In vielen westafrikanischen Ländern boomt die Wirtschaft. Für deutsche Unternehmen locken gute Geschäftschancen. Doch mit welchen Risiken muss gerechnet werden? Der Kreditversicherer Credimundi nimmt vier bedeutende Länder der Region – Senegal, die Elfenbeinküste, Ghana und Nigeria – unter die Lupe und bewertet jeweils die kurzfristigen politischen bzw. finanziellen ­Risiken.

Von Christoph Witte, Direktor Deutschland, Credimundi, Member of the Credendo Group

Senegal profitiert als Mitgliedsland der CFA-Währungszone – eine aus 14 zentral- und westafrikanischen Ländern bestehende Währungsunion – von der garantierten Konvertierung des CFA-Franc in den Euro durch die französische Zentralbank. Zudem verringert die einheitliche Währungspolitik das kurzfristige Transferrisiko weitgehend, was eine generelle Einstufung von Mitgliedsstaaten der CFA- Währungszone in der Risikokategorie 4 von 7 erlaubt. Senegal wird sogar in Kategorie 3 von 7 eingestuft, aufgrund der moderaten kurzfristigen Verbindlichkeiten im Jahr 2013, die auf einem vertret­baren Leistungsbilanzdefizit (7,1% des BIP und 19% der Exporte) und einer mäßigen kurzfristigen Verschuldung basieren.

Im vergangenen Jahr vollzog sich der Machtwechsel in Senegal reibungslos und unter demokratischen Vorzeichen. Nichtsdestotrotz könnte die in der Bevölkerung weitverbreitete Enttäuschung über hohe Arbeitslosigkeit und steigende Lebenshaltungskosten sowie mangelnde Sicherheit zu soziopolitischen Spannungen führen. Es wird dennoch erwartet, dass im Jahr 2014 das günstigere internationale Umfeld, die Infrastrukturinvestitionen und die verstärkte Bergbautätigkeit für ein reales Wirtschaftswachstum von 4,6% sorgen werden. Elektrizitätsengpässe dürften dagegen weiterhin die öffent­lichen Kassen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit belasten.

Senegal hat sich (wie einige andere afrikanische Länder) mit der Emission von Eurobonds den ausländischen Anleihenmarkt erschlossen. Der im Jahr 2013 emittierte Eurobond über 500 Mio USD hat eine zehnjährige Laufzeit und eine nominale Rendite von 9,21%, was allerdings Bedenken hinsichtlich des Schuldenniveaus Senegals hervorruft. Kurzfristig betrachtet, könnte die Reduzierung der Anleihenkäufe durch die US-Notenbank die externen Finanzierungskosten für die Länder erhöhen, die bisher vom weltweiten Streben nach renditeträchtigen Investitionen profitiert haben. Die für 2014 zu erwartenden niedrigeren Kapitalzuflüsse könnten eine Finanzierungslücke in Senegals Zahlungsbilanz aufreißen. Dank ausreichender Devisenreserven sind unmittelbare Zahlungsschwierigkeiten jedoch unwahrscheinlich. Eine stets wiederkehrende Gefahr für Senegal sind aber Naturkatas­trophen, insbesondere ex­treme Trockenperioden.

Die Elfenbeinküste befindet sich nach elf Jahren wirtschaftlichen Stillstands und politischer Krisen auf Erholungskurs. Das soziopolitische Umfeld und die Sicherheitslage haben sich deutlich verbessert – vor allem wenn man sich die Anfang 2011 nach der Wahl ausgelöste Krise vor Augen führt, die einen wirtschaftlichen Kollaps und mindestens 3.000 Todesopfer zur Folge hatte. Viele Probleme sind aber heute noch allgegenwärtig, und die aufgerissenen Wunden noch lange nicht verheilt.

Die Einstufung der Elfenbeinküste in Bezug auf das kurzfristige politische Risiko in Kategorie 4 von 7 beruht auf der stabilen Liquiditätslage, die der Staat dank seiner Mitgliedschaft in der CFA-Zone vorweisen kann. Die zur Verfügung stehenden kurzfristigen Finanzmittel sind mehr als doppelt so hoch wie die kurzfristigen Verbindlichkeiten, und das Leistungsbilanzdefizit ist relativ niedrig (2013: 1,8% des BIP).

