Handel im „Rest der Welt“ nimmt zu, Bedeutung Eurasiens würde wachsen
Gunther Schilling, 24.01.2017. Der Ausstieg der USA aus der internationalen Arbeitsteilung deutet sich bereits an: Die amerikanische Einfuhr ging in den ersten elf Monaten 2016 um 3,2% zurück, die Ausfuhr sank um 4,1%. Mit dem angekündigten Ende der Nordatlantischen Freihandelszone NAFTA würde etwa ein Viertel des Warenhandels unter erheblichen Druck geraten. Mexiko und Kanada hätten mit bedrohlichen Exporteinbußen zu rechnen und würden ihrerseits weniger nachfragen. Der „Rest der Welt“ könnte sich im Zweifel andere Partner suchen.
Die Europäer werden den Blick voraussichtlich nach Osten richten: Der Handel mit Eurasien, aber auch mit Afrika birgt Wachstumspotential, das den Rückgang der Verkäufe in den angelsächsischen Westen kompensieren könnte. Wir haben einmal durchgerechnet, wie sich ein Rückgang der deutschen Ausfuhr in die USA um jährlich 10% und der nach Großbritannien um jährlich 5% auf die deutschen Exporte auswirken würde, wenn gleichzeitig die Ausfuhr in andere Länder um 2% zunehmen würde. In Summe bliebe der Ausfuhrwert unverändert.
Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass sich die Exporte in den „Rest der Welt“ nicht nur konjunkturbedingt erhöhen würden, sondern auch aufgrund der Verschiebung der Nachfrage weg von den USA und möglicherweise auch von Großbritannien. Dann wären in den kommenden Jahren stärkere Exportzuwächse im Bereich von 3–5% möglich.
Für die USA und Großbritannien, deren Industrieproduktion nur noch einen kleinen Teil der Wirtschaftsleistung ausmacht und bei weitem nicht alle benötigten Produkte herstellt, würde Abschottung Verzicht bedeuten – auch auf moderne Technologie. Die führenden Dienstleistungsunternehmen – insbesondere IT-Konzerne und Finanzdienstleister – aus den USA und Großbritannien könnten dagegen auf neue Hürden stoßen. Aus der Londoner City sind Abwanderungspläne zu vernehmen. In Russland und China haben sich bereits leistungsfähige Alternativen zu Amazon, Facebook und Google etabliert.