber auch individuelles Kaufverhalten differenziert zu betrachten und zu berücksichtigen. Hierzu sollten diese Gegebenheiten analysiert und Preisanpassungen entsprechend differenziert durchgeführt werden. Gerade bei Rohstoff-intensiven Produkten sollten die Verträge so gestaltet werden, dass rechtlich die Möglichkeit besteht, die Preise dynamisch anzupassen. Ein Instrument können Preisgleitklauseln sein, die sich an Rohstoffindizes orientieren und zu einer automatisierten Preisanpassung führen.

4. Vorsicht bei Preissenkung

Doch Vorsicht vor pauschalen Preissenkungen. Sie führen selten zu einem dauerhaften Volumenanstieg. Häufig verändern sich die Absatzzahlen auch kurzfristig nicht maßgeblich, sodass Erträge sinken. Zudem kann eine Preissenkung ebenfalls den Wettbewerber dazu auffordern, die Preise anzupassen. Dies kann im schlimmsten Falle einen Preiskrieg auslösen. Vor einer Preissenkung sind daher die Motive für diese sowie die Auswirkungen auf Umsatz und Ertrag eingehend zu analysieren. Sollte es sich hierbei bspw. um fehlenden Absatz handeln, so werden sich Preissenkungen nur in niedrigeren Margen widerspiegeln. Es ist zudem elementar zu beachten, dass eine Preissenkung nicht so leicht zu korrigieren ist.

5. Nicht nachvollziehbare Konditionen streichen

Die Anpassung des Konditionensystems bietet in den meisten Unternehmen ein hohes Ertragspotenzial. Häufig werden veraltete Konditionen wie Rabatte, Boni und Vergütungen über Jahre mitgeschleift und Kunden weiterhin gewährt. Prominente Beispiele hierfür sind Marketingboni oder Treuerabatte, welche inhaltlich nicht ausgestaltet sind und keinen Bezug zu einer Leistung haben. Doch für die Bereinigung der Konditionen gilt Ähnliches wie bei der Preissetzung: Nicht alle Konditionen sollten gleichermaßen angepasst werden. Deshalb ist es wichtig, vorab den Status quo zu evaluieren und anschließend bei der Bereinigung pragmatisch und differenziert vorzugehen. Eliminiert werden sollten nur jene Konditionen, die nicht auf einen Mehrwert des Kunden zurückzuführen sind.

6. Einfordern von gültigen Zahlungskonditionen

„Cash is King“: Das gilt nicht nur in der Krise und für Kunden, sondern auch für Unternehmen selbst. Nicht selten zeigen professionelle Analysen über 100 unterschiedliche im Kundenstamm hinterlegte Zahlungsbedingungen. Hier wurden Vorgaben vom Management schlichtweg ignoriert. Allzu gerne jongliert der Vertrieb mit Zahlungszielen und Skonti, um nicht zusätzliche Rabatte ausweisen zu müssen. Wichtig ist nun, die Zahlungsbedingungen auf ihren Standard zurückzuführen. Hierbei sollten Ausnahmen für Kunden eingeplant werden, die für Unternehmen strategisch wichtig sind oder die kurzfristige Schwierigkeiten mit ihrer Liquidität haben.

7. Aftersales-Offensive starten

In Krisenzeiten ist das Kaufverhalten von Kunden – besonders für den Kauf von großen Anlagen oder Maschinen – verhaltener. Es ist daher lohnenswert, einen Blick auf den Aftersales-Bereich zu werfen und hier offene Potenziale auszuschöpfen.

Potenzial bieten u.a. die Analyse und Anpassung von Ersatzteilpreisen. Diese werden meist zu selten angepasst. In diesem Bereich sind Preise aufgrund fehlender Konkurrenzprodukte nur eingeschränkt vergleichbar. Auch hier sollte darauf geachtet werden, Preise von Artikeln im Kundenfokus, nicht (zu stark) anzupassen.

Weitere Möglichkeiten bieten die Bepreisung und der Verkauf von Garantieverlängerungen, im besten Falle in Verbindung mit einem Servicevertrag. Dies ist besonders kurzfristig ein effektives Instrument, um den Umsatz zu steigern.

Auch in der Nachrüstung von Maschinen und deren adäquater Bepreisung liegen häufig ungenutzte Potenziale. In Zeiten, in denen die Bereitschaft für Investments in neue Anlagen und Maschinen sinkt, bietet der Bereich der Retrofits Chancen. Neben der Kostenersparnis für den Kunden bietet eine Nachrüstung der Maschinen weitere Vorteile: Prozesse können optimiert, die Funktionalität der Maschinen erhöht, die Kompatibilität mit neueren Technologien und Software sichergestellt und Anlagen an neue Sicherheits- oder Nachhaltigkeitsstandards angepasst werden. Doch Vorsicht: Der verschobene Kauf von Neumaschinen sollte dadurch nicht gehemmt werden.

Zusätzlich bietet auch die Analyse des Serviceportfolios weitere Potenziale. Hier befinden sich häufig Leistungen, die dem Kunden einen hohen Mehrwert bieten, jedoch oft gar nicht oder zu niedrig bepreist werden. Zukünftig müssen diese mit einem Preis versehen werden. Services, die hohe Fixkosten verursachen, sollten nach Möglichkeit aus dem Portfolio eliminiert werden.

8. Krisenmanager und Change-Management einsetzen

Die besten Strategien bringen keinen Nutzen, wenn sie nicht umgesetzt werden. Daher ist es wichtig, die definierten Preisanpassungen transparent intern zu vermitteln und nachhaltig im Vertrieb zu verankern. Hierbei hilft eine klare Kommunikation von Zielvorgaben. Mitarbeitende müssen hierzu früh ins Boot geholt und ihnen eine Plattform geboten werden, um sich einzubringen. Entscheidend in der Kommunikation ist es, zu vermitteln, dass die entwickelten Maßnahmen den langfristigen Erfolg des Unternehmens sichern sollen. In vielen Fällen lohnen sich eine Analyse und Anpassung der Vertriebsincentivierung, um die (neu) definierten Strategien zielführend umzusetzen. Denn auch bei hartnäckigen Kunden sollten die Zielvorgaben eingehalten und schnelle Zugeständnisse vonseiten des Vertriebs vermieden werden.

Zusammenfassend ist für in globalen Märkten operierende Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau eine differenzierte und strategische Preisgestaltung entscheidend, um sich in einem volatilen Marktumfeld zu behaupten. Es gilt, Preisanpassungen gezielt und unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren vorzunehmen und die beschlossenen Maßnahmen effektiv durchzusetzen. Ebenso wichtig ist die Ausschöpfung von Aftersales-Potenzialen, um Margen und den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern.

gregor.buchwald[at]roll-pastuch.de

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