2014 dürften das BIP um real 8% zulegen und die Leistungsbilanz einen Überschuss verzeichnen. Die Devisenreserven werden hierdurch und dank einer Erholung der ausländischen Direktinvestitionen voraussichtlich spürbar steigen. Die Elfenbeinküste hat Zugang zum internationalen Kapitalmarkt. Allerdings konnte der Staat nach Ausbruch der Regierungskrise 2011 die Zinsen für den bis 2032 laufenden Eurobond nicht bedienen und verhängte damals ein generelles Zahlungsmoratorium.

Nach Beendigung der Krise im Jahr 2011 nahm die Credendo Group die Deckung des politischen und wirtschaftlichen Risikos für gewerbliche Abnehmer wieder auf. Bei Geschäften mit staatlichen Abnehmern wird Deckung nur gewährt, wenn eine Garantie durch das Finanzministerium vorliegt.

Anfang 2013 nahm die Elfenbeinküste die Zahlung der rückständigen Forderungen aus dem neu strukturierten 2,3 Mrd USD schweren 2032-Eurobond wieder auf; die entfallenen Kuponzahlungen sollen bis Anfang 2015 nachgeholt werden (6,5% Rendite). Angesichts der noch zu leistenden Rückzahlungen dürfte der Druck auf die öffentlichen Finanzen wachsen. Die geplante Emission eines 500 Mio USD schweren Eurobonds im Jahr 2014 mit zehnjähriger Laufzeit würde die Fälligkeit der Gesamtverschuldung verlängern und die kurzfristige Liquidität erhöhen. Doch auch unter diesen Umständen würde die Tragfähigkeit des Schuldenniveaus mittelfristig strapaziert. Eine restriktivere US-Geldpolitik könnte außerdem die internationalen Finanzierungskosten der Elfenbeinküste erhöhen.

In Ghana haben sich die Indikatoren hinsichtlich der Liquidität im Jahresverlauf verschlechtert. Steigende Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor, fallende Goldpreise, höhere Zinsaufwendungen und öffentliche Zahlungsrückstände belasten den Staatshaushalt. So dürfte Ghanas Haushaltsdefizit im Jahr 2013 mit 10% des BIP wieder zweistellig ausgefallen sein. Die Lohnkosten verschlingen derzeit nahezu 70% der Steuereinnahmen. Die gesamten Staatseinnahmen sind aufgrund des spürbaren Einbruchs des Goldpreises (2013: –21%) rückläufig. Gold ist der maßgebliche Devisenbringer für das Land. Das Leistungsbilanzdefizit dürfte sich 2013 auf fast 12% des BIP und 36% der Exporte belaufen haben, eine Folge niedrigerer Gold- und Kakaopreise sowie höherer Einfuhren in Verbindung mit bedeutenden öffentlichen Investitionen. Angesichts stagnierender Rohstoffpreise dürfte sich die prekäre Lage im Staatshaushalt in der ersten Hälfte von 2014 fortsetzen. Zudem wird sich das Wirtschaftswachstum 2014 voraussichtlich auf 6,1% gegenüber 7,9% im Vorjahr abschwächen. Die Devisenreserven sind relativ niedrig; sie decken lediglich drei Monatsimporte ab. So besteht ein Risiko, dass die Regierung vorübergehend Gewinnrückführungen und Währungstransaktionen ausländischer Investoren beschränken könnte, um den Druck auf die Devisenreserven und die lokale Währung zu minimieren.

Sollten Gehälter im öffentlichen Dienst eingefroren oder Kraftstoffsubventionen abgeschafft werden, könnte wiederum das Risiko von Bürgerprotesten und ­Unruhen steigen. Die Ungleichgewichte Ghanas in der Haushalts- und Zahlungsbilanz sind als kurzfristiges Risiko einzustufen. Der mittel- bis langfristige Konjunkturausblick bleibt positiv. Sollte sich die Liquiditätslage des Landes weiter verschlechtern, könnte die kurzfristige Risikoeinschätzung nach unten korrigiert werden.

Als größter Ölproduzent Afrikas verzeichnete Nigeria 2013 im zehnten Jahr in Folge einen Überschuss in der Leistungsbilanz (4% des BIP). Die kurzfristigen Verbindlichkeiten beanspruchen nur 20% der umfangreichen Devisenreserven des Landes. Die Importdeckung liegt bei 4,6 Monaten. Das Wirtschaftswachstum dürfte 2014 – angetrieben durch Branchen außerhalb des Ölsektors wie Bau und Infrastruktur – Fahrt aufnehmen und ein Plus von 7,4% verzeichnen. Trotz hoher Liquidität wird das kurzfristige politische Risiko Nigerias mit Kategorie 4 von 7 bewertet. Grund ist die schlechte Sicherheitslage sowohl im erdölproduzierenden Süden als auch im Norden des Landes.

Gefahr geht von der terroristischen Vereinigung Boko Haram aus, die im Norden Nigerias agiert und für eine Destabilisierung des Landes sorgen könnte. Seit gegen diese salafistische Gruppierung mit einer aggressiven Militärstrategie vorgegangen wird, haben sich die Attentate intensiviert und geographisch ausgedehnt. Sie richten sich insbesondere gegen nigerianische Sicherheitskräfte, religiöse Stätten und die staatliche Infrastruktur. Zu den terroristischen Aktivi­täten von Boko Haram in jüngster Zeit zählen die Sabotage von Mobilfunk-­Sendemasten, Bankdiebstähle und die Entführung ausländischer Staatsbürger.

Nigeria exportiert täglich mehr als 2 Mio Tonnen Öl. Doch der Ölexport könnte Experten zufolge verdoppelt werden, wenn Probleme wie Korruption, mangelnde Rechtssicherheit und Diebstahl gelöst würden. Ein Gesetz zur Regulierung der Erdölindustrie (Petroleum Industry Bill – PIB) sollte zu mehr Transparenz und höheren Steuereinnahmen führen sowie den Ölsektor restrukturieren bzw. die unwirtschaftlich arbeitende staatliche Ölgesellschaft Nigerian National Petroleum Corporation (NNPC) reformieren, die im Zahlungsverzug stand. Der Gesetzentwurf steckt jedoch seit Jahren im Parlament fest, wo er von hohen Beamten boykottiert wird. Letztere profitieren vom derzeit undurchsichtigen System. Somit sind die Hoffnungen auf ein Wachstum der Ölproduktion in naher Zukunft gering. Als Folge dürfte Nigerias Leistungsbilanzüberschuss 2014 zurückgehen.

Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2015 führte ein politischer Machtkampf jüngst zur Spaltung der regierenden People’s Democratic Party (PDP), und es besteht das Risiko einer Eskalierung der politischen Gewalt. Auch die finanziellen Risiken könnten zunehmen. Es besteht die Gefahr zunehmender Kapitalabflüsse sowie des Anstiegs des internationalen Zinsniveaus durch die restriktivere US-amerikanische Geldpolitik.

Textkasten: Kurzfristiges politisches Risiko
Für die Einschätzung der kurzfristigen politischen Risiken verwendet die Credendo Group ein Risikomodell, das die Liquiditätslage des jeweiligen Landes bewertet. Bei der Ermittlung der Risikokategorie ­stehen folgende Indikatoren im Mittelpunkt: Devisenreserven, Leistungsbilanz, kurzfristige Auslandsverschuldung und das internationale Vertrauen in den Markt – Letzteres gibt Aufschluss über die Refinanzierungsmöglichkeiten des Landes.

Berücksichtigt werden zudem die Zahlungserfahrungen bei kurzfristigen Transaktionen sowie politische Faktoren (Risiken politischer Instabilität, von Krieg oder eines Embargos). Die Bewertungen bewegen sich zwischen Kategorie 1 (geringes Risiko) und Kategorie 7 (hohes Risiko).

Länderbewertungen in Westafrika
Senegal: 3/7
Elfenbeinküste: 4/7
Ghana: 3/7
Nigeria: 4/7

Kontakt: c.witte[at]credendogroup.com

19 replies on “Westafrika mit moderaten Finanzierungsrisiken”

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